# taz.de -- Gewalt in Südsyrien: Syrien hat Suweida nicht im Griff
       
       > Nach einer Woche Krieg mit über 900 Toten scheinen die Kämpfe beendet.
       > Doch das Kernproblem bleibt ungelöst: Wer hat das Sagen – Staat oder
       > Milizen?
       
 (IMG) Bild: Hindert einen beduinischen Kämpfer an der Weiterfahrt: Ein Soldat am 20. Juli nahe Suweida
       
       Berlin taz | In der syrischen Stadt Suweida scheint weitgehend Ruhe
       eingekehrt zu sein. So berichten es Nachrichtenagenturen und Augenzeugen.
       [1][Eine Woche war in dem südsyrischen Ort und dem umliegenden Gouvernorat
       gekämpft worden]: Erst zwischen drusischen Milizionären und bewaffneten
       sunnitischen Beduinen, dann entsandte die Zentralregierung aus Damaskus
       Truppen. Die sollten nach offiziellen Angaben „die Auseinandersetzungen
       beenden“, traten schließlich selbst in den Konflikt ein. Augenzeugen werfen
       ihnen vor, dass sie sich dabei auf die Seite der beduinischen Kämpfer
       schlugen.
       
       Mit der Entsendung der Regierungstruppen am Montag war auch [2][das
       israelische Militär in den Konflikt eingestiegen]. Israel bombardierte in
       Suweida ankommende gepanzerte Fahrzeuge der syrischen Armee, außerdem das
       Verteidigungsministerium in Damaskus und das Gelände des
       Präsidentenpalastes. Laut einem Bericht des Mediums „Syria in Transition“,
       [3][den die Nachrichtenagentur Reuters mittlerweile bestätigte], war der
       Auslöser hierfür ein Missverständnis in den Verhandlungen, die Syrien und
       Israel derzeit in Aserbaidschan führen.
       
       Schließlich zog Syriens Regierung ihre Truppen ab Donnerstagnacht wieder
       ab, wohl nach Vermittlungen der USA, und verkündete eine Waffenruhe. Die
       Kämpfe zwischen Beduinen und Drusen gingen aber zunächst weiter, bevor sich
       die beduinischen Fraktionen zurückzogen und die Kämpfe am Sonntagmorgen
       endeten. Gegenüber Reuters beschrieb ein Bewohner Suweidas die Lage als
       „angespannte Ruhe“.
       
       ## Überfüllte Leichenschauhäuser, Spitale außer Betrieb
       
       Insgesamt über 900 Menschen wurden getötet, berichtet die [4][Syrische
       Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR),] darunter 336 drusische
       Kämpfer, 342 Angehörige der Sicherheitskräfte, 18 beduinische Kämpfer und
       mindestens 104 Zivilisten aus Suweida. SOHR berichtet außerdem von 194
       nicht näher benannten Menschen, die von Soldaten hingerichtet wurden, und
       von drei durch drusische Milizionäre exekutierten Beduinen.
       
       Allen Seiten werden Menschenrechtsverstöße vorgeworden. Regierungssoldaten
       sollen Unbewaffnete hingerichtet haben. Drusischen Männern wurden unter
       Gewalt die Schnurrbärte abrasiert oder ausgerissen. Beduinische Kämpfer
       sollen drusische Zivilisten als Geiseln genommen und Häuser und Geschäfte
       in Brand gesteckt haben. Dieselben Vorwürfe lassen sich drusischen
       Milizionären machen.
       
       Die humanitäre Lage in Suweida soll nach dem Ende der Kämpfe katastrophal
       sein. Leichenhallen sind überfüllt, Krankenhäuser überlastet oder außer
       Betrieb. Augenzeugen berichten, noch immer lägen Leichen auf den Straßen,
       teils seit Tagen, es rieche nach Verwesung.
       
       Der syrische Rote Halbmond kündigte am Sonntag an, 32 Lastwagen mit
       Nahrungsmitteln, Wasser, Medizin und Treibstoff nach Suweida zu schicken,
       auch das syrische Gesundheitsministerium schickte Hilfsgüter los. Nach
       Berichten lokaler Journalisten steckte der Konvoi des Ministeriums am
       Sonntag vor Suweida fest und wurde nicht hineingelassen. Die Ministerin für
       Soziales und Arbeit, [5][Hind Kabawat], sagte dazu, wohl vor Suweida
       stehend, in einem von „sy-24“ veröffentlichen Video: „Wir sind nicht
       glücklich darüber, dass wir hier stehen und nicht hineinkommen.“ Suweida
       und die Drusen gehörten zu Syrien, betonte sie, man wolle alle Menschen im
       Land gleich behandeln.
       
       ## Die Drusen sind in drei Fraktionen gespalten
       
       Es zeigt sich: [6][Syriens Zentralregierung hat weiterhin keine Kontrolle
       über Suweida]. Das ist seit dem Sturz von Ex-Diktator Baschar al-Assad im
       Dezember 2024 der Fall. Damals übernahm Ahmed al-Scharaa, heute Präsident,
       mit seiner Miliz HTS über weite Teile des Landes die Herrschaft. Suweida
       verblieb hingegen unter der Kontrolle bewaffneter drusischer Gruppen.
       
       Darüber, wie sie zur neuen Regierung stehen, herrscht Uneinigkeit unter den
       drusischen Anführern. Zwei der drei Fraktionen, die sich etabliert haben,
       setzen auf Zusammenarbeit mit der neuen Regierung. Die dritte unter Führung
       von Scheich Hikmat al-Hirji weigert sich – und setzt eher auf Israel als
       Partner. Derzeit scheint vor allem die Al-Hirji-Fraktion in Suweida zu
       entscheiden. Auch die Blockade des Hilfskonvois soll nach lokalen Berichten
       von dieser Miliz ausgehen.
       
       20 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Krise-in-Suweida/!6098360
 (DIR) [2] /Gewalt-in-Syrien/!6101377
 (DIR) [3] https://www.reuters.com/world/middle-east/syria-believed-it-had-green-light-us-israel-deploy-troops-sweida-2025-07-19/
 (DIR) [4] https://www.syriahr.com/
 (DIR) [5] /Syrien-hat-eine-neue-Regierung/!6076177
 (DIR) [6] /Gewaltausbrueche-in-Syrien/!6098160
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lisa Schneider
       
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