# taz.de -- Fantasy-Comic „Quest“: Auf der Suche nach dem Biest
> Wo ist der Wolpertinger? „Quest“ ist die originelle Neudeutung der
> Arthus-Sage – und eine schlichtweg zauberhafte Graphic Novel.
(IMG) Bild: Pelli lebt im Nordfrankreich der Gegenwart und sieht sich der Familientradition verpflichtet, Prolog aus „Quest“
Familientraditionen können etwas Schönes sein. Oft machen sie es den
Nachgeborenen aber auch nicht einfach. So ergeht es jedenfalls Pellinor,
kurz Pelli genannt. Seit Generationen haben sich seine Vorfahren auf eine
„Quest“ gemacht: auf die Suche nach dem legendären „Biest“, einer Art
riesigem Wolpertinger, der den Kopf und den Hals einer Schlange, den Rumpf
eines Leoparden und die Beine eines Rehs besitzt.
In nicht weniger als 1.000 Jahren ist es noch keinem der Ritter je
gelungen, des „Biests“ habhaft zu werden. Woraus sich für Pelli allerdings
die Verpflichtung ergibt, es nun erst recht zu versuchen, ob er darauf
besonders Lust hat oder nicht.
Steigt der junge Mann, der nach Beendigung der Schule nicht so recht weiß,
was er mit seinem Leben anfangen soll, also in eine schimmernde Rüstung und
auf ein edles Ross? Nein, denn Pelli lebt weder im Mittelalter noch in
einer fantastischen Parallelwelt, sondern im Nordfrankreich der Gegenwart.
## Das magische Schwert
Um zu Beginn seiner „Quest“ von Nimue, der Dame im See, ein magisches
Schwert zu erhalten, reist er mit dem Bus an. Der See, am Rande eines
Industriegebiets gelegen, stellt sich als zugemüllter Teich heraus, an
dessen Rand die Fee in einem schäbigen Zelt haust. Ihre magischen Kräfte
hat sie weitgehend verloren, und in ihrem Aussehen erinnert sie halb an
eine Cosplayerin, halb an ein etwas verhuschtes Hippie-Girl.
Ihres Aufenthaltsorts seit Langem überdrüssig, besteht sie darauf, Pelli in
seinem Abenteuer zu begleiten. Auf einer roten Vespa düsen die beiden durch
die sommerlichen Lande, verfolgt zunächst von einem weiteren Ritter, der
sich unbedingt in den Besitz von Pellinors Schwert bringen will, bald aber
auch von Morgan, der bösen Fee aus dem Camelot-Mythos. Sie ist nicht nur zu
einer skrupellosen Bauunternehmerin geworden, sondern will in unstillbarer
Trauer um ihren von Arthus getöteten Sohn Mordred für immer alle Magie aus
der Welt verbannen.
Wie T. H Whites mehrteiliger Roman „The Once and Future King“ (1938–1958)
und der von Brian Bolland gezeichnete SF-Comic „Camelot 3000“ (1982) ist
„Quest“ eine originelle Neudeutung der Arthussage, allerdings unter
humoristischen Vorzeichen. Die Komik ergibt sich sowohl aus Pellis
zumindest anfänglicher Überforderung als auch aus den Reaktionen Nimues auf
die ihr bislang unbekannte moderne Welt. So begeistert sie sich schnell für
Pommes, Pizza und Croissants, weiß aber nicht, dass sie die
Vintageklamotten, die sie in einem Laden für sich entdeckt hat, auch
bezahlen muss.
Ernste Untertöne lässt der Szenarist Frédéric Maupomé [1][vor allem in
ökologischer Hinsicht] anklingen: Ein Teil des zweiten Bands spielt in
einem Protestcamp, das sich gegen den Autobahnbau richtet, der von Morgans
Firma betrieben wird.
## Grün als Leitfarbe
So ist es sicherlich kein Zufall, dass in den Bildern Wauter Mannaerts das
Grün eine Leitfarbe bildet. Seine Panels gestaltet der Zeichner recht
ungewöhnlich. Ihre unregelmäßige Form erinnert an Glasscherben. Manchmal
sprengen die Zeichnungen auch den Panelrand. Auf Doppelseiten, die
actionreiche Momente zeigen, fehlen die Ränder ganz. „Quest“ ist ein
schlichtweg zauberhafter Fantasy-Comic. Mit dem dritten Band, der noch
nicht vorliegt, wird er dann abgeschlossen sein.
Der Verlag empfiehlt die [2][Lektüre Kindern ab acht Jahren]. Das ist früh
angesetzt. Aber zu den Vorzügen von „Quest“ zählt, dass man sich von der
Handlung fesseln und amüsieren lassen kann, ohne all ihre Bezüge zu kennen.
Erwachsene, denen sie vertraut sind, haben ein doppeltes Vergnügen.
3 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Spuren-der-Menschheit-in-Graphic-Novels/!6076103
(DIR) [2] /Kinderbuch-von-Philip-Waechter/!6118609
## AUTOREN
(DIR) Christoph Haas
## TAGS
(DIR) Graphic Novel
(DIR) Comic
(DIR) Fantasy
(DIR) Märchen
(DIR) Kinder- und Jugendbücher
(DIR) Literatur
(DIR) Rezension
(DIR) wochentaz
(DIR) wochentaz
(DIR) Literatur
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Graphic Novels zu NS und Franco-Regime: Totengräber versus Mitläufer
Comics können herausragend und differenziert von Geschichte erzählen. Das
zeigen die neuen Bücher von Paco Roca, Rodrigo Terrasa, Isabel Kreitz und
Jason Lutes.
(DIR) Kinderbuch-Neuerscheinungen: Einstürzende Saurier und Zahnspangen für Vampire
Folgenschwere Missgeschicke, ein Vampir-Mädchen, das nicht auffallen
möchte, und riskante Mutproben unter Freunden sind die Themen neuer
Kinderbücher.
(DIR) Taiyō Matsumoto und Ville Ranta: Überraschende Sichtweisen in neuen Graphic Novels
Auf Erfolg droht Absturz und Burnout. Aktuelle finnische und japanische
Graphic Novels bieten humorvolle Einblicke in den Comic- und Mangabetrieb.