# taz.de -- Polen für Zölle auf Ukraine-Agrarimporte: Nicht das Opfer schwächen
       
       > Polen sollte nicht weiter Zölle auf Getreide aus der Ukraine fordern.
       > Denn diese braucht für ihre Verteidigung so viel Exporteinnahmen wie
       > möglich.
       
 (IMG) Bild: Getreideernte in der Region Kiew, Ukraine im Sommer 2022
       
       Es ist unverantwortlich, dass Polen fordert, Getreideimporte aus der
       [1][Ukraine] zu reduzieren. Damit gefährdet die Regierung in Warschau auf
       einem wichtigen Gebiet die Solidarität der EU mit einem Staat, der von
       Russland mit brutaler Gewalt angegriffen wird und um seine Existenz kämpft.
       
       Die Landwirtschaft trug vor dem Krieg zu rund 10 Prozent des ukrainischen
       Bruttoinlandsprodukts bei. Die Branche ist also zentral, um die Wirtschaft
       der Ukraine am Laufen zu halten. Die Landwirte versorgen nicht nur die
       Bevölkerung mit Lebensmitteln, sondern generieren auch dringend für die
       Verteidigung benötigte Finanzmittel.
       
       Der ukrainische Agrarsektor hat aber unter dem Krieg erheblich gelitten.
       Ein großer Teil der Anbaufläche ist von Russland besetzt, Beschuss und
       Minen verhindern die Feldarbeit, und die Ware kann wegen versperrter
       Transportrouten nur unter hohen Zusatzkosten exportiert werden. Wenn die
       EU in dieser Situation die derzeit ausgesetzten Zölle auf ukrainische
       Agrareinfuhren wieder erheben würde, würde das das Opfer der russischen
       Aggression weiter schwächen. Stattdessen ist zu diskutieren, ob die EU
       Bauern in Polen und anderen Ländern, in denen ukrainische Agrarimporte die
       Preise gedrückt haben, noch stärker unterstützen sollte.
       
       ## Hunderttausende Tonnen Weizen für Entwicklungsländer
       
       Putin-Freunde nutzen die Diskussion als angeblichen Beleg dafür, dass die
       Ukraine Getreide nicht in Entwicklungsländer, sondern in die EU liefere. In
       Wirklichkeit hat das Land laut Agrarministerium in Kyjiw allein in den
       ersten 9 Monaten des Wirtschaftsjahres [2][293.000 Tonnen Weizen nach
       Äthiopien] exportiert. Das entspricht den Angaben zufolge 20 Prozent des
       äthiopischen Importbedarfs. Die Ukraine deckte demnach auch 13 Prozent der
       Nachfrage aus Kenia und 6 Prozent der aus dem Jemen.
       
       Nach EU-Angaben gingen mehr als [3][65 Prozent] der Weizenexporte über das
       Getreideabkommen mit Russland in Entwicklungsstaaten. Abgesehen davon:
       Putin hat kein Recht, der Ukraine vorzuschreiben, wohin sie ihr Getreide
       verkauft.
       
       6 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Ukraine/!t5007782
 (DIR) [2] https://minagro.gov.ua/en/news/grain-ukraine-ukraine-can-get-closer-pre-war-volumes-wheat-exports-vulnerable-countries
 (DIR) [3] https://www.consilium.europa.eu/en/infographics/ukrainian-grain-exports-explained/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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