# taz.de -- Lagebericht des Verfassungsschutzes: Nazis im Staatsdienst besser vernetzt
       
       > Immer mehr Beschäftigte bei Polizei und Bundeswehr haben Verbindungen zum
       > Rechtsextremismus, zeigt der neue Bericht des Bundesamts für
       > Verfassungsschutz.
       
 (IMG) Bild: Ein bisschen Antifa könnte ihnen guttun: Polizeibeamt*innen bei Gegenprotest zu einer Nazidemo im Januar in Aachen
       
       Terrorverdächtiger, Querdenkeraktivist und Polizeihauptkommissar: Seit Mai
       vergangenen Jahres muss sich [1][der ehemalige Kriminalbeamte Michael
       Fritsch aus Hannover] vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main
       verantworten. Der Generalbundesanwalt wirft Fritsch vor, Mitglied einer
       terroristischen Vereinigung zu sein. Er soll zum Führungskreis der
       [2][Reichsbürger-Gruppe Prinz Reuß] gehören, die einen Putsch am „Tag X“
       vorbereiteten.
       
       Damit ist Fritsch in guter Gesellschaft: Von den über 60 Beschuldigten
       sollen mehr als 20 Verdächtige Polizei- und Bundeswehrerfahrung haben.
       
       Jetzt zeigt ein [3][neuer Lagebericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz
       (BfV) zu „Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden“], wie umfassend das
       Phänomen ist: Sie werden mehr und sind besser vernetzt. Die Ergebnisse sind
       alarmierend – auch für den Norden.
       
       In dem Bericht erfasst das BfV „Beschäftigte der Sicherheitsbehörden vom
       Bund und den Ländern mit Bezügen zum Rechtsextremismus“ sowie zu
       „Verbindungen zu ‚Reichsbürger‘- und ‚Selbstverwalter‘-Szene“ und zur
       „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“. Vor fünf Jahren,
       2020, wurden erstmals solche Fälle in Polizei- und
       Verfassungsschutzbehörden auf Bundes- und Landesebene, in
       Bundesnachrichtendienst, Zollverwaltung sowie Bundeswehr „dokumentiert und
       statistisch ausgewertet“.
       
       ## Nicht alle Fälle werden erfasst
       
       Der aktuelle Bericht aus dem November dieses Jahres registrierte für den
       Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2024 411 Beschäftigte, die
       „tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht“ lieferten,
       „verfassungsfeindliche Bestrebungen“ zu verfolgen. Das sind fast 50 Fälle
       mehr als zuvor erfasst.
       
       [4][Im Norden führt Mecklenburg-Vorpommern] mit 16 Fällen die
       Landesstatistik an, gefolgt von Schleswig-Holstein mit 11 Fällen, Hamburg
       mit 10 und Niedersachsen mit einem Fall. In Bremen fielen „keine Verdachts-
       und erwiesenen Fälle“ auf. Der Stadtstaat Bremen ist das einzige
       Bundesland, in dem die Vorfälle zurückgingen. Mecklenburg-Vorpommern liegt
       im Verhältnis zur Beschäftigungszahl von 6.100 Mitarbeitenden mit 0,26
       Prozent auf Platz zwei der Bundesstatistik.
       
       Dass alle Vorfälle in der Statistik erfasst werden, darf bezweifelt werden.
       [5][Das berufliche Umfeld könnte zu oft schweigen], deutete Professor
       Rafael Behr schon mehrfach an, der bis 2024 an der Akademie der Polizei
       Hamburg lehrte.
       
       Deutlich wird in der neuen Statistik jedenfalls ein Gender-Unterschied: Die
       potenziell verfassungsfeindlichen „männlichen Beschäftigten“ liegen mit
       92,5 und 92,4 Prozent weit vor den „weiblichen Beschäftigten“ mit 7,5 und
       7,6 Prozent. Der hohe männliche Anteil liege allerdings an der
       Personalstruktur, führt das BfV aus. Das mittlere Alter der Auffälligen ist
       „47,4 Jahre“.
       
       ## Mehr Kontakte zu Rechtsextremist*innen
       
       Fast 700 Aktivitäten wurden für den Bericht erfasst. Alleine 123
       Beschäftigte waren aktive und/oder passive Mitglieder in auffälligen
       Chatgruppen und 109 Beschäftige hatten Kontakt, waren Mitglieder und/oder
       unterstützten „extremistische“ Gruppen.
       
       Der Kontakt zu Netzwerkerakteur*innen ist gestiegen, das BfV geht von
       1.046 Verbindungen aus. Das Gleiche gilt für den Kontakt zwischen
       Beschäftigten der staatlichen „Sicherheitsbehörden“ zu Personen. Er wuchs
       von 425 auf 533 Personen an. Die meisten Beziehungen bestehen mit 84,8
       Prozent zum Rechtsextremismus – zu Parteien und zur „Musik-, [6][Hooligan-
       oder Kampfsportszene]“. In weitem Abstand dazu bestehen zudem Kontakte zu
       den Delegitimierer*innen des Staates (9,4 Prozent) und zu den
       Reichsbewegten (5,8 Prozent).
       
       Den Zuwachs der Zahlen erklärt das BfV unter anderem mit einer gestiegenen
       Sensibilität. Das Amt räumt aber auch ein, dass „Beschäftigte, die einen
       Eid darauf abgelegt haben, die freiheitliche demokratische Grundordnung
       aktiv zu verteidigen, gegen diese aktiv-kämpferisch agitieren“, weil „die
       geopolitischen Ereignisse und wirtschaftlichen Herausforderungen der
       letzten Jahre, die in der Gesamtgesellschaft Unsicherheiten und Ängste
       bewirkt haben“, ebenso „bei Beschäftigten in den Sicherheitsbehörden
       Verunsicherungen auslösen“. Diese Erklärung hinterfragt allerdings nicht,
       inwieweit Strukturen und der Corpsgeist in Polizei, Bundeswehr und anderen
       staatlichen Behörden rechte Einstellungen begünstigen.
       
       18 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Aus-dem-Dienst-geklagt/!5847390
 (DIR) [2] /Podcast-ueber-Gruppe-Reuss/!6112514
 (DIR) [3] https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/rechtsextremismus/2025-11-lagebericht-rechtsextremisten-in-sicherheitsbehoerden.html
 (DIR) [4] /Neonazi-Strukturen-um-Grevesmuehlen/!6018606
 (DIR) [5] /Vorwuerfe-gegen-Bremer-Polizei/!5825453
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
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