# taz.de -- Suizidprävention für Häftlinge: Zelle mit Fußbodenheizung
> In der JVA Moabit wurde der erste Suizidpräventionsraum eröffnet. Berlin
> folgte damit dem Beispiel von Leipzig.
(IMG) Bild: Sieht nicht wie ein Haftraum aus: Suizidpräventionsraum in der JVA Moabit
Inhaftierte unterliegen einem deutlich höheren Suizidrisiko [1][als
Menschen in Freiheit]. Nun gibt es in der Justizvollzugsanstalt Moabit
erstmals einen Suizidpräventionsraum. Berlin sei damit dem Vorbild von
Leipzig gefolgt, hieß es am Donnerstag, als der Raum der Öffentlichkeit im
Beisein von Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) vorgestellt wurde.
Der 18 Quadratmeter große Raum hat die Ausmaße von zwei Gefängniszellen.
Die Trennwand wurde herausgerissen, ein separater Sanitärbereich eingebaut.
Die Wände sind hellblau gestrichen, die Möbel haben abgerundete Ecken.
Unter dem Holzbelag verbirgt sich eine Fußbodenheizung, ein in die Wand
integrierter Bildschirm ermöglicht Zugang zu einfachen Spielen und
beruhigender Musik.
Die Fenster lassen sich einen Spalt breit öffnen, ohne an das
dahinterliegende Gitter zu kommen, es gibt weder Riegel noch Griffe. Die
gesamte Ausstattung des kameraüberwachten Raumes ist darauf angelegt, sich
selbst keinen Schaden zufügen zu können.
## Kameraüberwachter Raum
Bislang werden Inhaftierte, die als suizidgefährdet gelten, zumeist in
besonders gesicherten Zellen mit Kameraüberwachung untergebracht. Diese
Zellen sind aber „wenig wohnlich“, wie es der Leiter der Abteilung
Strafvollzug in der Justizverwaltung, Christian Richard, am Donnerstag
formulierte. Es handelt sich um die gleichen Zellen, in die auch als
gefährlich eingestufte Gefangene zur Disziplinierung gesperrt werden. Das
Mobiliar ist karg und unverrückbar, Sanitäranlagen aus Edelstahl und die
Wände teilweise gekachelt. Weil eine Verlegung in diese Räume befürchtet
werde, würden Suizidgedanken mitunter nicht offenbart, sagte Richard.
[2][Bundesweit] haben sich nach Angaben des Abteilungsleiters in der Zeit
von 2000 bis 2024 im Durchschnitt 74 Gefangene pro Jahr das Leben genommen.
In Berlin waren es 2024 und 2025 jeweils fünf. Jeweils zwei Suizide
geschahen in der JVA Moabit.
In den Berliner Haftanstalten sitzen rund 3.500 Menschen ein. Ein einziger
Suizidpräventionsraum wirkt da wie Tropfen auf den heißen Stein.
Justizsenatorin Badenberg kündigte bei der Pressekonferenz zwar an, dass
der Suizidpräventionsraum „keine singuläre Erscheinung“ bleiben werde,
vermochte das auf Nachfrage aber nicht mit Angaben auf zur Verfügung
stehende Haushaltsmittel zu unterfüttern. Ohne Mobiliar hat der Raum in der
JVA Moabit 340.000 Euro gekostet.
An der Suizidprävention in den Gefängnissen wird laut Justizverwaltung seit
Jahren kontinuierlich gearbeitet. Mit einem Screening bei Haftbeginn werde
untersucht, ob Anzeichen für eine erhöhte Gefahr bestehen. Mit einem
fortlaufenden Monitoring werde versucht, das Risiko zu minimieren. Sei ein
Häftling bei bestimmten Risikofaktoren auffällig, werde der ärztliche oder
psychologische Dienst hinzugezogen.
Zur Wahrheit gehört aber auch das: „Wenn die betreffende Person es partout
verbirgt, wird es keiner merken.“ Der Psychotherapeut Jens Gräbener sagte
das 2019 bei einer [3][Expertenanhörung im Abgeordnetenhaus zum Thema
Suizidprävention]. Die Psychotherapeutin Maja Meischner-Al-Mousawi,
seinerzeit in der JVA Leipzig für Suizidgefährdete zuständig, bezeichnete
die sogenannten „weichen Kriterien“ für die Suizidprävention als sehr
wichtig: ein gutes Anstaltsklima etwa, in dem sich die Insassen trauten,
über seelische Nöte zu sprechen.
Zudem hatte die Anhörung gezeigt, dass die Suizidrate in den Berliner
Gefängnissen zu dieser Zeit etwas höher war als im Bundesdurchschnitt. Und
dass es in Berlin selbst Unterschiede gab. Mit 55 Suiziden zwischen 2000
bis 2018 war die JVA Moabit mit ihrer Untersuchungshaftanstalt für Männer
mit Abstand am häufigsten betroffen gewesen.
Aktuell befinden sich in der JVA Moabit 840 Insassen, davon sind 761
Untersuchungshäftlinge. Nach Angaben der Leiterin Anke Stein hat die
Anstalt einen jährlichen Durchlauf von 4.000 Gefangenen. Experten hatten in
der Vergangenheit berichtet, dass die meisten Suizide in den ersten
Haftwochen passieren, Stichwort Haftschock. „Das ist nicht mehr so“, sagte
Stein, „dem können wir begegnen.“ Bislang habe man aber keine geeigneten
Räume gehabt.
Haben Sie suizidale Gedanken? Dann sollten Sie sich unverzüglich ärztliche
und psychotherapeutische Hilfe holen. Bitte wenden Sie sich an die nächste
psychiatrische Klinik oder rufen Sie in akuten Fällen den Notruf an unter
112. Eine Liste mit weiteren Angeboten finden Sie unter
[4][taz.de/suizidgedanken].
27 Nov 2025
## LINKS
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## AUTOREN
(DIR) Plutonia Plarre
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