# taz.de -- Kreativer Mieterschutz: Mit Klimmzug zum Vorkaufsrecht
       
       > In Neukölln soll das Vorkaufsrecht erstmals mit nicht genehmigten
       > Sanierungen begründet werden. Womöglich kommt sogar das alte
       > Vorkaufsrecht zurück.
       
 (IMG) Bild: Das Haus an der Ecke Braunschweiger Straße/Richardstraße will gerettet werden
       
       Berlin taz | Das Eckgebäude an der Braunschweiger Straße, Richardstraße ist
       ein ganz normales Neuköllner Wohnhaus. Etwa 30 Mieter:innen leben in dem
       intakten, aber nicht auf Hochglanz sanierten Gebäude, eine bunte Mischung,
       viele seit Jahrzehnten. Auch dass das Haus nun verkauft werden soll, stellt
       auf dem überhitzten Berliner Immobilienmarkt keine Besonderheit dar. Neu
       ist dagegen die Begründung, mit der das Bezirksamt das Vorkaufsrecht
       nutzen will, um den Verkauf an eine private Gesellschaft zu verhindern.
       
       Zur Erinnerung: [1][2021 beerdigte das Bundesverwaltungsgericht das
       Vorkaufsrecht] für Kommunen in Milieuschutzgebieten, das auf der Annahme
       beruhte, neue Eigentümer würden zur Verdrängung der bisherigen Mieterschaft
       führen. Auf dieser Grundlage waren in den Jahren zuvor Dutzende Häuser in
       Berlin vor Privatkäufern gerettet worden und gingen stattdessen an
       kommunale Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften. Seit dem Urteil
       ist die Praxis quasi zum Erliegen gekommen.
       
       Mit zwei Ausnahmen: 2023 gelang es Neukölln mit der Argumentation der
       starken Sanierungsbedürftigkeit, [2][das Vorkaufsrecht für ein Gebäude in
       der Weichselstraße] auszuüben, 2024 gelang selbiges für das [3][Tuntenhaus
       in Pankow]. Nun versucht es Neukölln erneut, dies aber erstmals mit der
       Begründung, dass in dem zum Verkauf stehenden Wohnhaus illegale Sanierungen
       stattgefunden haben. Denn: In Milieuschutzgebieten muss jede bauliche
       Maßnahme genehmigt werden.
       
       In der Braunschweiger Straße machten sich die Eigentümer diese Mühe erst
       gar nicht. In den vergangenen Jahren wurden Fenster ausgetauscht und
       mindestens zwei Wohnungen zu einer großen zusammenlegt, wie Mieter Lukas
       Ott (Name geändert) der taz erzählt.
       
       ## Rückbau erforderlich
       
       Neuköllns Baustadtrat Jochen Biedermann (Grüne) spricht von „nicht
       genehmigten Modernisierungsmaßnahmen“, die zum Teil auch „nicht
       genehmigungsfähig“ seien und demnach „zurückgebaut werden müssen“.
       Biedermann sagt: „Das sind keine baurechtskonformen Zustände.“ Genau damit
       will er dann auch die Ausübung des Vorkaufsrechts begründen.
       
       Zunächst erhalten Verkäufer und beabsichtigter Käufer die Möglichkeit,
       Stellung zu nehmen, dann entscheidet das Bezirksamt, ob die Voraussetzungen
       für die Eröffnung des Vorkaufsrechts vorhanden sind. Für die Käufer bleibt
       dann die Möglichkeit, eine Liste von Vorgaben des Bezirks, etwa zu
       Baumaßnahmen und Mieterschutz, zu akzeptieren, eine Abwendungsvereinbarung
       zu unterschreiben und damit das Haus zu erwerben. Tun sie das nicht, kann
       der Bezirk das Vorkaufsrecht ausüben, wenn sich denn ein Dritt-Käufer
       findet.
       
       Ott sagt, die Hausgemeinschaft sei jetzt schon auf der Suche nach
       interessierten Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften. Auch mit
       Kundgebungen und Transparenten am Haus wolle man demnächst auf sich
       aufmerksam machen.
       
       Biedermann unterdessen hofft, „dass wir diese Klimmzug-Argumentation in
       Zukunft nicht mehr brauchen“. Die künftige Bundesregierung hat sich in
       ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, das Vorkaufsrecht „zu stärken“.
       Das kann, so Biedermann, „nur die Wiederherstellung des Vorkaufsrechts in
       seiner ursprünglichen Form bedeuten“ – und dies erwarte er auch von der
       Regierung.
       
       10 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erik Peter
       
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