# taz.de -- Massenprotest gegen Korruption: Zehntausende marschieren gegen gefräßige „Krokodile“
> In den Philippinen lässt ein Korruptionsskandal den Machtkampf zwischen
> dem Marcos- und dem Duterterte-Clan eskalieren. Viele haben die Schnauze
> voll.
(IMG) Bild: Demonstrierende mit Krokodilsmasken haben in Manila die Massen-demonstration „Billionen Peso Marsch“ gegen Korruption angeführt
Demonstranten in Krokodilsmasken haben am Sonntag in Manila die
Massendemonstration „Billionen Peso Marsch“ gegen Korruption angeführt. Die
Krokodile als Symbole für die gefrässige Gier einer korrupten Elite sollten
Übel wie Landraub oder Nepo Babys – luxusverliebte Sprösslinge reicher
Eltern – darstellen. Zehntausende Menschen waren in Manila und anderen
Städten dem Demoaufruf von Gewerkschaften, linken Parteien, Bürgerrechtlern
und Jugendorganisationen mit Unterstützung der mächtigen katholischen
Kirche gefolgt.
Anlass ist der gigantische Korruptionsskandal beim Hochwasserschutz.
„Geisterprojekte“ beim Bau von Deichen und anderen Maßnahmen gegen
Überschwemmungen hatten im ganzen Land Empörung ausgelöst, nachdem
Präsident Ferdinand „Bongbong“ Marcos Jr. sie Ende Juli selbst zu einem
zentralen Thema seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation gemacht hatte.
Politiker und Unternehmer sollen sich dabei aus dem Etat für den
Hochwasserschutz Milliarden in die eigenen Taschen gesteckt haben. Die Wut
der Bevölkerung wurde noch gesteigert, nachdem [1][in den letzten Wochen
durch heftige Taifune weite Gebiete des Landes überschwemmt wurden] und
Zehntausende Menschen ihr Hab und Gut verloren.
Korruption ist auf den von Politdynastien beherrschten Philippinen
überhaupt nichts Neues. Aber das Ausmaß des aktuellen Falls scheint
bisherige Skandale in den Schatten zu stellen. Entsprechend niedrig ist das
Vertrauen der Bevölkerung in das Versprechen von Präsident Marcos Jr., den
Fall rücksichtslos aufzuklären und mutmaßlich Beteiligte ohne Ansehen von
Rang, Prominenz, Macht und Reichtum vor Gericht zu bringen.
## Marcos' Cousin ist bereits zurückgetreten
Eine zentrale Figur des Skandals ist der Politiker und Unternehmer Zaldy
Co. Mitte November beschuldigte der ins Ausland geflüchtete frühere
Marcos-Vertraute den Präsidenten, in den Skandal verwickelt zu sein. Der
Parlamentssprecher Martin Romualdez, ein Cousin von Marcos und Statthalter
des Präsidenten im Parlament sowie ein Freund von Co, war schon im
September wegen Korruptionsvorwürfen zurückgetreten.
Der Skandal lässt zudem den Machtkampf zwischen Marcos Jr. und seiner
Vizepräsidentin Sara Duterte weiter eskalieren. Deren Vater, Ex-Präsident
Rodrigo Duterte sitzt im Gefängnis des Internationalen Strafgerichtshofs in
Den Haag in U-Haft und ist dort wegen [2][Verbrechen in seinem blutigen
Drogenkrieg]. Erst letzte Woche wurde sein Antrag auf Haftverschonung
abgelehnt.
Mitte November hatten mehr als 100.000 Anhänger der Duterte unterstützenden
ultrakonservativen Sekte Iglesia Ni Cristo gegen Korruption demonstriert.
Trotzden gelang es Sara Duterte bisher nicht, die Proteste in eine Kampagne
gegen Marcos zu verwandeln.
Dabei nutzte dem Duterte-Clan auch nicht die Unterstützung von Senatorin
und Präsidentenschwester Imee Marcos. Die hatte ihrem Bruder öffentlich
Drogensucht vorgeworfen. Was Demonstranten am Sonntag von Duterte und
Marcos Jr. halten, machte eine doppelköpfige Krokodilsmaske klar: Die
zeigte die Gesichtszüge beider Politiker.
Die Philippinen wären nicht die Philippinen, gäb es keine Putschgerüchte.
Wie ernst diese zu nehmen sind, ist unklar. Aber sie waren immerhin für die
Organisatoren des Marsches Anlass, Teilnehmer und Redner vor Forderungen
nach einem Eingreifen des Militärs zu warnen.
## Viel Symbolik beim Protestmarsch
Sowohl der Kundgebungsort – der Schrein zur Erinnerung an den erfolgreichen
Volksaufstand gegen den Diktator Ferdinand Marcos, den Vater des jetzigen
Präsidenten, als auch das Datum des Marsches waren hoch symbolisch. Für die
Katholiken ist der 1. Advent der Beginn der Erwartung auf die Ankunft des
Erlösers, oder säkularer ausgedrückt auf „Change“.
Der 30. November ist zugleich der Geburtstag des „linken Nationalhelden“
Andres Bonifacio. Er stammte aus Manilas Armenviertel Tondo und wurde als
ein Anführer der Revolution gegen die spanischen Kolonialherren Präsident
einer inoffiziellen Revolutionsregierung. Volk und Reiche waren zwar
vereint gegen die Spanier, aber uneins in ihren Vorstellungen für die Zeit
danach. 1897 wurde der damals 33-jährige Bonifacio von Kämpfern einer
revolutionären Einheit reicher Grundbesitzer ermordet. Emilio Aguinaldo,
Galionsfigur der Elite, wurde erster offizieller Präsident der Philippinen.
Die Geschichte der Politdynastien reicht also sehr weit zurück.
30 Nov 2025
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