# taz.de -- Prozess zu Mannheimer Messerangriff: Was radikalisierte Sulaiman A.?
       
       > Im Fall des Mannheimer Messerangriffs vom vergangenen Mai beginnt nun der
       > Prozess. Das Verfahren soll auch klären, was den Attentäter antrieb.
       
 (IMG) Bild: Der Mannheimer Marktplatz am 12. Februar nach der Messerattacke
       
       Karlsruhe taz | Die Tat und ihre Bilder schockierten Deutschland. Eine
       wackelige Handykamera zeigt, wie ein bärtiger Mann mit Brille auf dem
       Mannheimer Marktplatz blitzschnell auf den Anti-Islam-Aktivisten Michael
       Stürzenberger einsticht. Im anschließenden Handgemenge verletzt der
       Angreifer weitere Menschen mit einem großen Jagdmesser. Als ein Polizist
       eingreift, sticht der Täter ihm in den Kopf. Erst ein Schuss eines weiteren
       Beamten setzt den Angreifer außer Gefecht. [1][Der schwer verletzte
       Polizist Rouven Lauer stirbt einen Tag später.]
       
       Am heutigen Donnerstag beginnt nun der Prozess gegen den mutmaßlichen
       Attentäter Sulaiman A. vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts
       Stuttgart. Das Verfahren findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen im
       Gerichtsgebäude in Stuttgart-Stammheim statt. Die Bundesanwaltschaft
       übernahm das Verfahren, da A. Sympathien für die Terrororganisation
       „Islamischer Staat“ (IS) gehegt und ihre Ideologie geteilt haben soll. Laut
       Anklage plante er ab Mai 2024 einen Anschlag auf vermeintlich Ungläubige in
       Deutschland. Hinweise auf Mittäter gibt es bislang nicht.
       
       Das Verfahren könnte klären, wie sich der zur Tatzeit 25-jährige Afghane
       radikalisierte. A. war 2013 mit seinem Bruder aus seiner Heimatstadt Herat
       geflohen. [2][Nach Recherchen des Spiegels] erhielt er in Deutschland zwar
       kein Asyl, durfte aber wegen eines Abschiebeverbots bleiben. Er lernte
       Deutsch, machte erst den Hauptschulabschluss, dann den Realschulabschluss
       an der Abendschule, trainierte erfolgreich Taekwondo und arbeitete
       ehrenamtlich in der Flüchtlingsbetreuung. 2019 heiratete er eine Deutsche
       mit türkischen Wurzeln. Das Paar bekam zwei Kinder, doch beruflich fand
       Sulaiman A. keinen Halt.
       
       Spätestens ab 2023 radikalisierte er sich offenbar über Telegram-Chats und
       islamistische Predigten im Internet. Eine entscheidende Rolle bei seiner
       Radikalisierung sollen auch die Bilder des US-Abzugs aus Afghanistan
       gespielt haben. Trotzdem entging Sulaiman A. offenbar der Überwachung
       internationaler Geheimdienste. Deutsche Behörden führten ihn nicht als
       Gefährder.
       
       ## Dem Täter droht eine lebenslange Haft
       
       Der Prozess soll auch klären, wie der rechtsextreme Aktivist Michael
       Stürzenberger und [3][seine Organisation Pax Europa], die vom
       Verfassungsschutz als islamfeindlich beobachtet wird, ins Visier von A.
       gerieten. Stürzenberger, der in Mannheim sprechen wollte, wurde ebenso wie
       weitere seiner Anhänger schwer verletzt.
       
       Die Tat in Mannheim wird heute in der Debatte um schärfere Einreiseregeln
       in einem Atemzug mit Verbrechen ausländischer Straftäter in Solingen,
       Magdeburg und zuletzt Aschaffenburg genannt. Tagelang bewegte sie
       Deutschland im Frühsommer. Polizeibeamte gedachten bundesweit ihrem
       getöteten Kollegen. Laur galt als Beamter, der sich mit dem Thema
       Integration konstruktiv auseinandergesetzt hat und zur besseren
       Verständigung im multikulturell geprägten Mannheim Arabisch lernte.
       
       Der Marktplatz von Mannheim, Schauplatz des Verbrechens, wurde von Bürgern
       zeitweise in Rouven-Laur-Platz umbenannt. An Gedenkveranstaltungen nahmen
       tausende Bürger und auch der Bundespräsident teil. Die Stadt Mannheim
       setzte vor Gericht durch, dass der Platz in der darauf folgenden Woche als
       Gedenkort ausgewiesen wurde, wo politische Kundgebungen verboten blieben.
       Eine Klage der AfD dagegen scheiterte.
       
       Im Falle einer Verurteilung drohen Sulaiman A. lebenslange Haft und die
       Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, die eine Entlassung nach 15
       Jahren ausschließt. Der Prozess ist bis Herbst terminiert.
       
       13 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Gedenken-an-getoeteten-Polizisten/!6015799
 (DIR) [2] https://www.spiegel.de/panorama/justiz/messeranschlag-von-mannheim-wie-sich-attentaeter-sulaiman-ataee-radikalisierte-a-66adf2cd-e96b-4490-a752-b4793bf74cba
 (DIR) [3] /Islamfeindlichkeit-in-Deutschland/!5155042
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Stieber
       
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