# taz.de -- EU-Gipfel für höhere Militärausgaben: Fast alle EU-Länder ziehen an einem Strang
       
       > Fast alle EU-Staatschefs haben sich in Brüssel auf höhere
       > Verteidigungsausgaben festgelegt. Nur Ungarn stimmt gegen eine höhere
       > Hilfe für die Ukraine.
       
 (IMG) Bild: Zu Gast bei Freunden: Wolodymyr Selenskyj mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, Antonio Costa, und Ursula von der Leyen
       
       Brüssel rtr/taz | Die 27 EU-Regierungen haben sich am Donnerstagabend auf
       dem Sondergipfel auf höhere Verteidigungsausgaben festgelegt und wollen die
       Bremsen dafür lockern. Zugleich betonten 26 der Staats- und
       Regierungschefs, dass sie die finanzielle und militärische Hilfe für die
       Ukraine erhöhen wollten. Nur Ungarn stemmte sich dagegen.
       
       Kanzler Olaf Scholz sagte, er habe die Hoffnung, dass Deutschland innerhalb
       der kommenden zwei Wochen drei Milliarden Euro zusätzliche Militärhilfe
       beschließen könne. Am Donnerstag hatte auch Norwegen seine Ukrainehilfe in
       diesem Jahr drastisch auf umgerechnet 7,2 Milliarden Euro erhöht. Scholz
       betonte, dass sich Deutschland mit Frankreich und Großbritannien (E3) sehr
       eng auch bei Gesprächen mit den USA abstimme.
       
       EU-Ratspräsident Antonio Costa hatte die 27 EU-Regierungen zu einem
       Sondergipfel zusammengerufen, um auf den Stopp der amerikanischen
       Militärhilfe für die Ukraine und Drohungen von US-Präsident Donald Trump zu
       reagieren, möglicherweise den militärischen Schutz der USA für Europa zu
       entziehen. Beides führte auch bei den Sondierungen zwischen Union und SPD
       zu beispiellosen Beschlüssen zur Reform der Schuldenbremse, um die
       Rüstungsausgaben drastisch erhöhen zu können sowie zu einem 500 Milliarden
       schweren Investitionspaket für Infrastruktur.
       
       Scholz bezeichnete die nötige Aufstockung als eine Aufgabe „für die
       nächsten zwei Jahrzehnte“: Er hatte sich deshalb eingesetzt, dass parallel
       zu den deutschen Beschlüssen auch die Rüstungsausgaben dauerhaft aus dem
       EU-Stabilitätspaket herausgerechnet werden sollten. Auch die EU-Kommission
       möchte eine Lockerung, will dies aber derzeit noch zeitlich begrenzen. Die
       Kommission möchte zudem insgesamt 150 Milliarden Euro an Krediten für die
       Nationalstaaten zur Verfügung stellen, die durch den EU-Haushalt
       abgesichert werden und deshalb für viele EU-Staaten günstiger sind.
       
       ## Mehr Rüstungsbau in Europa?
       
       Der Chef der konservativen europäischen Parteienfamilien EVP, Manfred Weber
       (CSU), forderte, dass mit den neuen Milliarden für Rüstung vor allem
       Aufträge in Europa erteilt werden sollten. „Ich würde sogar so weit gehen
       zu sagen, dass das Geld nur für europäische Unternehmen, für europäische
       Arbeitsplätze und für europäische Investitionen reserviert werden darf“,
       sagte er.
       
       Hintergrund sind auch Berichte, dass die US-Administration unter Präsident
       Trump offenbar den Ukrainer gelieferte Waffen elektronisch deaktivieren
       könnte. Seit Wochen warnen EU-Regierungen, dass man den USA unter Trump bei
       Sicherheitsgarantien nicht mehr trauen könne.
       
       Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj [1][hatte an dem Treffen in
       Brüssel teilgenommen] und betonte, wie wichtig die Hilfe sei. „Wir sind
       nicht alleine“, sagte er. Wie Scholz warb Selenskyj für eine partielle
       Waffenruhe, die einen Stopp der russischen Angriffe zu Luft und auf der See
       umfassen soll. Dies könne ein Weg zum Frieden sein, sagte er in Brüssel.
       Russland, das die Ukraine 2022 überfallen hat, greift das Land aber weiter
       täglich an und hält etwa 20 Prozent des Territoriums besetzt.
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte nach dem Gipfel,
       dass es Frieden nur durch die Stärkung der Ukraine geben könne.
       
       Mit Blick auf Friedensverhandlungen und Sicherheitsgarantien für die
       Ukraine betonte Scholz, dass es nun unter den internationalen Partnern die
       gemeinsame Überzeugung gebe, dass die Unterstützung einer starken
       ukrainischen Armee auch in Friedenszeiten das zentrale Element der
       Sicherheit bilde. Frankreich und Großbritannien hatten nach Gesprächen mit
       Trump dagegen angeboten, nach einem Friedensschluss Truppen in die Ukraine
       zu entsenden. Etliche EU-Regierungen wie die deutsche oder italienische
       sehen dies aber kritisch. Scholz bezeichnete es als wichtig, dass man die
       USA an der Seite der Europäer und der Ukraine halten müsse.
       
       ## Debatte über Europäischen Nuklearschirm
       
       Auf [2][den Vorschlag von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vom
       Mittwochabend], eine Ausweitung des Schutzschirms französischer Atomwaffen
       auf Verbündete zu prüfen, reagierten etliche Regierungen positiv. Der
       litauische Präsident Gitanes Nauseda sprach von einer „guten Idee“. „Wir
       brauchen die Unterstützung unserer Partner“, sagte er mit Hinweis auf die
       geographische Lage seines Landes. Macron sagte nach dem Gipfel, dass er mit
       Gesprächen in der ersten Hälfte 2025 rechne.
       
       Der Kanzler bremste dagegen: Es sei wichtig, was man an nuklearer Teilhabe
       in Deutschland habe, betonte er in Anspielung auf die US-Atomwaffen in
       Deutschland. „Ich glaube, das soll nicht aufgegeben werden. (Das) ist die
       gemeinsame Auffassung aller zentralen Parteien in Deutschland“, fügte er
       mit Blick auf den anstehenden Regierungswechsel hinzu.
       
       Hintergrund ist die Sorge, dass die USA Europa den Schutz mit ihren
       Atomwaffen entziehen könnten und möglicherweise sogar aus der Nato
       austreten. CDU-Chef Merz hatte mehrfach betont, dass man mit Frankreich und
       Großbritannien über deren Atomwaffen reden müsse.
       
       7 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
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