# taz.de -- Rechtsextremes Sommerfest in Schnellroda: Zu Gast bei Umstürzlern
       
       > AfD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahlen haben an einem
       > rechtsextremen Vernetzungstreffen teilgenommen. Wieder mal dabei: Martin
       > Sellner.
       
 (IMG) Bild: Stammgast in Schnellroda: der EU-Abgeordete Maximilian Krah (AfD) (ganz rechts) war zu Gast bei Götz Kubitschek (ebenfalls rechts)
       
       Berlin taz | Vermummte laufen durch den beschaulichen Ortsteil Schnellroda
       der Gemeinde Steigra in Sachsen-Anhalt. Einige verdecken ihr Gesicht mit
       Sturmhauben in schwarz, andere mit solchen in Deutschlandfarben, wieder
       andere tragen Schlauchschals der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative.
       Gemeinsam haben sie, dass sie im Vorbeigehen die White-Power-Geste in die
       Kamera von Pressefotografen zeigen.
       
       Der taz vorliegendes Videomaterial des Medienkollektivs Recherche Nord
       zeigt, dass die meisten der mehreren hundert Teilnehmer*innen des
       Vernetzungstreffens beim extrem rechten Antaios-Verlag lieber unerkannt
       bleiben wollten. [1][Eingeladen hat der Verleger und neurechte Propagandist
       Götz Kubitschek am 13. und 14. Juli zum „Sommerfest“.] In der taz
       vorliegenden Hinweisen zur Anreise in die örtliche Gaststätte „Das
       Schäfchen“ schreibt Kubitschek, dass Fotos an jedem Ort und „für die
       gesamte Dauer des Festes“ untersagt seien – „wir feiern und sprechen in der
       Sicherheit des Schweigens.“
       
       Einige der mehreren hundert Gäste machten sich aus dem Versteckspiel einen
       Spaß und verbargen ihre Gesichter hinter Masken von hier verhassten
       Politiker*innen wie der ehemaligen CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel,
       der grünen Außenministerin Annalena Baerbock, aber auch dem
       Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang. Wieder andere kommen ganz offen
       zum extrem rechten Vernetzungstreffen in Schnellroda, nicht wenige haben
       sogar ihre Kinder, teils im Vorschulalter, mitgebracht. Der rechtsextreme
       Verlag hat auch eine „Kinderbetreuung“ organisiert („zwischen Bierwagen und
       Trampolin“).
       
       Trotz der Maskerade liegen der taz Fotos aus den Innenräumen des Gasthauses
       vor. Die Aufnahmen belegen, dass entscheidende AfD-Spitzenpolitiker am
       jährlichen Vernetzungstreffen der neurechten Szene in Schnellroda am 13.
       und 14. Juli teilgenommen haben – so waren alle drei Spitzenkandidaten der
       AfD für die im Osten anstehenden Landtagswahlen vor Ort: Björn Höcke aus
       Thüringen, Jörg Urban aus Sachsen und Christoph Berndt aus Brandenburg
       saßen gemeinsam auf einem Podium.
       
       ## Sellner and Friends
       
       Ebenfalls vor Ort: [2][Der für seine rassistischen Vertreibungspläne
       bekannt gewordene österreichische Rechtsextremist Martin Sellner,] der hier
       wieder einmal seine „Remigrations“-Pläne präsentierte. Aber auch andere
       Szene-Aktivisten wie Philip Stein von der identitärennahen Organisation
       „Ein Prozent“ war vor Ort sowie der vermeintlich rechtsintellektuelle
       Neonazi Benedikt Kaiser, beide mit Bücherkisten des faschistischen
       Jungeuropa-Verlags. Ebenso war die Identitären-Aktivistin Reinhild Boßdorf
       vor Ort sowie Anna Leisten aus der JA Brandenburg und der fraktionslose
       AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich, der sich selbst als „das
       freundliche Gesicht des NS“ bezeichnet hatte.
       
       Dass nun mehrere Landesvorsitzende ausgerechnet an Kubitscheks Sommerfest
       teilnehmen, [3][belegt einmal mehr, wie wenig Berührungsängste insbesondere
       in den östlichen Landesverbänden der AfD zum ideologisch-rechtsextremen
       Vorfeld bestehen,] aber auch zu offenen Rechtsextremen wie Sellner, der
       immerhin vom späteren Christchurch-Rechtsterroristen eine Geldspende
       bekommen hatte.
       
       Der Verlag von Kubitschek propagiert in seinen Schriften teils offen den
       Umsturz, verlegt Sellners Deportationsphantasien und will faschistische
       Vordenker wie Carl Schmitt ahistorisch vom Nationalsozialismus reinwaschen
       und wieder salonfähig machen. Fristete diese „neurechte“ Szene als
       unbedeutende politische Strömung lange ein Nischendasein, hat sie mit der
       AfD mittlerweile einen parlamentarischen Arm erhalten, der ihre teils
       biologistische Ideologie und Verschwörungsmythen zwischen völkischen
       Reinheitsphantasien und „großem Austausch“ bis weit in die vermeintlich
       bürgerliche Mitte anschlussfähig macht.
       
       Bei der Einladung hatte Kubitschek seine Gäste noch vor Presse
       beziehungsweise „Antifa-Fotografen“ gewarnt: „Sonnenbrille und
       Atemschutzmasken sind das Mittel der Wahl für diejenigen, die ihr Gesicht
       schützen müssen oder wollen. Bitte behandeln Sie diese Leute so, als wären
       sie Luft. Keine Aufregung, keine Provokationen.“
       
       ## Verbale Drohungen
       
       Das mit der Zurückhaltung gegenüber der Presse hat allerdings nicht so
       richtig geklappt. Der Journalist André Aden von Recherche Nord berichtete
       der taz davon, dass er und Fotografen mehrfach von Teilnehmer*innen des
       Sommerfests verbal angegangen worden seien. Diese würden trotz der
       Vermummung in Schnellroda sehr selbstsicher auftreten. Einige hätten damit
       gedroht, dass sie eines Tages das Sagen im Staat hätten und dass er und
       seine Kollegen sich dann umgucken würden. Man merke, dass die dort
       Anwesenden voll auf Umsturz getrimmt seien.
       
       Bemerkenswert sei dabei gewesen, dass das Spektrum der Besucher*innen
       vergangenes Wochenende auch bis ins Neonazistische gereicht habe. So habe
       es etwa auch einen Teilnehmer mit einschlägigem Neonazi-Tattoo auf der Wade
       gegeben: der taz liegt das Foto vor, es zeigt die White-Power-Faust umgeben
       von runenartigen Verzierungen und einem Flammenkranz.
       
       [4][Szeneintern hat indes mal wieder der rechtsextreme Schaumschläger
       Maximilian Krah für Aufsehen gesorgt.] Der hat selbst ein
       russlandfreundliches und antihumanistisches Buch bei Kubitschek
       veröffentlicht und nahm wie auch schon letztes Jahr am Sommerfest teil. Für
       Aufregung hat offenbar gesorgt, dass er statt „Remigration“ oder
       „Assimilation“ offenbar nun „ethnische Enklaven“ für Muslime fordert, was
       im völkisch-nationalistischen Kontext zwangsläufig an Ghettoisierung
       erinnert. Im völkischen Lager jedenfalls sorgte Krahs Forderung offenbar
       für Irritationen, die bis in die [5][Kommentarspalten der sozialen Medien]
       reichen.
       
       ## Institut für Staatspolitik neu aufgestellt
       
       Neben der weiteren Verzahnung des aktivistisch-rechtsextremen
       Parteivorfelds mit der AfD zeigt sich auch: [6][Auch wenn Kubitscheks
       ehemaliges Institut für Staatspolitik offiziell aufgelöst ist,] organisiert
       er das rechtsextreme Treiben munter weiter. Im Mai dieses Jahres hatte
       Kubitschek seine neurechte Ideologieschmiede aus Angst vor Repressionen
       organisatorisch neu aufgestellt. Ideologisch allerdings hat sich nichts
       geändert.
       
       Der Verfassungsschutz dürfte die Teilnahme der AfD-Spitzenpolitiker in
       Schnellroda jedenfalls mit Interesse zur Kenntnis nehmen. Eine Hochstufung
       als „gesichert rechtsextrem“ oder gar ein Verbotsverfahren oder ein solches
       zur Streichung der staatlichen Finanzierung ist zuletzt nach
       [7][Veröffentlichtung der Urteilsgründe] der AfD-Niederlage gegen den
       Verfassungsschutz vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster
       [8][wahrscheinlicher geworden].
       
       Einen inhaltlichen Schlusspunkt hat am Sonntag in Schnellroda wiederum der
       österreichische Rechtsextremist Martin Sellner gesetzt. Aufgepeitscht vom
       gescheiterten Attentat auf den Republikaner Donald Trump, feierte er in
       einer mittlerweile veröffentlichen Abschlussrede diesen als epischen
       Helden, beschwört kommende Krisen und Konflikte herauf und hetzt gegen eine
       „globalistische Agenda“ und befürwortet selbstverständlich Trumps Pläne zum
       Rückbau der amerikanischen Demokratie – inklusive der Entlassung über
       100.000 politisch nicht liebsamer Beamter und Trumps geplanter „Deportation
       operation“.
       
       15 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Antaios-Verlag-von-Goetz-Kubitschek/!6017560
 (DIR) [2] /Protest-gegen-Martin-Sellner-in-Berlin/!6023319
 (DIR) [3] /AfD-bei-den-Landtagswahlen/!6020600
 (DIR) [4] /Geheime-Abstimmung-in-AfD-Delegation/!6016721
 (DIR) [5] https://x.com/KreuzAcht/status/1812430136106484131
 (DIR) [6] /Institut-fuer-Staatspolitik-aufgeloest/!6007332
 (DIR) [7] https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/33_240702/index.php
 (DIR) [8] https://verfassungsblog.de/ist-dieses-urteil-der-anfang-vom-ende-der-afd/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
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