# taz.de -- Lübeck bekommt keine Straßenbahn: Aus die Tram
       
       > Die Lübecker Bürgerschaft wird das Projekt Straßenbahn aufs Abstellgleis
       > schicken. Und verbaut sich damit den Weg zum eigenen Klimaziel.
       
 (IMG) Bild: Soll weiter das einzige Mittel der ÖPNV-Wahl bleiben: Busverkehr in Lübeck
       
       Die Hoffnung auf die Wiedereinführung der Straßenbahn in Lübeck ist
       geplatzt: Nachdem der Bauausschuss der Lübecker Bürgerschaft vergangene
       Woche bereits eine Vorentscheidung getroffen hatte, wird sich am Donnerstag
       aller Voraussicht nach die Mehrheit der Lübecker Stadtabgeordneten dafür
       aussprechen, die jahrelangen Vorplanungen zu beenden – und das
       Verkehrsmittel nicht im neuen, auf 15 Jahre ausgerichteten
       Verkehrsentwicklungsplan zu berücksichtigen.
       
       „Verwaltung und Politik gehen mit der Entscheidung des Bauausschusses den
       Weg des geringsten Widerstandes und verweigern sich einem notwendigen
       städtebaulichen Modernisierungsschritt in der Hansestadt Lübeck“,
       kritisiert Lutz Kuwalsky, Sprecher des Vereins „Tram für Lübeck“.
       
       ## Ohne Tram kein Weg zum Klimaziel
       
       Seit dreieinhalb Jahren kämpft der Verein für eine Straßenbahn in Lübeck,
       die es bis 1959 mehrere Jahrzehnte lang schon einmal in der Sadt gab. Eine
       Wiedereinführung ist aus Sicht des Vereins nötig. Denn Lübeck hat sich im
       Zuge der Klimakrise die Verkehrswende zum Ziel gesetzt: Statt wie bisher 11
       sollen künftig 20 Prozent der zurückgelegten Strecken mit dem ÖPNV
       bestritten werden.
       
       [1][Um dieses Ziel zu erfüllen, wäre ein Straßenbahnsystem in Lübeck
       sinnvoll – und machbar. Das hatte eine von der Stadt in Auftrag gegebene
       Potentialanalyse ergeben.] Vier Linien mit einer Länge von zusammen
       genommen rund 40 Kilometern würden die Altstadtinsel und den Hauptbahnhof
       im Zentrum mit Bad Schwartau im Norden, dem Uniklinikum im Süden sowie mit
       dichter bewohnten Stadtteilen im Westen und Osten verbinden.
       
       Mit dem Bau des Tramsystems würde die Stadt das selbstgesteckte Ziel eher
       erreichen als durch einen Ausbau des bestehenden reinen Busverkehrs,
       prognostizierte die Potentialanalyse. Allen voran SPD und CDU sind von dem
       Projekt allerdings nicht überzeugt.
       
       Der CDU-Abgeordnete Ulrich Brock ist Vorsitzender des Bauausschusses und
       nennt vor allem die Kosten als Grund für die Ablehnung. „Wir können uns in
       den kommenden Jahren weder darauf verlassen, dass die derzeit geltenden
       Förderrichtlinien sicher erhalten bleiben, noch darauf, dass die bislang
       für das Projekt veranschlagten Kosten nicht explodieren werden.“
       
       Ohnehin wäre auf Lübeck bei der Wiedereinführung der Straßenbahn ein
       dreistelliger Millionenbereich zugekommen. „Wenn dann noch
       Baukostensteigerungen im Laufe der Jahre hinzukommen, die von Fördermitteln
       aber nicht gedeckt sind, würde das eine Kommune treffen, die sich das
       finanziell einfach nicht leisten kann“, sagt Brock.
       
       Hinzu kommt: Mit dem Ausbau des Fernwärmenetzes im Zuge der Energiewende
       sei die Verwaltung in den kommenden Jahren schon beschäftigt; die dafür
       nötigen Bauarbeiten vor allem im Zentrum der Stadt seien groß.
       
       „Wenn dann auch noch gleichzeitig eine Straßenbahn gebaut würde, herrscht
       Chaos“, so Brock weiter. „Auch wir fanden die Vision einer Straßenbahn
       toll, aber nach intensiver Beschäftigung mit den Vor- und Nachteilen müssen
       wir an dieser Stelle stoppen.“
       
       Die Straßenbahn-Unterstützer:innen überzeugt das hingegen nicht,
       schließlich sei erst vor wenigen Monaten eine Kosten-Wirksamkeits-Analyse
       erstellt worden, die die Tram als beste Option kürte. Mehr noch: Auch ohne
       Bundes- und Länderförderungen stünde eine Tram noch am besten da. Andere
       Verkehrsplanungen wären teurer. Sie würden vor allem [2][durch hohe Kosten
       für Betrieb und Unterhaltung den städtischen Haushalt jedes Jahr stärker
       belasten.]
       
       ## Grüne sehen keine Alternative zur Straßenbahn
       
       „Langfristig gedacht entfällt also das Finanzargument, denn die Straßenbahn
       wäre für die Haushaltslage der Hansestadt auf Dauer die sinnvollere
       Lösung“, sagt Kuwalsky. Mit dem vorliegenden Beschluss werde nun aber „aus
       Bequemlichkeit auf einen bekanntermaßen unzureichenden und unattraktiven
       ÖPNV gesetzt“, sagt Kuwalsky.
       
       Auch die Lübecker Grünen zeigen sich enttäuscht. „Es ist schade, dass die
       Ratsmehrheit kalte Füße bekommen hat“, sagt ihr verkehrspolitischer
       Fraktionssprecher Arne-Matz Ramcke. „Natürlich sehen auch wir die
       Haushaltslage der Stadt und die hohen Kosten eines solchen Projektes.“
       
       Dennoch hätte Lübeck nach seiner Auffassung an anderen Stellen sogar
       finanziell gewinnen können. So muss die Stadt nun die Sanierung einiger
       Brücken zur Altstadtinsel ohne Tram allein wuppen; wäre hingegen geplant,
       künftig eine Straßenbahn darauf fahren zu lassen, wäre die Sanierung
       mitgefördert worden.
       
       Dass sich mit dem anstehenden Bürgerschaftsbeschluss die Hoffnungen auf
       eine Straßenbahn für alle Zeiten erledigt haben, prognostizieren aber weder
       die „Tram für Lübeck“-Mitglieder, die weitermachen wollen, noch die Grünen.
       Die Verkehrsbelastung in Lübeck bleibe aus ihrer Sicht ja weiterhin ein
       systemisches Problem. Um das zu lösen, brauche es [3][eine fundamentale
       Abkehr von den bisherigen Verkehrsplanungen.] „Insofern sehen wir weiterhin
       keine Alternative zur Straßenbahn“, sagt Ramcke.
       
       26 Nov 2025
       
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