# taz.de -- Megavorkommen Seltener Erden in Europa: Rentierhalter sehen Bedrohung für ihre Kultur
       
       > Die EU wertet den geplanten Abbau von Seltenerdmetallen in Nordschweden
       > als strategisches Projekt. Samische Rentierhalter kämpfen dagegen an.
       
 (IMG) Bild: Samische Rentierhalter mit ihren Tieren bei Kiruna in Schweden: Die neue Mine würde ihren Herden den Weg abschneiden
       
       Samische Rentierhalter aus dem nördlichsten Schweden wenden sich ans ferne
       Deutschland, um auf die Bedrohung ihrer Lebensweise aufmerksam zu machen:
       Sie fordern [1][deutsche Industriebetriebe wie den Stahlkonzern Salzgitter
       AG] auf, keine Geschäfte mehr mit dem schwedischen Grubenunternehmen LKAB
       zu machen. LKAB gehört seit 1976 zu 100 Prozent dem schwedischen Staat.
       
       Vor wenigen Wochen erst hatte Gabna Sameby, die Rentierhalterorganisation
       [2][der Gegend um die Bergbaustadt Kiruna], ein Kooperationsabkommen mit
       LKAB zu Fragen des Bergbaus aufgekündigt. Es gebe faktisch keinen Dialog,
       da sie keinen Einfluss auf die Pläne des Konzerns für eine neue Mine
       hätten, argumentierten sie.
       
       „Wenn deutsche Unternehmen mit LKAB Geschäfte machen, sollten sie wissen,
       dass sie damit zum fortgesetzten Missbrauch der einzigen indigenen
       Bevölkerung Europas durch das Unternehmen und zum Bau der Per-Geijer-Mine
       beitragen, die einen Todesstoß für die samische Kultur hier bedeuten
       würde“, sagte Karin K. Niia, Sprecherin von Gabna Sameby in Bergbaufragen,
       in einer Pressemitteilung.
       
       LKAB steht nach eigenen Angaben für 80 Prozent des in Europa abgebauten
       Eisenerzes. Größte Grube ist die in Kiruna, wo der Konzern im Sommer
       öffentlichkeitswirksamen [3][den Umzug der alten Kirche ins neu gebaute
       Stadtzentrum] zelebrierte. Das alte Zentrum musste der Grube weichen.
       
       ## Das größte bekannte Vorkommen Seltener Erden in Europa
       
       Bei der geplanten Per-Geijer-Mine geht es nun nicht nur um Eisenerz,
       sondern vor allem um Seltene Erden. Fast drei Jahre ist es her, seit LKAB
       vor EU-Spitzen aus Brüssel und internationaler Presse ihren Sensationsfund
       bei Kiruna verkündete: das größte bekannte Vorkommen Seltener Erden in
       Europa. Wenigstens eine Million Tonnen sollen hier förderbar sein,
       vermutlich aber deutlich mehr.
       
       Aktuell kommen mehr als 90 Prozent der Seltenerdmetalle, die etwa für
       E-Autos und Windkrafträder gebraucht werden, aus China. Die Aussicht auf
       eine mögliche Selbstversorgung mit den für Energie- und Verkehrswende so
       wichtigen Rohstoffen ließ nicht nur Wirtschafts- und Energieministerin Ebba
       Busch von Schwedens künftiger Schlüsselrolle für die grüne Umstellung
       sprechen.
       
       Was von vielen in Europa als Ausweg aus der Seltene-Erden-Abhängigkeit von
       China gefeiert wurde, löste bei den Rentierhaltern vor Ort sofort Alarm
       aus. Die neue Mine würde ihren Herden den letzten noch nutzbaren Weg
       zwischen Winter- und Sommerweiden abschneiden – der Grund, warum die Sami
       von einem drohenden Ende ihrer Kultur und Lebensweise in der Region
       sprechen.
       
       In diesem Jahr erklärte die EU das Per-Geijer-Vorhaben in ihrem Critical
       Raw Material Act (CRMA) zu einem strategischen Projekt. Solche Projekte
       erhalten einen Prioritätsstatus, sie sollen beschleunigt genehmigt werden
       können. Erklärtes Ziel ist es, den Anteil strategisch entscheidender
       Rohstoffe aus Bergbau innerhalb der EU zu erhöhen.
       
       ## Indigene Rentierhalter: „Koexistenz mit Mine unmöglich“
       
       „Eine Koexistenz zwischen uns in Gabna und der Per-Geijer-Mine ist
       unmöglich“, sagte nun der Vorsitzende von Gabna Sameby, Lars-Marcus
       Kuhmunen. Das aufgekündigte Kooperationsabkommen, in dem Prozesse zur
       Einigung und Kompromissfindung geregelt wurden, diskreditierte er: „Das ist
       keine Kooperation. Es handelt sich um staatlich sanktionierten Landraub auf
       indigenem Gebiet“, so Kuhmunen.
       
       In seiner Reaktion bewertete LKAB das Abkommen, das seit 2013 bestand,
       selbst als überholt. Man sei im Grunde auch dafür, neue, aktualisierte
       Formen der Zusammenarbeit mit dem Sameby zu finden. „Wir brauchen einen
       klareren Rahmen“, sagte Pia Lindström, die Umwelt- und
       Nachhaltigkeitsdirektorin des Konzerns. Ziel sei natürlich weiterhin, dass
       beide Wirtschaftszweige beibehalten und weiterentwickelt werden könnten.
       
       Dass das überhaupt möglich ist, schließen die Rentierhalter offenkundig
       aus. Sie betonten, keine Absprache und keine Entschädigung könne helfen,
       wenn ihre Kultur und die Rentierhaltung wegen der Per-Geijer-Mine
       kollabiere.
       
       23 Dec 2025
       
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