# taz.de -- Merz, Kollegah und das Verbrenner-Aus: Vorm Abgrund gebremst?
> Merz verhandelt in Sachen Ukraine und muss sich von Europa retten lassen.
> Kollegah wäre gerne Kanzler und mit dem Verbrenner-Aus ist es aus.
(IMG) Bild: Die Erzählung beginnt stets so: „Deutschland am Arsch“. Bei Kollegah, Weidel, Wagenknecht kommt danach nicht mehr viel
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: [1][Regierung will schon wieder
Vorratsdatenspeicherung.]
taz: Und was wird besser in dieser?
Küppersbusch: Regierung speichert Verfassungsgerichtsurteil dagegen,
wenigstens mal drei Monate.
taz: Der Kanzler wird in diesen Tagen für seine große Kanzlerei [2][in
Sachen Ukraine] und Friedensverhandlungen gefeiert. Kann Merz doch was?
Küppersbusch: Merz hat die Europäer in die Ukraine-Verhandlungen gezeckt,
indem er angedroht hat, die Bank noch schneller zu überfallen als Putin und
Trump. Das mit dem Banküberfall ging dann schief, und ob Putin sich um die
polierten Vorschläge schert, steht dahin. Also: Merz hat Europa
angeschleppt und Europa ihn vorm Abgrund gebremst. Erstaunliches
Gesamtkunstwerk.
taz: [3][Einige AfD-Politiker feiern den Rapper Kollegah für dessen neuen
Song „Deutschland“]. Wäre er Kanzler, würde er „für Deutschland kämpfen bis
aufs Blut“, rappt er darin. Kann Kollegah Kanzler?
Küppersbusch: Die klassische Erzählstruktur „Heldenreise“ beginnt stets mit
„der gewohnten Welt des Mangels“: Deutschland am Arsch. Bei Kollegah,
Weidel, Wagenknecht kommt danach nicht mehr viel. Ihr Elixier, Mentor,
Zauberschwert heißt „heißes Blut“, „Vaterlandsliebe“ oder der Opa in
Stalingrad. Das „Vordringen in die tiefste Hölle“ ist, sich den Schlamm
anhören zu müssen. Und die Endstation „Erneuerung und Verwandlung“
schließlich verspricht stets eine glorreiche Zukunft, die im Wesentlichen
aus einer gelogenen Vergangenheit besteht. Wer sechs Jahre braucht, um ein
auch schon mal gar nicht so tolles „Rammstein“-Lied ins Deutsche zu
übersetzen, sollte unbedingt hierbleiben dürfen. Wir sind ja nicht so.
taz: [4][Der BND soll künftig nicht nur spionieren, sondern auch
sabotieren]. Endlich?
Küppersbusch: Der BND wird gern als „Vegetarier“ unter den Diensten
gehänselt, weil er ohne „Lizenz zum Töten“ tatsächlich – kein Fleisch
frisst. „Zum Löten“ tat's bisher auch, weil der Auslandsgeheimdienst
netzwerkt, abhört und von Daten, vielleicht auch Spins der Kollegen lebt.
Nun soll er im Inland Wohnungen mit Spyware vergiften, im Ausland
Verbrechen begehen dürfen und Waffensysteme angreifen. Lieben Gruß an die
Kollegen vom Militärischen Abschirmdienst MAD, das gibt wieder Ärger mit
der Zuständigkeit. Der Gesetzentwurf verdoppelt die Zahl der
BND-Regelungen, heillose Verwirrung des Gegners ist möglich – der Debatte
auch. Premiumalbern der Passus, wonach das Parlamentarische Kontrollgremium
ja draufschauen dürfe – [5][in dem derzeit nur ein einziger Oppositioneller
sitzt, der Grüne von Notz]. Mal unter uns, Kollegen: Wer ist eigentlich
Euer Feind?
taz: Am Mittwoch knickte die EU-Kommission vor dem Druck der Autolobby ein
und verkündete [6][das Aus vom „Verbrenner-Aus“.] Zündschlüssel für die
europäische Wirtschaft?
Küppersbusch: Die erste elektrische Lokomotive baute Werner von Siemens
1879 – die letzte Dampflok rollte 1959 aufs Gleis. Die 80 verschenkten
Jahre dazwischen, volkstümlich „eine FDP“ genannt, könnte man heute
einschneidend verkürzen. Doch den Ökos gelingt bisher nicht, Vernunft und
Sexyness zu einer Vision zu schmelzen: „Wir verdienen uns mit
Zukunftstechnik dumm und dusselig“, etwa. Wenn der Staat sich schon ständig
einmischt in den deutschen Ingenieursgeist – kann er nicht einfach
verbieten, noch dümmer zu sein als Elon Musk?
taz: Außerdem hat die EU über den Umgang mit etwa 210 Milliarden
eingefrorener Euros aus Russland diskutiert. Wie würden Sie die
Kreml-Milliarden verteilen?
Küppersbusch: Ich würde nicht unbedingt das Signal in die Welt senden, dass
die Kohle in Europa nicht mehr sicher ist.
taz: Trump verklagt die BBC. Wie werden ARD/ZDF reagieren, wenn ihnen das
Gleiche passiert?
Küppersbusch: Ja, hatte er noch nicht? „Zweite Chance – die Rückkehr von
Donald Trump“ lief von November ´24 bis Januar ´25 fünfmal bei ZDFinfo und
Phoenix, in einer auf 45 Minuten gekürzten Fassung des 58-minütigen
BBC-Originals. Möge die Kürzung an der richtigen Stelle sitzen. Der
inkriminierte Passus der ursprünglichen Doku ist journalistisch unsauber,
man kann ihn ebenso gut als Wertung wie als Verfälschung lesen. Keine ganz
unübliche Praxis. Trump ist inzwischen gewöhnt, dass US-Networks Millionen
spenden, Moderatoren feuern und sich beflissen zwangsverteppichen, wenn er
mit irrsinnigen Klagen droht. Die Öffentlich-Rechtlichen US-Ketten lässt er
gerade verhungern. All das trifft auf europäische Sender nicht zu, doch
auch in die Gremien der BBC sind Rechtspopulisten und Trump-Fans
eingesickert, die das Drama von innen befeuern. Im ZDF-Fernsehrat sitzt
noch kein offizieller Vertreter der AfD. Noch.
taz: Wir wünschen Ihnen frohe Festtage. Was wünschen Sie Ihren Leser*innen?
Küppersbusch: Danke! Ebenso!
taz: Und was macht der RWE?
Küppersbusch: Weihnachten auf Platz drei oder vier ist schon sehr schön, in
der „Strafentabelle“ sind sie sogar zweiter: Bisher 82.250 Euro Knöllchen
für Pyro. Stille Nacht.
Fragen: Tobias Bachmann, Doris Akrap
21 Dec 2025
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(DIR) [1] https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/vorratsdatenspeicherung-bundesregierung-will-ip-adressen-drei-monate-lang-speichern-a-ed423d53-0204-435d-8899-bee2176a7b64
(DIR) [2] /EU-Gipfel/!6139898
(DIR) [3] /Kollegahs-Deutschland-Song/!6138658
(DIR) [4] https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/bnd-gesetz-befugnisse-100.html
(DIR) [5] /Gruener-von-Notz-kritisiert-Union/!6128261
(DIR) [6] /Nach-Druck-der-Bundesregierung/!6137846
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Milliarden Dollar Schadensersatz, sondern verfolgt noch ein anderes Ziel.