# taz.de -- Letzte Generation in Berlin: Hurra, wir kleben noch
       
       > „Wir werden Berlin nicht verlassen, bis die politische Wende erreicht
       > ist“: Die „Letzte Generation“ kündigt ab kommender Woche neue
       > Dauerproteste an.
       
 (IMG) Bild: Medienwirksame Inszenierung: Vertreter:innen der „Letzten Generation“ vor dem Kanzleramt
       
       Berlin taz | Die „Letzte Generation“ meldet sich zurück zum Dienst in
       Berlin. „Ab Mittwoch, 13. September, werden hunderte Menschen dauerhaft in
       Berlin demonstrieren“, kündigt Sprecherin Carla Hinrichs am
       Freitagvormittag auf einer Pressekonferenz an. Ab dem Montag darauf will
       die Gruppe dann im gesamten Stadtbereich wieder Straßen blockieren – auf
       unbestimmte Zeit. „Wir sind bereit, das über einen langen Zeitraum
       aufrechtzuerhalten“, sagt Hinrichs vor dem Bundeskanzleramt in Mitte.
       
       Hinrichs zufolge liegt die Dauer der Blockaden und Protestmärsche „in der
       ganzen Stadt“ nicht in den Händen der Klimaaktivist:innen, sondern in denen
       der Bundesregierung. Von dem bislang bekannten Plan, die Aktionen [1][bis
       Weihnachten] durchzuziehen, ist am Freitag nicht die Rede.
       
       Vielmehr erklärt Hinrichs: „Wir werden Berlin nicht verlassen, bis die
       politische Wende erreicht ist.“ Was in diesem Fall heißt: bis die
       Bundesregierung die aktuelle Kernforderung der „Letzten Generation“ erfüllt
       und „das Ende der fossilen Rohstoffnutzung bis 2030“ beschließt.
       
       Zuletzt lag der Fokus der „Letzten Generation“ auf Aktionen in Bayern, für
       Berlin hatten die Aktivist:innen dagegen eine Sommerpause ausgerufen.
       Sieht man von einer Klebeblockade am Kottbusser Tor in Kreuzberg vor gut
       einem Monat ab, blieb es dann auch ruhig. Schlagzeilen machten allenfalls
       die Gerichtsprozesse gegen einzelne Blockierer:innen, darunter auch der
       gegen Carla Hinrichs.
       
       ## Noch Luft nach oben bei der Mobilisierung
       
       Nun will man also auch auf den Berliner Straßen wieder präsent sein. „Unser
       Plan ist es zu zeigen: Wir sind da“, sagt Hinrichs. Sehr viel konkreter
       wird [2][die 26-jährige Aktivistin] nicht. Nur so viel: „Unser Protest wird
       laut, unser Protest wird vielfältig und ziemlich direkt.“ Das Protestlager
       sei „voll gefüllt“ mit „interessanten Utensilien“, unter anderem Masken und
       Seilen, Heu und Feuerlöschern, Eiern und Tomaten, Hühnern „und anderem
       Getier“, Windeln und Geldscheinen, „6.000 Sonnenhüten und natürlich
       Kleber“.
       
       „Wir sind inzwischen mehr Menschen als je zuvor“, behauptet Hinrichs.
       Ähnlich erfolgsbeschwörend äußert sich die mittlerweile bundesweit bekannte
       32-jährige [3][Bundespolizistin Chiara Malz] aus Rostock. Die
       Klimaaktivistin an Hinrichs’ Seite betont: „Unser Protest hat zwar nicht
       die Mehrheiten, aber er hat die Möglichkeit, die Regierung unter Druck zu
       setzen.“ Und: „Fakt ist, es kommen immer mehr Menschen dazu.“
       
       Fakt ist auch, dass sich – Stand Freitagnachmittag – laut Website der
       „Letzten Generation“ erst rund 500 Menschen für den Berliner „Wendepunkt
       Herbst 2023“ angemeldet haben. Zu Beginn der letzten großen Blockadewelle
       [4][im Frühjahr waren es über 900]. Aber bis zum Start der Herbstaktion ist
       es ja noch ein paar Tage hin. Und so dient auch die Pressekonferenz vor
       allem zwei Zielen: öffentliche Aufmerksamkeit generieren und
       Mitstreiter:innen mobilisieren.
       
       Es gehe bei den Protesten auch nicht mehr nur um die altbekannten
       Forderungen aus dem Frühjahr – ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen
       und ein 9-Euro-Bahnticket für alle. Stattdessen, so die Aktivist:innen,
       nehme man jetzt das große Ganze in den Blick, eben den besagten Ausstieg
       Deutschlands aus der Nutzung fossiler Rohstoffe bis 2030.
       
       ## Forderung nach Gesellschaftsrat nicht mehr zentral
       
       Sogar die Einführung eines Gesellschaftsrats aus zufällig gelosten
       Menschen, der eigentlich „die nötigen Schritte“ für das Ende der fossilen
       Rohstoffnutzung erarbeiten sollte, ist nicht mehr oberstes Ziel. „Es ist
       uns, ehrlich gesagt, ziemlich egal, ob die Regierung das macht oder ein
       Gesellschaftsrat“, sagt Carla Hinrichs.
       
       Ordentlich Schelte für die anwesenden Medien gibt es am Freitag in
       bewährter Weise obendrauf. So beschwert sich Chiara Malz, dass die
       Pressevertreter:innen vor allem „über die Proteste berichten und
       nicht über das Problem“, also den Kampf gegen die Klimakatastrophe als
       „allumfassende Aufgabe“ und die Notwendigkeit, „die Welt zu retten“.
       
       Auch der aus Bonn angereiste [5][Geologie-Professor Nikolaus Froitzheim]
       will, dass sich die Berichterstattung auf die drohende Katastrophe
       konzentriert. „Es interessiert anscheinend niemanden, was hier abgeht. Wir
       unterhalten uns über Protestformen. Das ist doch sekundär“, sagt der
       65-Jährige.
       
       Tatsächlich aber dürfte die bei nicht wenigen Berliner:innen verhasste
       klebrige Protestform auch in den kommenden Wochen und Monaten einen
       Großteil der Aufmerksamkeit absorbieren. Berlins Innensenatorin Iris
       Spranger (SPD) hat bereits ein scharfes Durchgreifen der Polizei gegen die
       von ihr als „Straftaten“ bezeichneten Blockaden der „Letzten Generation“
       angekündigt. „Die Polizei weiß genau, an welchen Brennpunkten am liebsten
       festgeklebt wird“, sagte Spranger am Montag im Innenausschuss des
       Abgeordnetenhauses.
       
       8 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rainer Rutz
       
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