# taz.de -- Bürgerräte im Bundestag: Guter Rat nicht erwünscht
       
       > Die Union findet Bürgerräte überflüssig bis gefährlich. Dabei stärkt das
       > die Politik beratende Gremium die Mitte und die Demokratie.
       
 (IMG) Bild: Aufgelöst: Mitglieder des Bürgerrats „Ernährung im Wandel“ mit Bärbel Bas (SPD, M), Präsidentin des Deutschen Bundestages, am 14.1.2024
       
       Anscheinend möchte die Union nicht, dass sich die demokratischen Verfahren
       behutsam erneuern. So sorgten vor allem die Christdemokraten dafür, dass
       die für Bürgerräte zuständige Stelle in der Bundestagsverwaltung aufgelöst
       wurde und der entsprechende Haushaltstitel verschwand.
       
       Auf den ersten Blick mögen Bürgerräte merkwürdig erscheinen, denn die
       Mitglieder werden per Losverfahren bestimmt. Doch gerade dadurch werden
       antagonistische Meinungen nicht weiter auseinandergetrieben, sondern eher
       zusammengeführt. Oft stehen am Ende unaufgeregte, [1][sinnvolle und
       konstruktive Vorschläge] zur Lösung politischer Probleme. Das erste
       offizielle Experiment beim Bundestag vor zwei Jahren, der Bürgerrat
       „[2][Ernährung im Wandel]“, brachte sein Ergebnis mit breiter Mehrheit
       zustande.
       
       Das Verfahren stärkt die Mitte. Es schwächt die repräsentative Demokratie
       nicht, sondern kann das Gegenteil erreichen – auch wenn die Politik den
       Gremien bisher [3][nur beratenden Charakter] zubilligt. Wobei eine
       Weiterentwicklung hin zu einer gewissen Art von Verbindlichkeit der
       Ergebnisse sinnvoll erscheint. Sonst fragen sich die Teilnehmenden, warum
       sie Zeit und Kraft investieren.
       
       Die zeitgenössische Union betrachtet solche Innovationen und Entwicklungen
       jedoch als gefährlich, die Hartrechten wie die AfD sowieso. Dabei bleibt
       eine Gesellschaft nur lebenswert, wenn sich aus Nischen heraus neue
       gesellschaftliche und politische Bedürfnisse artikulieren und sie
       schließlich breiteren Einfluss gewinnen können. Zum Beispiel: neues
       Arbeitsrecht (Lieferkettengesetze), neue Formen von Mobilität (ohne Erdöl),
       neue Geschlechterverhältnisse (Regenbogenfamilien), neue Ausdrucksweisen
       (Gendern), neue Ernährung (mal keine Wurst).
       
       Konservative und Rechte mögen so etwas nicht. Sie verhindern Fortschritt.
       Und befürworten Rückschritt. Wobei diese Einschätzung – das muss man
       einräumen – davon abhängt, was unter Fortschritt zu verstehen ist.
       
       26 Nov 2025
       
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