# taz.de -- Krieg in Sudan: Krankenhaus als Kriegsziel
       
       > In El Fasher, einer Millionenstadt in Sudans Kriegsregion Darfur, muss
       > das letzte funktionsfähige Krankenhaus schließen. Die RSF-Miliz hat es
       > verwüstet.
       
 (IMG) Bild: Kein sicherer Ort: Einschussloch in einer Mauer des Southern Hospital, El Fasher
       
       Berlin taz | Das größte Krankenhaus in der größten Stadt in Sudans
       bürgerkriegsgeschüttelter Westregion Darfur ist dem Krieg zum Opfer
       gefallen. Das internationale Hilfswerk Ärzte ohne Grenzen (MSF) gab in der
       Nacht zu Montag die gemeinsam mit Sudans Gesundheitsbehörden beschlossene
       Schließung des „Southern Hospital“ in El Fasher bekannt, nachdem die
       aufständische Miliz RSF (Rapid Support Forces) am Samstag dort eingedrungen
       war.
       
       „RSF-Soldaten stürmten das Krankenhaus, eröffneten das Feuer und plünderten
       es“, erklärte MSF Sudan. Das Gesundheitsministerium der Provinz
       Nord-Darfur, dessen Hauptstadt El Fasher ist, [1][erklärte gegenüber dem
       Nachrichtenportal Darfur24], das Krankenhaus sei geschlossen worden,
       „nachdem es bombardiert wurde und nachdem medizinisches Personal, Patienten
       und ihre Begleiter angegriffen, medizinisches Gerät und Büros verwüstet,
       Geld für Gehälter gestohlen und Medikamente und ein MSF-Krankenwagen
       gestohlen wurden“.
       
       El Fasher ist ein Brennpunkt des Krieges in Sudan, der im April 2023
       ausbrach, als der bisherige Vizepräsident Mohamed Hamdan Daglo mit der von
       ihm geführten paramilitärischen Miliz RSF (Rapid Support Forces) in den
       Aufstand gegen die Militärregierung trat. Seitdem sind Schätzungen zufolge
       bis zu 150.000 Menschen in Sudan getötet und rund 10 Millionen in die
       Flucht getrieben worden. Hilfswerke befürchten aufgrund des kriegsbedingten
       Zusammenbruchs der Landwirtschaft eine schwere Hungersnot mit Millionen
       Toten in den nächsten Monaten, vor allem in Darfur.
       
       El Fasher ist die einzige der fünf Provinzhauptstädte von Darfur, die die
       RSF noch nicht erobert hat. Die Miliz ging einst aus den für einen
       Völkermord an Darfurs nicht-arabischen Volksgruppen vor rund zwanzig Jahren
       verantwortlichen staatstreuen Janjaweed-Milizen hervor. Sie hat im
       vergangenen Jahr im Rahmen ihres Kampfes gegen die Regierungsarmee weite
       Teile Darfurs unter Kontrolle gebracht und begann im Mai mit Angriffen auf
       militärische Einrichtungen und auch zivile Ziele in El Fasher, das zuvor
       aufgrund lokaler Vereinbarungen friedlich geblieben war, Hunderttausende
       Kriegsflüchtlinge aufnahm und zum Zentrum humanitärer und medizinischer
       Versorgung der Bevölkerung der ganzen Region aufstieg.
       
       ## Mehrfach bereits Ziel direkter Angriffe
       
       Das „Southern Hospital“ von El Fasher liegt unweit einer der wichtigsten
       Militärbasen der Stadt. Es hatte laut den Behörden zwar nur 120 Betten, war
       aber das bestausgestattete in Darfur und zuletzt nach der Zerstörung zweier
       anderer großer Krankenhäuser in der Stadt, darunter das Kinderkrankenhaus,
       das letzte, das noch in nennenswertem Umfang Kriegsopfer aufnehmen konnte.
       Es ist seit dem 25. Mai dreimal Ziel direkter Angriffe geworden, die 2 Tote
       und 14 Verletzte auf dem Krankenhausgelände forderten.
       
       „Es ist das einzige Krankenhaus, in dem eine Vielzahl von Verwundeten
       überhaupt noch behandelt werden kann“, hatte MSF-Projektkoordinator
       Abdifatah Yusuf Ibrahim am 28. Mai berichtet. „Seit die Kämpfe am 10. Mai
       die Stadt erreichten, wurden in dem Krankenhaus über 1.000 Patienten
       aufgenommen. Leider waren 145 von ihnen in einem so kritischen Zustand,
       dass sie ihren Verletzungen erlagen. Das Krankenhaus befindet sich nun
       direkt an der Front“. Bis vergangene Woche stieg die Gesamtzahl der im
       Southern Hospital behandelten auf rund 1.300.
       
       Am Mittwoch vergangener Woche wurden bereits Insassen des Krankenhauses in
       andere Einrichtungen verlegt, nachdem Kämpfe in der Nachbarschaft
       ausgebrochen waren. Zum Zeitpunkt der Erstürmung am Samstag „waren nur zehn
       Patienten und ein verringertes medizinisches Team vor Ort“, [2][so MSF
       Sudan]. „Die meisten, darunter alle MSF-Mitarbeiter, konnten vor der RSF
       fliehen. Wegen des Chaos konnte unser Team nicht überprüfen, ob es Tote
       oder Verletzte gegeben hat.“
       
       ## Zehntausende auf der Flucht aus der Stadt
       
       Die Schließung des Krankenhauses erfolgte inmitten immer intensiverer
       Kämpfe in El Fasher. Allein am Donnerstag sollen über 30 Raketen in der
       Stadt eingeschlagen sein. Angesichts der katastrophalen Lage fliehen
       Zehntausende von Menschen aus El Fasher, [3][berichten lokale Medien]. Die
       Fahrpreise in andere Regionen seien explodiert, die Versorgung der Stadt so
       gut wie eingestellt.
       
       Die Sorge ist groß, dass eine vollständige Einnahme El Fashers durch die
       RSF nicht nur zu einer Massenflucht und einer weiteren humanitären
       Katastrophe führt, sondern auch den Sudankrieg internationalisieren könnte.
       In El Fasher ansässige Führer der nichtarabischen Volksgruppe der Zaghawa,
       bereits vor zwanzig Jahren Hauptopfer der Janjaweed in Darfur, sollen den
       ebenfalls zur Zaghawa-Volksgruppe gehörenden Präsidenten des Nachbarlandes
       Tschad, Mahamat Déby, um Eingreifen gegen ein „katastrophales Blutbad“
       gebeten haben. In Tschad haben Hunderttausende Bewohner Darfurs Zuflucht
       vor der RSF gefunden.
       
       11 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.darfur24.com/en/2024/06/10/el-fasher-southern-hospital-out-of-service/
 (DIR) [2] https://x.com/MSF_Sudan/status/1799903804646690822
 (DIR) [3] https://www.darfur24.com/en/2024/06/09/over-34-000-people-flee-from-el-fasher-to-areas-controlled-by-the-sudan-liberation-movement/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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