# taz.de -- Gegen Frauen, Bildung und Wirtschaft: Gender-Apartheid der Taliban jetzt auch virtuell
       
       > In Afghanistan beginnen die Machthaber, in vielen Städten den Zugang zum
       > Internet zu blockieren und in Universitäten Bücher von Frauen zu
       > verbieten.
       
 (IMG) Bild: Die Blockade des Internetzugangs erschwert auch die Bildung von Mädchen und Frauen in Untergrundschulen wie dieser
       
       Berlin taz | Afghanistans Taliban haben begonnen, den Zugang der
       Bevölkerung zum Internet zu blockieren. Auch der Mobiltelefonempfang soll
       auf 2G begrenzt werden. Zudem wurden vorige Woche zwei neue Verbotslisten
       bekannt, eine mit 680 Büchern, die nicht mehr in der Lehre eingesetzt, und
       eine andere mit 18 Themen, die nicht mehr gelehrt werden dürfen. Darunter
       sind Genderstudien und Menschenrechte. Ein Mitglied des zuständigen
       Taliban-Ausschusses sagte der BBC, dass „alle Bücher, die von Frauen
       verfasst wurden, nicht unterrichtet werden dürfen“.
       
       Vorige Woche bestätigten Taliban-Behörden mehrerer Provinzen, dass dort das
       Internet abgeschaltet oder gedrosselt worden sei, um „Unmoral“ zu
       bekämpfen. Es geht offenbar um den Zugang zu Pornografie, aber auch
       virtuelle Kontaktmöglichkeiten zwischen Afghaninnen und Afghanen, die das
       Regime unterbinden möchte.
       
       Inzwischen sind etwa 15 Provinzen betroffen, darunter fünf der sechs
       größten Städte. Eine Ausnahme ist bisher die Hauptstadt Kabul, wie
       taz-Kontakte dort am Sonntag bestätigten.
       
       Im nordafghanischen Kundus sollen Taliban-Bewaffnete bereits Ausrüstungen
       privater Internetdienstanbieter beschlagnahmt haben. Dem Verbot
       vorausgegangen war die Festnahme zweier Personen dort, die laut
       Taliban-Behörden mit in sozialen Medien geposteten Videos „die Gedanken der
       Menschen verdorben“ haben sollen.
       
       ## Erst nur mündliche Anweisung und schrittweise Umsetzung
       
       Inzwischen bestätigte mehrere Taliban-Offizielle, dass Taliban-Chef
       Hebatullah Achundsada die Nutzung des Internets insgesamt verboten habe.
       Wie bei früheren Verboten scheint die Anweisung mündlich erfolgt zu sein
       und zunächst schrittweise umgesetzt zu werden. Eine offizielle
       Verlautbarung der Taliban-Führung gibt es bisher nicht.
       
       Wie immer trifft auch diese Einschränkung Frauen und Mädchen am härtesten.
       [1][Sie hat das Regime schon weitgehend aus der Öffentlichkeit verbannt],
       während Männer weiterhin Bewegungsfreiheit und Zugang zu Bildung und Arbeit
       genießen.
       
       UN-Expert*innen und Menschenrechtler*innen sprechen deshalb von einem
       System der „Gender-Apartheid“. Online-Kurse waren für Afghan*innen die
       letzte Möglichkeit, sich jenseits der Grundschule Bildung anzueignen. Sara
       Wahedi, eine Aktivistin, die aus dem Ausland Internetbildung unterstützt,
       postete: „Ich habe große Angst um die afghanischen Frauen und Mädchen. Sie
       verlieren ihre letzte Lebensader, wenn die Taliban den Internetzugang
       sperren. Völlige Stille. Völlige Auslöschung.“
       
       Aber auch männliche Studierende klagen in privaten afghanischen Medien, die
       beschränkt weiter berichten können, dass sie nicht mehr auf
       Online-Studienmaterial zugreifen können.
       
       Zudem sorgte die Internet-Abschaltung für Turbulenzen in der ohnehin stark
       gebeutelten Wirtschaft. Banken und Behörden konnten zeitweilig nicht mehr
       arbeiten. Inzwischen hoben mehrere Taliban-Provinzverwaltungen das Verbot
       für „notwendige“ Internet-Aktivitäten von Behörden und Firmen auf. Doch in
       Kandahar, Herat und Masar-i-Scharif, so berichteten die taz-Quellen, hatten
       am Sonntag, der in Afghanistan ein regulärer Arbeitstag ist, auch die
       Banken noch keinen Zugang zum Internet.
       
       ## WLAN nur noch mit Genehmigung des Geheimdienstes
       
       Private Internetanbieter mussten ihre Dienste allerdings einstellen. Wer
       einen WLAN-Zugang benötigt, muss jetzt „kontrollierten Zugang“ beantragen
       und die Genehmigung des Geheimdienstes einholen.
       
       In der Tat bauen die Taliban seit ihrer erneuten Machtübernahme im August
       2021 das Glasfasernetz aus, betrieben von den unter der westlich gestützten
       Vorgängerregierung eingerichteten Staatsfirmen Afghan Telecom und Salam.
       Daran angeschlossen sind vor allem Behörden und Unternehmen, aber auch
       Universitäten. Im Vorjahr verfügte Afghanistan laut
       Kommunikationsministerium über 1800 Kilometer Glasfaserkabel, weitere 488
       Kilometer seien genehmigt. Taliban-Medien beschrieben das Glasfasernetz als
       „Schlüssel zu modernen Konnektivität“.
       
       21 Sep 2025
       
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