# taz.de -- Von wegen weiße Weihnachten: Gewöhnen wir uns an Matsch
       
       > Alle Jahre wieder werden die Meteorologen befragt. Wie stehen die Chancen
       > auf Schnee an den Festtagen? Was für ein Quatsch. Aber was wäre, wenn
       > doch?
       
 (IMG) Bild: Passanten gehen im Dezember 2012 im dichten Schneetreiben am Brandenburger Tor vorbei
       
       Kurz kam Hoffnung auf. Als am 24. November leise der Schnee auf Berlin
       rieselte, [1][entdeckten die Medien das Wort vom Polarwirbel]. Was genau
       das ist, konnte keiner so recht erklären, aber das war auch nicht nötig,
       denn das mit dem Polarwirbel, so lautete die unmissverständliche Botschaft,
       könnte bald Geschichte sein. Es klang wie eine Drohung und Verheißung
       zugleich.
       
       Denn der Polarwirbel, so warnten die Meteorologen, könnte sich abschwächen
       oder auf Wanderschaft gehen. Könnte vom Nordpol in unsere Breiten
       migrieren. Könnte plötzlich auftauchen vor dem, sagen wir mal,
       Brandenburger Tor und das Thermometer in Bereiche fallen lassen, die selbst
       ein ältliches und damit wintererfahrenes Thermometer nie erlebt hat.
       
       Weiße Weihnachten, so lautete der Titel der Geschichte, die der Polarwirbel
       erzählen wollte. Inzwischen wissen wir: Es war das übliche Wintermärchen,
       Jahr für Jahr gespielt, weil es ein Publikum dafür gibt. Schluss damit, wir
       sollten endlich erwachsen werden, auch meteorologisch!
       
       Schon die Statistik könnte uns auf die Sprünge helfen. Die letzte weiße
       Weihnacht in Berlin gab es 2010. Weiße Weihnacht, das heißt qua
       definitionem an Heiligabend und an beiden Feiertagen liegt die Stadt unter
       einer weißen Decke. Irgendwie jungfräulich und unschuldig wirkte Berlin in
       diesem Fall – klarer Fall von Produkttäuschung.
       
       War eh ein Ausrutscher und wird es bleiben. Ein Reiseportal hat
       ausgerechnet, dass es heuer nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 11 Prozent
       weiße Weihnachten geben wird. In Sachsen dagegen sind es 33 Prozent. Ach
       ja, und vor 1990 hat es deutlich mehr weiße Weihnachten gegeben als danach.
       Die Berechnung erschien, wo sonst, [2][im ostalgischen Querfrontblättchen
       von Holger Friedrich].
       
       ## Time to say Goodbye
       
       Zum Erwachsenwerden gehört auch das Loslassen. Keine Schneeballschlacht in
       der Hasenheide. Kein Rodeln auf dem Teufelsberg. Kein Herzchen auf
       verschneiten Autoscheiben. Stattdessen sollten wir uns an Matsch gewöhnen,
       an stürmischen Eisregen oder an sonnige Spaziergänge bei 9 Grad.
       
       Wer seinen Kindern den Glauben an weiße Weihnachten dennoch nicht nehmen
       will, kann immer noch in die Arena pilgern. Dort läuft seit 6. Dezember die
       immersive Ausstellung [3][„Polar Experience Berlin“], die ihre
       Besucherinnen und Besucher „auf eine faszinierende Reise in die Arktis und
       die Antarktis“ mitnimmt.
       
       Ach ja: Falls es doch noch kalt wird, prophezeit zumindest [4][wetter.de],
       kommt der Frost nicht von Norden, sondern aus dem Osten. Same procedure as
       every year also.
       
       Aber was, wenn doch? Wenn am Brandenburger Tor der Schnee stürmt wie 2012,
       auch wenn er nicht liegen bleibt?
       
       Vielleicht wäre das der richtige Zeitpunkt, um mal wieder Lotto zu spielen.
       
       24 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/rekordfrostbote-oder-sturm-im-wasserglas-der-polarwirbel,V3kEQXK
 (DIR) [2] https://www.berliner-zeitung.de/news/weisse-weihnachten-in-berlin-so-wahrscheinlich-ist-schnee-zu-den-feiertagen-li.10008172
 (DIR) [3] https://polar-experience.com/
 (DIR) [4] https://www.wetter.de/wettermeldungen/wetter-panorama/erste-kaeltewelle-in-deutschland-so-kalt-wird-der-dezember-2025-und-so-lange-kann-die-kaelte-bleiben-id30149064.html
       
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