# taz.de -- Tod durch Tetra-Pak-Deckel: So gefährlich ist Plastikmüll für Meerestiere
       
       > Forscher sind überrascht, wie wenig Kunststoff tödlich für Meerestiere
       > sein kann. Ein Delfin stirbt, wenn er Plastik in Fußballgröße gefressen
       > hat.
       
 (IMG) Bild: Plastik im Meer ist tödlich, hier für einen Kormoran
       
       Sie leben 600 Kilometer vor Australiens Ostküste. Und dennoch füttern die
       Vögel auf der abgelegenen Lord-Howe-Insel ihre Küken vor allem mit
       Plastikteilen. [1][Forscher*innen] fanden in den Mägen sezierter Tiere
       Flaschenverschlüsse, Tetra Pak-Deckel, Besteck oder Wäscheklammern. Manche
       Seevögel hätten bei der Berührung geknackt, andere bezeichneten die
       Wissenschaftlicher*innen als „Ziegelvögel“, weil ihre Bäuche wie
       feste, kompakte Ziegel waren, durchsetzt mit Plastikteilen.
       
       Wie gefährlich der Verzehr auch schon von geringen Mengen des menschlichen
       Mülls für die Seelebewesen ist, zeigt eine neue Untersuchung der
       US-Umweltorganisation Ocean Conservacy, die in der [2][Fachzeitschrift
       Proceedings] [3][der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS) veröffentlicht]
       wurde.
       
       Die Forscher waren überrascht, wie wenig Plastik schon tödlich sein kann:
       Ein Delfin stirbt laut der Untersuchung in 90 Prozent der Fälle, wenn er
       weiches Plastik in der Größe eines Fußballs gefressen hat. Für
       Meeresschildkröten liegt die fast immer tödliche Menge bei einer Menge
       Plastik entsprechend zwei Baseball-Bällen. Ein Atlantikpapageientaucher mit
       einer Körpergröße von im Schnitt 30 Zentimetern stirbt schon häufig durch
       die Einnahme von drei Gummiteilchen, die kleiner als eine Erbse sind.
       
       Noch viel weniger Plastik ist nötig für eine
       Sterblichkeitswahrscheinlichkeit von 50 Prozent: Danach tötet der Verzehr
       von weniger als einem zuckerwürfelgroßen Plastikstück jeden zweiten
       Papageientaucher, weniger als ein halber Baseball Plastikmasse lässt jede
       zweite Schildkröte verenden, ein Plastikstück von der Größe eines Sechstel
       Fußballs tötet jeden zweiten Schweinswal. „Das ist beunruhigend, wenn man
       bedenkt, dass jede Minute mehr als eine Müllwagenladung Plastik in den
       Ozean gelangt“, sagte Hauptautorin Erin Murphy, Leiterin der
       Meeresplastikforschung bei Ocean Conservancy.
       
       ## Fast die Hälfte der Meeresschildkröten mit Plastik im Magen
       
       Für die Analyse wurden 10.000 verendete Seevögel, Meeresschildkröten,
       Robben, Seelöwen und Delfine untersucht, die weltweit gesammelt worden
       waren. Fast die Hälfte (47 Prozent) aller Meeresschildkröten, ein Drittel
       (35 Prozent) der Seevögel und 12 Prozent der Meeressäugetiere in der
       Datenbank hatten zum Zeitpunkt ihres Todes Plastik im Verdauungstrakt. 4,4
       Prozent aller Schildkröten, 1,6 Prozent der Vögel und 0,7 Prozent der
       Meeressäuger waren erkennbar durch Plastik gestorben.
       
       Die Forscher*innen fanden heraus, dass die Art des aufgenommenen
       Kunststoffs ausschlaggebend für das Überleben des jeweiligen Tieres ist:
       Gummi ist am gefährlichsten für Seevögel, weiche Kunststoffe und Netze
       stellen das größte Risiko für Meeressäuger dar, sowohl harte als auch
       weiche Kunststoffe bedrohen vor allem Schildkröten. Laut früheren
       Untersuchungen schlucken Vögel Plastikfragmente häufig wegen ihres Geruchs,
       Schildkröten verwechseln Plastiktüten häufig mit Quallen. Der Kunststoff
       verstopft oder verletzt den Magen-Darm-Trakt der Tiere.
       
       Wissenschaftler schätzen, dass jedes Jahr mehr als elf Millionen Tonnen
       Plastik in die Ozeane gelangen. Menschen haben die Weltmeere danach
       inzwischen mit mehr als 170 Billionen Plastikteilen gefüllt und so einen
       „Plastiksmog“ erzeugt, der sich etwa alle sechs Jahre verdoppelt. Erst
       Mitte August war die [4][Einigung auf ein globales Abkommen gegen
       Plastikmüll vorerst gescheitert]. Rund 180 Länder konnten sich nach drei
       Jahren Verhandlungen in Genf nicht auf einen Vertragstext einigen.
       
       Laut Bundesumweltministerium hat sich die Kunststoffproduktion seit den
       1970er Jahren bis 2020 auf 367 Millionen Tonnen im Jahr versiebenfacht,
       ohne Gegenmaßnahmen könnten es 2050 fast 600 Millionen Tonnen im Jahr sein.
       Einen großen Teil machen den Angaben zufolge [5][Einwegprodukte] aus,
       darunter Verpackungen.
       
       Insgesamt seien bislang 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoff produziert worden
       und davon 6,3 Milliarden Tonnen zu Abfall geworden, der großenteils auf
       Deponien landete. In Flüssen und Ozeanen haben sich laut den Schätzungen
       weltweit bislang 152 Millionen Tonnen Plastikabfälle angesammelt.
       
       18 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.merkur.de/wissen/voller-plastik-dass-sie-knacken-die-plastikkrise-beschleunigt-sich-voegel-sind-so-zr-93763958.html
 (DIR) [2] https://www.pnas.org/doi/abs/10.1073/pnas.2415492122?af=R
 (DIR) [3] https://www.pnas.org/doi/abs/10.1073/pnas.2415492122?af=R
 (DIR) [4] /Scheitern-der-Plastikkonferenz/!6103465
 (DIR) [5] /Der-Wahnsinn-mit-der-Plastikfolie/!6123368
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai Schöneberg
       
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