# taz.de -- Fake News auf KI-Websiten: Wie KI eine Journalistin zur Frau von Kontra K macht
> Automatisierte Nachrichtenseiten erfinden die Beziehung einer
> Journalistin zu einem Rapper. Und zeigen, wie gefährlich KI für den
> Journalismus ist.
(IMG) Bild: Nicht mit der Journalistin Celina Euchner liiert: der Rapper Kontra K
Schon im Sommer hat Springer angekündigt, dass bei Texten ihrer Marken
Politico, Welt und Co [1][nun immer künstliche Intelligenz eingesetzt
werden solle]. Auch andere Medien sehen in der Technologie die Zukunft des
Journalismus. Dass die Sorgen vor künstlicher Intelligenz im Journalismus
jedoch berechtigt sind, zeigt ein skurriler, aber durchaus
besorgniserregender Fall aus der Schweiz: KI-basierte „Nachrichtenseiten“
erfinden das Privatleben einer Journalistin neu. Plötzlich ist sie die
Ehefrau des deutschen Rappers Kontra K.
„Kontra K und Celina Euchner sind seit mehreren Jahren ein Paar. Celina,
die ursprünglich aus einer anderen Branche kommt, fand schnell ihren Platz
an der Seite des Rappers“, heißt es auf einer dieser Seiten. Nur stimmt
nichts davon. Celina Euchner ist weder die Partnerin des deutschen Rappers,
Mutter seiner Kinder, noch Fitness-Influencerin, wie es in einigen dieser
Artikel heißt. Euchner ist Redakteurin bei den Tamedia Publikationen, zu
denen unter anderem der Tages-Anzeiger, die größte Qualitätstageszeitung
der Schweiz, gehört. Vor vier Jahren interviewte sie Kontra K – dieses
Interview ist der Ursprung der Falschnachricht, vermutet die Journalistin.
Sie hat den Fakes hinterherrecherchiert.
Als Celina Euchner von einem Bekannten erstmals über die gefälschten
Artikel informiert wird, ist sie geschockt. „In mir steigt Panik auf. Ich
klicke mich durch Websites, sehe noch mehr Bilder von mir, geklaut aus
Artikeln, die ich einst geschrieben habe, gescreenshotet aus Videos, die
ich vor Jahren aufgenommen hab“, schreibt sie.
## KI-generierte Pärchenbilder auf vermeintlichen Nachrichtenseiten
Solche Fake-Nachrichtenseiten mimen seriöse Medien, nennen sich
„Havelzeitung“, „Heutemagazines“ oder „Layline“ und verbreiten
Falschnachrichten. Auf „Layline“ wird etwa auch über den angeblichen
Schlaganfall von Olaf Scholz Anfang November oder private Details über
andere, teils erfundene Prominente berichtet. Die Autor:innen heißen
dort „Connie“ oder „Monroe“, mehr Details erfährt man über sie nicht.
In den Artikeln über Euchners angebliche Beziehung zu Kontra K findet man
aber nicht nur „Infos“ über eine angebliche Ehe und Kinder der beiden,
sondern auch vermeintliche Einblicke in das Gefühlsleben des nicht realen
Paars: „Es ist interessant zu beobachten, dass ihre Verbindung über das
Berufliche hinausgeht und sie eine tiefe emotionale Bindung teilen“, heißt
es in einem Artikel.
Die Texte zeigen geklaute Bilder der Tages-Anzeiger-Journalistin, sind mit
vermeintlich persönlichen Details gespickt und weisen die für KI-generierte
Texte üblichen Zwischenüberschriften alle zwei, drei Absätze auf. Manche
sind mit KI-Bildern versehen, die die Journalistin und den Rapper als Paar
darstellen sollen, obwohl diese ihnen nicht einmal ähnlich sehen.
Nichts mehr als Fake-Tratsch könnte man meinen, allerdings haben diese
Texte reale Konsequenzen für Celina Euchner: „Ich fühle mich bloßgestellt,
irgendwie beschmutzt. Nichts davon stimmt, aber für wen spielt das eine
Rolle?“. Für Menschen mit Medienkompetenz seien die schlecht erstellten
Bilder und Texte leicht als Fälschung zu erkennen, meint Euchner. Ein paar
Monate später jedoch wird sie von ihrer Patin nach ihrer Beziehung zu
Kontra K gefragt. Mit Maximilian Diehn, so heißt Kontra K wirklich, möchte
Euchner wegen frauenfeindlicher Texte und homophober Äußerungen lieber
nicht in Verbindung gebracht werden, schreibt sie. Auch, weil sie dadurch
ihre journalistische Glaubwürdigkeit bedroht sieht.
## Das Ziel: Möglichst viel Geld verdienen
Mit der Zeit tauchen immer mehr KI-Texte über die angebliche Beziehung auf.
Und: Die Falschinformationen nähern sich immer mehr dem Leben der echten
Celina Euchner an: „Es sind Informationen, die online zugänglich sind, und
es fühlt sich so an, als kämen mir die Lügenstorys immer näher. Als würde
der Fake immer glaubwürdiger, weil nun ein Teil davon stimmt“, [2][schreibt
sie in der Süddeutschen Zeitung]. Fans von Kontra K kontaktieren sie
mittlerweile sogar über Social Media, bitten sie um Treffen mit dem Rapper.
Euchner will sich wehren, schreibt Mails an die Webseiten. Eine der Seiten
ändert daraufhin ihren Nachnamen in einen anderen, ihr Vorname steht jedoch
weiterhin dort.
Solche Artikel verletzen eindeutig die Persönlichkeitsrechte von
Journalistin Euchner (und die des Rappers Kontra K). Das Recht
durchzusetzen bleibt bei Fake-Seiten jedoch schwierig, da oft nicht klar
ist, wer die Seiten betreibt. So auch bei „Layline“: Laut Impressum ist ein
William A. Glover aus Detroit, USA, für die KI-Nachrichtenseite
verantwortlich. Angegeben ist eine E-Mail-Adresse, die durch einen „Fake
Mail Generator“ erzeugt wurde. Auch seine vermeintliche Postadresse ist
falsch. Andere derartige Seiten weisen ebenfalls gefälschte
Inhaber:innen im Impressum auf.
Celina Euchner schaffte es aber dennoch, den Betreiber einer Seite zu
kontaktieren, auf der Falschnachrichten über sie verbreitet wurden. Als die
Journalistin ihn, einen Schweizer SEO-Berater, konfrontiert, löscht er den
Beitrag sofort. Und er erklärt ihr, dass er KI-gestützte Nachrichtenseiten
nutzt, um möglichst viel Geld mit Werbung zu verdienen. Kontrollieren würde
er seine automatisierten Seiten deshalb kaum. Weil Kontra K, einer der
erfolgreichsten Rapper Deutschlands, sein Privatleben inklusive Partnerin
streng aus der Öffentlichkeit heraushält, suchten viele Fans im Internet
nach Antworten. So rankte das Thema bei Google Trends weit oben und wurde
auch für die Fake-Nachrichtenseite des Schweizers ausgewählt. Es sei quasi
eine Wissenslücke entstanden, die es mit KI zu füllen galt, erklärt der
Betreiber Euchner.
## Chatbots nehmen die Fake-Infos auf und verbreiten sie
Den ersten Beitrag mit Falschinformationen fand Euchner auf einer anderen
KI-Newsseite, er wurde August 2024 veröffentlicht. Als immer mehr
KI-Webseiten auf das Thema aufsprangen, platzierte Google die „Nachricht“
noch prominenter, ein Kreislauf. Echte Nachrichtenmedien nahmen es nicht
auf, dazu ist es zu schnell als Fake zu entlarven. Dafür aber Chatbots wie
Chatgpt.
Solche KI-Assistenten geben in 45 Prozent der Fälle Nachrichteninhalte
fehlerhaft wieder, das hat eine [3][im Oktober veröffentlichte Studie der
Europäischen Rundfunkunion (EBU) ergeben]. Der Grund dafür ist simpel: Je
mehr Seiten die Falschinformation als Fakt führen, desto höher schätzen
KI-Assistenten wie ChatGPT die Wahrscheinlichkeit, dass eine Information
stimmt. Wie viele Menschen Infos von ChatGPT und Co nachprüfen, ist unklar.
Und Falschinformationen sind dort weniger leicht zu erkennen, als auf den
Fake-Nachrichtenseiten.
Viele Seiten haben die Falschnachrichten über Celina Euchner und den Rapper
Kontra K mittlerweile gelöscht, auf einigen sind sie jedoch noch immer zu
finden. Immerhin scheint ChatGPT mittlerweile dazugelernt zu haben: „Celina
Euchner ist keine Partnerin von Kontra K, sondern ein Opfer von
KI-Desinformation“, antwortet der Bot auf Frage des Autors. Euchner selbst
hält die Chatbots jedoch für ein weitaus größeres Problem als die
Fake-Webseiten, sagt sie der taz. „Sie antworten nach wie vor je nach
Tageslage oder gusto.“
19 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] https://medieninsider.com/ki-solls-regeln-axel-springer-premium-chef-senst-ruft-ai-first-aus/25631/
(DIR) [2] https://www.sueddeutsche.de/medien/fake-news-celina-euchner-kontra-k-beziehung-wahrheit-geruechten-li.3339745
(DIR) [3] https://www.ebu.ch/news/2025/10/ai-s-systemic-distortion-of-news-is-consistent-across-languages-and-territories-international-study-by-public-service-broadcaste
## AUTOREN
(DIR) Marco Fründt
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