# taz.de -- Rassismus in der Dartsliga: „Wir sind hier in Deutschland“
       
       > Eine rassistische Anekdote aus einer Berliner Dartsliga. Verletzend an
       > der Geschichte ist vor allem das Schweigen der Anderen.
       
 (IMG) Bild: Wer oder was wird toleriert in der deutschen Dartsgemeinde?
       
       Im Sommer habe ich in einer Kolumne darüber geschrieben, [1][warum Darts in
       Berliner Kneipen keinen Spaß mehr macht.] Damals erzählte ich, wie uns ein
       Spieler eines rein deutschen Teams nach einem Spiel warnte, dass es
       „Probleme mit anderen Mannschaften geben könnte“, wenn wir unter uns auf
       Türkisch sprechen. Ich hatte das damals als versteckten diskriminierenden
       Kommentar, vermeintlich im Namen der anderen, interpretiert. Doch der Mann
       würde recht behalten.
       
       „Es reicht! Wir sind hier in Deutschland, hier wird Deutsch gesprochen!“
       Eine Spielerin der gegnerischen Mannschaft, die kurz vor der Niederlage
       stand, ballte die Faust und rief den Satz, als sich unsere Spieler*innen
       untereinander auf Türkisch unterhielten. Das Spiel wurde unterbrochen.
       
       Weder der Wirt noch die anderen Mitspieler erkennen das Problem: „Ach,
       komm, spiel weiter!“ Wir reichten eine Beschwerde bei der Liga-Organisation
       ein. Der Organisator versuchte zunächst, den Vorfall herunterzuspielen. Er
       sagte, die Frau sei immer so, wenn sie zu viel getrunken habe. Man werde
       keine Maßnahmen ergreifen.
       
       Unser Team wollte das nicht hinnehmen. Einer von uns schrieb später eine
       Google-Rezension über das Erlebnis und die Kneipe, die die Heimspiele
       dieses Teams ausrichtet. Daraufhin meldete sich der Organisator der Liga zu
       Wort: „Bin immer wieder gerne in der Dart Perle. Sehr nettes und
       aufgeschlossenes Personal. Gutes Ambiente zum Dartspielen. Sehr fairer
       Gastgeber bei unserem Freundschaftsspiel. Selten so gelacht wie an diesem
       Abend. Man sollte sowieso nicht die Emotionen überbewerten und mehr Spaß am
       Spiel haben.“
       
       ## „Unsere Dartgemeinschaft“
       
       Dabei blieb es nicht, einige Monate später ergänzte er seinen Kommentar:
       „Es wäre besser, die Sportart zu wechseln. In meiner Liga ist für Sie kein
       Platz mehr. […] Vollkommen überzogen und gut zu Ihren Gunsten
       ausgeschmückt. […] Wir möchten keine Spieler, die schlechte Verlierer sind
       und zwanghaft Unfrieden und Spaltung in unsere Dartgemeinschaft bringen
       wollen.“
       
       [2][Es ist wie bei Polizeigewalt.] An wen soll man sich wenden, wenn so
       etwas passiert? An die Polizei. Und die verklagt einen dann
       höchstwahrscheinlich. Einige Spieler der anderen Mannschaft schrieben die
       Ereignisse dieser Nacht um und stellten uns als die Schuldigen dar: als
       Unruhestifter und schlechte Verlierer. Das ist nicht verletzend.
       
       Was verletzend ist, sind die eigenen Leute, die schweigen. Die Freunde aus
       den anderen Teams, die zunächst empört darüber sind, dass so etwas passiert
       ist, dabei aber leicht genervt, weil sie nun Stellung beziehen müssen. Die
       versuchen, es herunterzuspielen – genau wie die anderen –, weil sie Darts
       aus Spaß spielen und wahrscheinlich mehr mit diesen Leuten gemeinsam haben
       als mit dir. Also schütteln sie wütend den Kopf in performativer Empörung,
       lästern über diese eine Frau. Doch sie wollen keine Petition
       unterschreiben, die die Liga zu Maßnahmen auffordert, weil sie insgeheim
       wahrscheinlich denken, dass wir tatsächlich übertreiben.
       
       Nicht nur in der Dartsliga, sondern auch in anderen Sportarten und im
       ganzen Land sind viele Menschen gegen Rassismus – allerdings vor allem in
       dem Sinne, dass sie selbst nicht als rassistisch gelten wollen. Solange das
       nicht der Fall ist und sie selbst nicht in Verruf geraten, sehen sie keinen
       Grund, sich einzumischen.
       
       [3][Im großartigen Film „The Brutalist“] aus dem Jahr 2024, der eine
       bestimmte migrantische Erfahrung einfängt, hört die Hauptfigur László Tóth
       diese Worte von Harry Van Buren in einem Moment grausamer Ehrlichkeit: „Wir
       tolerieren dich.“ Das sind Gefühle, die jede*r Migrant*in früher oder
       später erlebt, wenn er oder sie sich entscheidet, mit diesen Menschen in
       ihren eigenen Bereichen zu konkurrieren – etwa beim Darts.
       
       2 Dec 2025
       
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       ## AUTOREN
       
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