# taz.de -- Angekündigte Wahlen in Syrien: Manifestation der Macht
       
       > Die angekündigten Wahlen in Syrien stehen auf undemokratischer Grundlage.
       > Für die Befriedung des Landes dürfte das nicht hilfreich sein.
       
 (IMG) Bild: Ahmad al-Scharaa, kurz bevor er im Januar 2025 Präsident von Syrien wurde
       
       Die syrische Übergangsregierung [1][hat Parlamentswahlen für September
       angekündigt]. Doch es werden nicht die demokratischen Wahlen sein, auf die
       Syrer*innen hoffen. Der selbsternannte Präsident Ahmad al-Scharaa hat
       sich einen undemokratischen Clou ausgedacht: Er bestimmt ein Drittel der
       210 Abgeordneten direkt. Die restlichen zwei Drittel sollen durch einen
       Wahlausschuss bestimmt werden. Ein Präsidialdekret soll über das
       vorübergehende Wahlsystem und den Wahlausschuss entscheiden. Zurzeit gilt
       noch eine Art Übergangsverfassung – die dem Präsidenten sehr viel Macht
       zugesteht.
       
       Politische Bewegungen stehen bereit, doch es gibt noch kein Parteiengesetz.
       All das manifestiert die Macht der ehemaligen HTS-Mitglieder. Dass die es
       mit demokratischen Wahlen nicht so haben, zeigen Vorgänge in Gewerkschaften
       oder Handelskammern. Statt Wahlen zu erlauben, hat die neue Regierung die
       obersten Köpfe ernannt.
       
       Die Ankündigung ist ein geschickter PR-Coup, denn die Kritik an den
       Behörden wird lauter – auch aus dem Westen, dessen Investitionen die
       Regierung nicht verlieren möchte. Anfang des Monats drangen Soldaten
       [2][der syrischen Armee in Suwaida ein]. Die Drusen möchten ihr Gebiet
       eigenständig verwalten, die nationale Armee aber will die drusischen
       Fraktionen unter ihre Gewalt stellen. Zeug*innen berichten von Massakern
       an der Bevölkerung und einer Blockade durch regierungsnahe Kämpfer. Es gibt
       kaum Strom und Wasser, das Mehl ist ausgegangen. Es braucht dringend einen
       humanitären Korridor, um die Bevölkerung zu versorgen.
       
       Im März hatten regierungsnahe Milizen gezielt Angehörige der Alawiten
       getötet. Zwar hatte al-Scharaa eine Untersuchungskommission eingerichtet,
       die am 20. Juli ihren Abschlussbericht vorlegte. Die Ergebnisse werden
       nicht offengelegt; Konsequenzen für die Täter stehen aus.
       
       Syrien braucht Gerechtigkeit, gesellschaftlichen Dialog und
       Vertrauensbildung, damit Parteienbildung nicht entlang konfessioneller
       Linien, sondern entlang politischer Ausrichtung möglich ist. Das geplante
       Wahlsystem dürfte das erschweren.
       
       29 Jul 2025
       
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 (DIR) Julia Neumann
       
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