# taz.de -- Bremer Aktionsplan gegen Rassismus: Konzept gegen den Hass
       
       > Die drei Regierungsfraktionen bringen einen Aktionsplan gegen Rassismus
       > auf den Weg. Zentral ist die Bildungspolitik.
       
 (IMG) Bild: Manche Menschen müssen sich ständig fragen lassen, woher sie kommen. Andere nicht
       
       Bremen taz | Der [1][rassistisch motivierte Anschlag von Hanau] war für
       Sahhanim Görgü-Philipp der Anlass, den [2][Antrag zur Schaffung eines
       Landesaktionsplans gegen Rassismus] zu schreiben. „Als ich die Bilder sah,
       wusste ich, wir müssen was tun“, erinnert sich die
       Grünen-Fraktionssprecherin für Antidiskriminierung.
       
       [3][Inspiriert von Schleswig-Holstein], das derzeit einen ähnlichen Plan
       entwickelt, erarbeitete sie mit der SPD und der Linkspartei den Antrag:
       „Rassismus entschieden entgegentreten – Landesaktionsplan gegen Rassismus
       erstellen“. Er wird wohl in der September-Sitzung debattiert. Stimmt das
       Parlament dafür, muss der Senat bis März 2021 ein Konzept vorlegen.
       
       Besonders wichtig ist Görgü-Philipp das Bewusstsein dafür, dass Rassismus
       kein individuelles Problem am rechten Rand der Gesellschaft ist. „Wir haben
       alle unsere Anteile: Welche Sprache benutze ich, welche Bilder habe ich im
       Kopf?“ Allein die Frage „Woher kommst du?“ sei gerade für Menschen, deren
       Heimat Bremen ist, zermürbend. „Wir können junge Menschen mit unserer
       Fragerei nicht in eine andere Schublade stecken“, sagt Görgü-Philipp.
       
       Alltagsrassismus ist es, was die Politikerin beschreibt. Das kennt auch
       Cindi Tuncel, migrationspolitischer Sprecher der Linksfraktion. „Ich komme
       aus Tenever und habe dort Kontakt mit jungen Leuten, die tolle Lebensläufe
       haben, aber aufgrund ihrer Adresse oder ihres Umfelds keine Stelle
       bekommen.“ Diese gruppenbezogene Vorverurteilung müsse thematisiert werden.
       
       Um dieser Form des Rassismus, aber auch den zunehmenden, rassistisch
       motivierten Straftaten zu begegnen, benötige man „Maßnahmen von Aufklärung
       bis Strafverfolgung, um gezielt gegen gruppenbezogene
       Menschenfeindlichkeit, rassistische Diskriminierung, Hetze und Hass
       anzugehen“, heißt es im Antrag. Bremen brauche den Aktionsplan, um
       Maßnahmen bündeln und leichter neue Ideen entwickeln zu können, so
       Görgü-Philipp.
       
       Dabei sollen Migrant*innenverbände, Religionsgemeinschaften und der Rat für
       Integration eingebunden werden. Wiederkehrende Veranstaltungen zu
       organisieren soll dabei ein wesentlicher Teil des Konzeptes werden. Um
       Alltagsrassismus sichtbar zu machen, zu benennen; um aufzuhören, von
       Einzelfällen zu sprechen, sagt Görgü-Philipp. Und um durch Begegnungen
       Vorurteile abzubauen.
       
       Diese Veranstaltungen sollen aber nicht ausschließlich von migrantischen
       Gruppen ausgerichtet werden, sagt Tuncel, sondern auch von der Verwaltung
       selbst, in Kitas, [4][Schulen] – „aus meiner Sicht in der gesamten
       Gesellschaft“. Denn hier befinde sich der Alltagsrassismus: [5][bei der
       Polizei], auf dem Wohnungsmarkt, in der Schule. Die Vermittlung von
       interkultureller Kompetenz sei daher notwendig. Auch die Wirtschaft, mit
       der laut Antrag ebenso wie mit der Wissenschaft kooperiert werden soll,
       solle Fortbildungen anbieten, sagt Tuncel. „So werden wir Menschen
       erreichen, die sich sonst nicht mit dem Thema auseinandersetzen.“
       
       Zudem ist Bildung – beginnend mit der frühkindlichen Bildung bis hin zur
       Universität – für Görgü-Philipp zentral. Sie fordert eine Anpassung der
       Lehrpläne, beispielsweise beim Thema Kolonialismus, welches kritischer
       vermittelt werden müsse. „Frühe, gute Bildung stabilisiert die Gesellschaft
       und vermeidet spätere Probleme.“ Hier sei die Bildungsbehörde gefragt,
       entsprechende Pläne zu entwickeln.
       
       Die Umsetzung des bremischen Gleichstellungsgesetzes soll auch Teil des
       Plans sein. Ebenso, wie die Behörden für strukturellen Rassismus zu
       sensibilisieren und zu professionalisieren, so Görgü-Philipp. Laut Antrag
       soll der Senat daher auch prüfen, wie Antirassismus-Beauftragte in Ressorts
       und Ämtern institutionellem Rassismus entgegen wirken können. Hier soll die
       Verwaltung also selbst einschätzen, wie rassistisch sie ist. Ist das
       realistisch?
       
       „Ich traue der Behörde schon zu, dass sie das selbstkritisch reflektieren
       können“, sagt Görgü-Philipp. Für die Schaffung solcher Stellen, aber auch,
       um Veranstaltungen zu fördern, brauche es entsprechend Geld, fordert
       Tuncel. Er glaubt, dass der Aktionsplan die Bremer Gesellschaft
       weiterbringen wird. Vor allem für die hier geborenen Kinder sei ein
       Antirassismus-Konzept wichtig, ergänzt Görgü-Philipp. „Sie sind Teil
       unserer Gesellschaft.“
       
       28 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Hinterbliebener-ueber-Hanau-Anschlag/!5699134
 (DIR) [2] https://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/2020-07-02_Drs-20-527_85bbb.pdf
 (DIR) [3] https://schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/IV/Presse/PI/2019/191209_sh_gegen_rassismus.html;jsessionid=E9A89710BF7C300E6669497017BE25BF.delivery2-master
 (DIR) [4] /Beschwerden-ueber-Lehrer-in-Bremen/!5695118
 (DIR) [5] /Deutsche-Debatte-um-George-Floyds-Tod/!5685370
       
       ## AUTOREN
       
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