# taz.de -- Reise nach Russland: AfD-Abgeordnete scherten sich nicht um Weidels Vorgaben
       
       > Drei AfD-Politiker sollten sich bei ihrer Sotschi-Reise laut Parteichefin
       > an „klare Rahmenvorgaben“ halten. Die waren ihnen aber offenbar herzlich
       > egal.
       
 (IMG) Bild: Hat ihre Abgeordneten nicht im Griff: Alice Weidel (AfD)
       
       Alice Weidel hatte vor nicht mal einer Woche noch ihren Parteifreunden
       gedroht: kein Treffen mit dem russischen Hardliner Dimitri Medwedew, keine
       Fotos mit russischen Politikern, keine Interviews mit russischen Medien.
       Sie sprach von „ganz klaren Rahmenvorgaben“ und drohte auf der
       Fraktionsebene des Bundestags mit [1][Konsequenzen bis zum
       Parteiausschluss].
       
       Es war ungewöhnlich deutliche Kritik und das ganz öffentlich: Weidel könne
       nicht verstehen, was man bei der russischen „Konferenz“ in Sotschi
       eigentlich soll. Trotz des Namens „Brics Europe“ handelt es sich um kein
       offizielles Treffen der [2][Brics-Staaten], sondern wird von Russland vor
       allem [3][zu Vernetzung und Propaganda-Zwecken] abgehalten.
       
       Weidel hatte kritisiert, die AfD-Vertreter würden kein relevantes Gewicht
       in Friedensverhandlungen haben – „darum muss man auch nicht in einen
       Ski-Ort fahren – man kann auch gerne zuhause bleiben und hier
       parlamentarische Arbeit machen“. Schließlich sei die AfD nicht mal in der
       Regierung und habe deswegen auch keinen Hebel für zwischenstaatliche
       Verhandlungen.
       
       Es waren klare Ansagen, die der sächsische AfD-Landeschef Jörg Urban
       eiskalt ignorierte. Er fuhr trotzdem hin – gemeinsam mit dem
       Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré, dem auch innerparteilich schon häufig
       [4][Putin-Propaganda vorgeworfen wurde], und dem EU-Abgeordneten Hans
       Neuhoff, der innerhalb der extrem rechten Partei auch [5][für seine
       prorussische Personalauswahl berüchtigt] ist.
       
       ## Posieren für russische Propaganda
       
       Alle drei posierten für einen gemeinsamen Social-Media-Post und gaben
       Interviews, als wären sie in diplomatischer Mission unterwegs – sowohl
       russischen Medien (Kotré) als auch dem extrem rechten deutschen Magazin
       Compact (Urban und Neuhoff), das ebenfalls dorthin reiste und nicht erst
       seit dem Verkauf von silbernen Putin-Talern als russisches Propaganda-Organ
       gelten kann. Neuhoff traf den Vorsitzenden des Außenausschusses des
       russischen Parlaments, Leonid Slutsky, wie er am Rande des Treffens sagte,
       und Urban hielt eine Rede, in der er die Sanktionen infrage stellte. Kotré
       gab [6][in russischen Medien] seine üblichen propagandistischen Stanzen zum
       Besten.
       
       Das könnte ein Nachspiel haben: Aus dem Arbeitskreis Außen war danach zu
       hören, dass die Auftritte in russischen Medien sicher Diskussionen im
       Fraktionsvorstand nach sich ziehen werden, wie ein Mitglied der taz sagte.
       Man hatte den Reisenden geraten „Low Profile“ zu halten, keine
       Social-Media-Posts abzusetzen, Statements oder Interviews zu unterlassen.
       
       Ein Abgeordneter aus dem Ausschuss lässt sich anonym zitieren: „Das war
       völlig unnötig. Ich verstehe nicht, was man davon haben soll. Man erreicht
       nichts, außer dass man von der russischen Seite genutzt wird, um Sanktionen
       herunterzuspielen und Kontakte zur deutschen Politik vorzutäuschen.“ Er
       könne sich vorstellen, dass die Reise nun wiederum Sanktionen für die
       AfD-Politiker nach sich ziehen könnte – weil Weidel die Reisen sehr
       kritisch sehe.
       
       Das jedoch bleibt abzuwarten: Auf taz-Anfrage an die Partei- und
       Fraktionschefin, welche Konsequenzen aus den Verstößen gegen die von Weidel
       beschworenen „sehr genauen Rahmenbedingungen“ nun gezogen würden, hieß es
       von ihrem Sprecher nur: „Die Reisen werden nach Rückkehr und erfolgtem
       Reisebericht von der Fraktion ausgewertet.“ Die Russlandreisenden selbst
       haben sich auf taz-Anfrage bislang nicht geäußert.
       
       ## Co-Chef Chrupalla nahm Russlandfahrer in Schutz
       
       Stefan Keuter, ebenfalls aus dem Arbeitskreis Außen, sah keinen Anlass für
       eine kritische Aufarbeitung. Der Abgeordnete sagte der taz trotz der
       Auftritte in russischen Medien: „Die Reise war gut und sinnvoll und ist
       ‚unfallfrei‘ verlaufen.“ Er hatte Kotré um eine Selbstverpflichtung
       gebeten, die dieser vor seiner Abreise abgegeben habe – er habe sich dann
       an den vereinbarten Spielraum gehalten. Keuters Einschätzung ist keine
       Überraschung: Er ist selbst mehrfach nach Russland gereist – unter anderem
       unterstützte er das autoritäre Regime als Pseudo-Wahlbeobachter.
       
       Spannend dürfte werden, welche Linie sich mit Blick auf Russlandreisen nun
       durchsetzt. Entgegen Weidels Kritik hatte Co-Parteichef Chrupalla vor der
       Reise die Russlandfahrer in Schutz genommen: „Die Kollegen, die dort
       hinfahren, haben ihre Reise ordnungsgemäß angemeldet.“ Sie sei genehmigt
       worden.
       
       Nach der Reise äußerte sich Chrupalla auf taz-Anfrage bislang nicht. Auch
       er steht nach einem trotzigen Auftritt bei Lanz („Putin hat mir nichts
       getan“) innerparteilich in der Kritik wegen seiner „unpatriotischen“
       Putin-Nähe trotz Sabotageakten und militärischen Drohgebärden Russlands
       gegenüber Deutschland.
       
       17 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /AfD-streitet-ueber-Russland/!6129521
 (DIR) [2] /Putins-Brics-Gipfel-in-Kasan/!6041462
 (DIR) [3] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/reisen-ins-russische-sotschi-so-spannt-der-kreml-die-afd-fuer-seine-propaganda-ein-a-555cd657-0d9e-4f5f-9a3f-f782aecbc6d8
 (DIR) [4] /Streit-um-Russlandpolitik/!5848132
 (DIR) [5] https://correctiv.org/aktuelles/russland-ukraine-2/2025/11/08/sergej-erler-eu-parlament/
 (DIR) [6] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_101002062/skandalreise-afd-politiker-posieren-in-sotschi-fuer-kreml-propaganda.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
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