# taz.de -- Wiederaufbau in der Ukraine: Der große bekannte Unbekannte
       
       > Das Deutsch-Ukrainische Wirtschaftsforum soll deutsche Unternehmen für
       > die Ukraine mobilisieren. US-Finanzriese Blackrock ist bereits in
       > Stellung.
       
 (IMG) Bild: Merz wirft ein Auge auf die Ukraine – ganz wie der alte Arbeitgeber Blackrock
       
       „Investitionen in der Ukraine sind Zukunftsinvestitionen – auch für Sie“,
       ruft Bundeskanzler Friedrich Merz Hunderten Firmenvertretern und
       Managerinnen im Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin zu. Dort haben sich
       am Montag Politiker und Investoren zum [1][8. Deutsch-Ukrainischen
       Wirtschaftsforum] getroffen. An den Kremlherrscher Wladimir Putin fügt Merz
       über deutsches und europäisches Engagement in der Ukraine hinzu: „Wir
       lassen nicht nach, wir legen nach.“
       
       Seine CDU-Parteifreundin und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche
       unterstreicht, dass Deutschland das größte Geberland der Ukraine sei und es
       deshalb „völlig legitim“ sei, eine Beteiligung deutscher Firmen bei
       Aufträgen in der Ukraine zu fordern.
       
       Doch wie groß die Rolle deutscher Firmen bei einem Wiederaufbau der
       Ukraine, dessen Finanzbedarf die Weltbank auf 542 Milliarden Dollar
       schätzt, sein wird, steht in den Sternen. Auch wenn in dieser Woche in
       Berlin Vertreter:innen der Ukraine, der USA, Deutschlands und einiger
       EU-Staaten um Bedingungen [2][für ein Kriegsende gerungen haben]. Am
       Donnerstag soll die Frage entschieden werden, ob beim Finanzdienstleister
       Euroclear in Brüssel eingefrorene dreistellige russische
       Zentralbankreserven als Kredite an die Ukraine gegeben werden. Eine Frage,
       die im Falle der Nichttransferierung der Milliarden in die Ukraine laut
       Merz „die Handlungsfähigkeit der EU über Jahre beschädigen würde“.
       
       Doch längst haben andere ein Auge nicht nur auf diese Milliarden geworfen,
       sondern auf die am Ende für den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur
       benötigten Riesensumme: der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock mit
       Sitz in New York.
       
       ## Blackrock soll Aktionsplan ausarbeiten
       
       Die ukrainische Premierministerin Julija Swiridenko, die ursprünglich beim
       Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum an der Seite von Merz auftreten
       sollte, gab kurz zuvor bekannt: Mit Blackrock „wurde eine gemeinsame
       Arbeitsgruppe eingerichtet. Ihre vorrangige Aufgabe ist es, so schnell wie
       möglich einen Aktionsplan auszuarbeiten“, schrieb Swiridenko auf X nach
       einem Onlinetreffen mit Trumps Unterhändler Steve Witkoff, Trumps
       Schwiegersohn Jared Kushner und Blackrock-Chef Larry Fink.
       
       Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte am Montag den
       Deutschen in Berlin für ihre Unterstützung: „Ich schätze sehr, dass
       deutsche Unternehmen nach dem russischen Überfall unerschrocken geblieben
       und in der Ukraine geblieben sind.“ Doch auch er hatte zuvor von einem
       Treffen mit Fink berichtet.
       
       Verwunderlich ist das nicht: Schon die Ampelregierung unter Olaf Scholz
       (SPD) musste die Erfahrung machen, dass die USA bereits unter der Regierung
       von Joe Biden beansprucht hatten, den Wiederaufbau der Ukraine durch
       Blackrock planen zu lassen. Das berichteten Vertraute aus dem
       Kanzler-Umfeld der taz seinerzeit. Selenskyj selbst sprach erstmals im Mai
       2023 von einer möglichen Führungsrolle Blackrocks beim Wiederaufbau –
       spätestens da war der große bekannte Unbekannte im Spiel.
       
       Trump steigerte das noch. Zusatzpapiere zu seinem von Witkoff und Kushner
       mit Moskau ausgehandelten 28-Punkte-Plan für die Ukraine sahen vor, die in
       Europa eingefrorenen 210 russischen Milliarden zur Absicherung von
       US-Investitionen beim Wiederaufbau der Ukraine und in Russland einzusetzen.
       
       ## Ukrainisches Wachstumspotenzial
       
       Oliver Gierlichs, Geschäftsführer von Bayer in der Ukraine und Präsident
       der Deutsch-Ukrainischen Auslandshandelskammer in Kyjiw, rief indes
       deutsche Unternehmen zu einer größeren Marktpräsenz in der Ukraine auf –
       jetzt. Denn: „Wer erst nach dem Krieg kommt, für den ist die Party vorbei.
       Der bekommt nur die Reste, keine Filetstücke.“
       
       Die Ukraine biete „unverändert großes Wachstumspotenzial in den Bereichen
       Technologien, Agrar, Verteidigung und bei Rohstoffen“, unterstrich Merz.
       Und da stünden deutsche Unternehmen bereit zur Förderung – die USA indes
       haben mit Kyjiw bereits ein entsprechendes Abkommen zur Gewinnung seltener
       Erden unterzeichnet.
       
       Indes tut Deutschland eine Menge zur weiteren Unterstützung der Ukraine:
       170 Millionen Euro werden jetzt zusätzlich laut Kanzler zur Ertüchtigung
       der von Russland massiv angegriffenen Energieinfrastruktur mobilisiert. Die
       Bundesregierung wolle mit europäischen Beteiligten einen 500 Millionen Euro
       umfassenden European Flagship Fund für Investitionen kommendes Jahr
       schaffen.
       
       Ohnehin kann die Ukraine trotz massiver russischer Angriffe dieses Jahr
       noch mit einem Wirtschaftswachstum von „knapp 2 Prozent“ rechnen, ergeben
       die Berechnungen der Ukraine-Wirtschaftsexperten von Berlin Economics und
       dem Institut für Wirtschaftsforschung und Politikberatung (IER), die der
       taz vorliegen. Größte Probleme seien aktuell die massiven Stromausfälle und
       ein erheblicher Arbeitskräftemangel. Sollte der Krieg in Kürze enden,
       rechnet die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) schon
       2026 mit 5 Prozent Wirtschaftswachstum.
       
       16 Dec 2025
       
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