# taz.de -- Urteil im Prozess gegen Correctiv: Nicht zum Jubeln
       
       > Die Klagen gegen das Recherchezentrum Correctiv und dessen
       > Berichterstattung über das Potsdam-Treffen wurden abgewiesen. Schlüssige
       > Argumente der Kläger gab es dennoch.
       
 (IMG) Bild: Kristina Feustel, Richterin am Landgericht, bei der Verkündung der Urteile
       
       Soll man sich jetzt freuen? Am Freitag haben vor dem Hamburger Landgericht
       die gewonnen, die Anfang vergangenen Jahres den „Geheimplan gegen
       Deutschland“ aufdeckten. Die, die Verquickung rechtsextremer, AfD-naher und
       konservativer Zirkel beim Potsdam-Treffen darstellten. Die für einen bitter
       nötigen Aufstand gegen Rechts sorgten – der größten Protestwelle in der
       Geschichte der Bundesrepublik –, weil sie berichteten, wie diese Zirkel
       „‚Masterplan‘ zur Ausweisung deutscher Staatsbürger“ diskutierten.
       
       Stopp. Dass über eine solche „Ausbürgerungsidee“ diskutiert wurde, stimmt
       ja tatsächlich nicht – weshalb Ulrich Vosgerau und Gernot Mörig, Teilnehmer
       des Treffens, das Redaktionsnetzwerk Correctiv auf Unterlassung verklagten.
       Correctiv hat ihrer Ansicht nach Falschbehauptungen verbreitet. Die
       „Kernaussagen im Correctiv-Bericht“, formulierte es die Vosgerau und Mörig
       vertretende Kanzlei Höcker, als sie die Klagen einreicht hatte, habe die
       Grenze der gerade noch zulässigen Meinungsäußerungen überschritten.
       
       Rundheraus abgewiesen hat das Hamburger Gericht am Freitag diese Klagen.
       Schon bei der Verhandlung im November deutete sich an, dass die
       Richter:innen nicht sonderlich überzeugt von der juristischen
       Argumentation der Kläger sind, nach der die Grenzüberschreitung doch
       offensichtlich sei: „Wenn etablierte Medien reihenweise meinen, dass es
       sich im Correctiv-Bericht um Fakten handelt, dann liegt der Verdacht nahe,
       dass Correctiv Falschbehauptungen verbreitet hat“, befand der Anwalt von
       Vosgerau und Mörig.
       
       Wer den Correctiv-Text gelesen hat, habe sehr wohl nachvollziehen können,
       was „zum einen von Teilnehmern des Treffens konkret geäußert worden sei und
       was zum anderen eine verdichtete, zusammenfassende Wertung der Beklagten
       sei“, entschied nun hingegen das Gericht. Kurzum: Es ist gut
       nachvollziehbar, dass Correctiv nicht einen reinen Bericht veröffentlicht
       hat, sondern im selben Text eine Analyse mitliefert, was das Berichtete in
       letzter Konsequenz bedeuten dürfte.
       
       Ja, das kann man so sehen. Und man muss sich in diesem Land auch keine
       Illusionen über die Menschenfeindlichkeit der AfD und ihres Umfeldes
       machen. Man kann sich auch freuen, dass Leute wie Vosgerau und Mörig eine
       satte Niederlage eingefahren haben. Der Zweck heiligt also die Mittel?
       
       Nun dürften fern der juristischen Ebene zwei Thesen nicht allzu steil sein:
       Das halbe Land denkt noch immer, dass die Deportation deutscher
       Staatsbürger:innen das konkrete Thema des Treffens war. Und: Damals
       wären nicht Millionen Menschen auf die Straße gegangen, hätten sie
       nachvollziehen können, dass es sich bei dem „‚Masterplan‘ zur Ausweisung
       deutscher Staatsbürger“ um eine Vermutung handeln könnte.
       
       Vosgeraus und Mörigs Argumentation ist nicht so ganz von der Hand zu
       weisen. Die Sichtweise der Pressekammer des Landgerichts Hamburg ist eine,
       die Objektivität versucht, aber eben nie bis zur endgültigen Gewissheit
       feststellen kann, was ein im Urteil angeführter „Leser, der den
       streitgegenständlichen Artikel lese“, tatsächlich erkennt.
       
       Was bleibt also von der wohl letzten größeren Klage gegen Correctiv?
       Juristisch war die Berichterstattung weitgehend sauber, journalistisch
       hingegen – ein bisschen weniger.
       
       19 Dec 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) André Zuschlag
       
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