# taz.de -- Getreideimporte aus der Ukraine: Bauern an der Front
       
       > Die EU-Kommission schaltet sich im Streit über Getreideimporte aus der
       > Ukraine ein. Kommt ein neues Hilfsprogramm für Landwirte?
       
 (IMG) Bild: Korn des Anstoßes: Die EU will im Getreidestreit einiger Staaten mit der Ukraine vermitteln
       
       Brüssel taz | Im Streit über Importe von günstigem Getreide aus der Ukraine
       ist die EU auf Polen, Ungarn und andere EU-Länder zugegangen. Man bemühe
       sich um eine europäische Lösung, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am
       Donnerstag in Brüssel. Im Gespräch sind Schutzmaßnahmen für bestimmte
       Agrarprodukte sowie ein Hilfsprogramm von 100 Millionen Euro.
       
       Die Regierungen in Warschau und Budapest hatten am Wochenende [1][ohne
       Absprache einen Importstopp verhängt]. Dies sei „nicht hinnehmbar“, hieß es
       zunächst in der EU-Behörde. Der Boykott verstoße gegen europäisches Recht
       und müsse sofort aufgehoben werden.
       
       Doch dann schaltete sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
       ein. Sie nehme die Bedenken der „Front-Staaten“ und der betroffenen Bauern
       ernst und wolle helfen, schrieb die Deutsche in einem Brief an die Staats-
       und Regierungschefs von Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der
       Slowakei.
       
       Seither kommen ganz andere Töne aus Brüssel. Von der Leyens Chefsprecher
       räumte am Mittwoch ein, dass die Billigimporte den Agrarmarkt verzerren.
       Die betroffenen Länder könnten von einer Notfallklausel Gebrauch machen und
       bestimmte Agrarprodukte vom Import ausschließen, sagte er.
       
       ## Ungarn setzte am Donnerstag nach
       
       Die Rede ist von Weizen, Mais sowie Sonnenblumen- und Rapssamen. Die Liste
       ist aber noch nicht fertig. Details soll Handelskommissar Valdis
       Dombrovskis klären. Er ist mit den fünf EU-Ländern und der Ukraine im
       Gespräch und will sich um eine dauerhafte Lösung bemühen. Ein erstes
       Treffen am Mittwoch brachte aber noch keinen Erfolg.
       
       Dies liegt nicht zuletzt daran, dass sich die Lage ständig ändert. So haben
       Polen und die Ukraine am Dienstag eine Lösung verkündet – die die
       EU-Kommission aber nicht ungeprüft anerkennen will. Kurz darauf verhängte
       Bulgarien einen Importstopp. Die Slowakei hat Einfuhren aus der Ukraine
       ebenfalls beschränkt. Ungarn verbot am Donnerstag auch noch den Import von
       Honig und bestimmten Fleischprodukten.
       
       Zudem ist die Rechtslage unklar. Im Prinzip ist die EU-Kommission allein
       für die Handelspolitik zuständig. Die Handelserleichterungen, die die EU
       der Ukraine [2][nach dem russischen Überfall im Februar 2022] gewährt
       hatte, sind jedoch befristet. Stand jetzt laufen sie am 5. Juni aus.
       
       Von der Leyen will diese Erleichterungen nun verlängern. Dafür braucht sie
       einen Deal mit den Quertreibern aus Mittelosteuropa. Einfuhrzölle, wie sie
       Polen gefordert hatte, solle es nicht geben, heißt es in Brüssel. Doch auch
       die vorgeschlagene „Negativliste“ ist problematisch. Denn jedes EU-Land
       möchte andere Ausnahmen.
       
       Außerdem ist das Transitproblem noch nicht gelöst. Ursprünglich sollten die
       Agrarprodukte aus der Ukraine nur vorübergehend in die EU kommen, bevor sie
       nach Afrika oder in andere bedürftige Länder transportiert werden. Doch die
       Verschiffung ist schwierig, die Häfen sind überlastet, das Getreide staut
       sich in europäischen Lagern. Ein Teil wird auch in EU-Länder wie Italien
       oder Spanien exportiert, wo das günstige Getreide schon mal an Schweine
       verfüttert wird.
       
       Alles dreht sich um die Bauern und ihre sinkenden Einnahmen. Die
       EU-Kommission versucht nun, die Probleme mit Geld zu lösen – wie so oft.
       Ein erstes Hilfspaket über 56 Millionen Euro hat die Wirkung verfehlt. Nun
       könnten noch einmal 100 Millionen Euro fließen.
       
       20 Apr 2023
       
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