# taz.de -- Raketenabwehr über Deutschland: Bundeswehr nimmt Arrow 3 in Betrieb
       
       > Die Bundeswehr hat für 3,6 Milliarden Euro ein System zur Raketenabwehr
       > in Israel gekauft, das feindliche Flugkörper abfangen können soll.
       
 (IMG) Bild: Abwehrsystem Arrow 3: Die Bundeswehr hat ein neues Luftverteidigungssystem in Betrieb genommen
       
       dpa | Deutschland spannt den Schutzschirm auf: Zur Abwehr ballistischer
       Raketen hat die Luftwaffe das in Israel beschaffte Abwehrsystem Arrow 3 in
       Betrieb genommen. Luftwaffeninspekteur Holger Neumann betonte bei einem
       Appell auf dem Truppenübungsplatz Annaburger Heide vor der Radarkuppel und
       einem Startgerät, es gebe nun eine „gänzlich neue Fähigkeit von
       strategischer Bedeutung“.
       
       Das Raketenabwehrsystem erweitere die Luftverteidigungsarchitektur
       fundamental, stärke die Sicherheit nachhaltig und sei einzig und allein
       darauf ausgelegt, Deutschland zu verteidigen und die Menschen zu schützen,
       sagte der Generalleutnant. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die
       Einführung neuer russischer Raketen machten deutlich, „wie real die bislang
       abstrakte Bedrohung geworden ist und wie dringend wir in der Lage sein
       müssen, weitreichende ballistische Flugkörper abzuwehren“.
       
       ## Raketenabwehr wird an drei Standorten stationiert
       
       Das Verteidigungssystem soll feindliche Raketen in einer Höhe bis über 100
       Kilometern zerstören können – eine Fähigkeit, die es in der Bundeswehr
       bisher nicht gibt. Der Luftwaffenstützpunkt Schönewalde/Holzdorf an der
       Landesgrenze von Sachsen-Anhalt und Brandenburg mit dem Truppenübungsplatz
       ist dabei der erste von drei geplanten Arrow-Standorten in Deutschland.
       
       Europäische Staaten haben die Verteidigung militärischer und ziviler Ziele
       gegen Angriffe aus der Luft nach Ende des Kalten Krieges heruntergefahren
       und dann lange vernachlässigt. In Nato-Planungskreisen hieß es zuletzt, die
       Verteidigungsfähigkeiten gegen Luftangriffe müssten insgesamt wohl um 400
       Prozent erhöht werden.
       
       Die Bundesregierung investiert jetzt verstärkt in Flugabwehr. Deutschland
       hat dazu auch eine Initiative für ein europäisches Luftverteidigungssystem
       (European Sky Shield Initiative/ESSI) angestoßen. Dem Projekt haben sich
       inzwischen 23 Partnerstaaten angeschlossen.
       
       Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte kurz vor der Inbetriebnahme,
       mit Arrow sei die Luftverteidigung Deutschlands und seiner Partner deutlich
       gestärkt. „Wir erlangen damit erstmals die Möglichkeit zur Frühwarnung und
       zum Schutz unserer Bevölkerung und Infrastruktur vor weitreichenden
       ballistischen Raketen. Mit dieser strategischen Fähigkeit, die im Kreis
       unserer europäischen Partner einmalig ist, sichern wir unsere zentrale
       Rolle im Herzen Europas“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen
       Presse-Agentur.
       
       Die Luftwaffe erklärte formal die sogenannte Erst- oder Anfangsbefähigung
       des Systems. Dieser Schritt – von der Nato Initial Operational Capability
       (IOC) genannt – bedeutet nach Militärangaben, dass erste Systemanteile in
       Betrieb genommen werden: Radar, Startgeräte und geschultes Personal sind
       verfügbar, um den Schutzbetrieb in einem begrenzten Umfang aufzunehmen.
       
       Die Erstbefähigung ist damit der Auftakt für den eigentlichen Einsatz,
       gefolgt von der Full Operational Capability (FOC), bei der das System seine
       volle Leistungsfähigkeit erreicht und alle geplanten Funktionen verfügbar
       sind. Das erfolge „sehr bald“, hieß es am Mittwoch.
       
       ## Arrow 3 wehrt Raketen in größter Höhe ab
       
       Arrow 3 wurde gemeinsam von Israel und den USA entwickelt. Der „Pfeil“ kann
       feindliche Flugkörper außerhalb der Atmosphäre im beginnenden Weltraum
       durch einen direkten Treffer zerstören. Das System bildet damit die oberste
       Schicht eines Verteidigungssystems.
       
       Das komplette System besteht aus dem Gefechtsstand, Radarsensoren,
       Startgeräten mit Lenkflugkörpern und weiteren Peripherie-Geräten. Laut
       Hersteller ist das System darauf ausgelegt, „die neuesten Bedrohungen mit
       größerer Reichweite abzufangen und zu zerstören“, insbesondere solche, die
       Massenvernichtungswaffen tragen. Schädliche Stoffe wie etwa Kampfstoffe
       sollen in großer Höhe möglichst gefahrlos zerstäubt werden.
       
       Die israelischen Streitkräfte sprechen vom größten Rüstungsgeschäft in der
       Geschichte Israels. Die Bundeswehr investiert 3,6 Milliarden Euro in das
       System, das erstmals außerhalb Israels in Position gebracht wird. Bei der
       Inbetriebnahme in Deutschland waren Vertreter des israelischen Militärs und
       der Rüstungsindustrie vertreten. Unter den Gästen war auch Nato-General
       Ingo Gerhartz, Vorgänger von Neumann und ein Initiator der Beschaffung.
       
       ## Im Schlagabtausch mit Iran eingesetzt
       
       Das Abwehrsystem kam in Israel seit 2024 mehrfach zur Abwehr iranischer
       Raketen zum Einsatz. Die Jerusalem Post schreibt, am 13. und 14. April 2024
       sei Arrow entscheidend gewesen, um die „große Mehrzahl“ von 120
       abgefeuerten ballistischen Raketen Irans zu zerstören.
       
       Am 1. Oktober des Jahres habe Iran 180 Raketen auf Israel gefeuert und ein
       prozentual geringerer Teil sei zerstört worden. Allerdings – so die Zeitung
       – habe es Hinweise darauf gegeben, dass die israelischen Streitkräfte
       Angriffe auf bereits geräumte, eigene Militäranlagen nicht bekämpft hätten.
       
       Im Juni dieses Jahres flog Israel folgenschwere Angriffe auf iranische
       Atomanlagen. In dem zwölf Tage dauernden Krieg feuerte Iran nach
       israelischen Angaben etwa 550 ballistische Raketen ab. Nach
       unterschiedlichen Angaben durchdrangen 20 bis mehr als 40 Raketen den
       Hightech-Schutzschirm. 28 Israelis wurden getötet und mehrere verletzt.
       Einen hermetischen Schutz gebe es nicht, stellt die Zeitung fest.
       
       3 Dec 2025
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Luftwaffe
 (DIR) Bundeswehr
 (DIR) Israel
 (DIR) Rüstungsindustrie
 (DIR) Rüstungsexporte
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Rüstungsindustrie
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Lobbyorganisation Elnet: Meinungsbildungsreisen nach Israel
       
       Elnet lobbyiert für die Regierung Netanjahu. Über hundert deutsche
       Abgeordnete reisten mit dem Verein, der Kontakt zu Siedlern und Trump-Fans
       hat.
       
 (DIR) FDPler wechselt zu Rüstungsfirma: Vom Verteidigungspolitiker zum Rüstungslobbyisten
       
       Marcus Faber heuert bei deutscher Tochter des israelischen Rüstungskonzerns
       Elbit an. Im Bundestag war er Vorsitzender des Verteidigungsausschusses.
       
 (DIR) Rüstungshandel mit Israel: Geben und noch mehr nehmen
       
       In der Diskussion um Deutschlands Israel-Politik ging es oft um
       Waffenlieferungen. Was untergeht: Es kauft auch viele Rüstungsgüter von
       dort.