# taz.de -- Siedlungsausbau in Hebron: Eine Synagoge über dem alten Gemüsemarkt
       
       > Die Stadt Hebron im Westjordanland zeigt den Nahostkonflikt im Kleinen:
       > In der geteilten Stadt wird die israelische Kontrolle weiter ausgebaut.
       
 (IMG) Bild: Auf dem alten Markt auf der palästinensischen Seite von Hebron im besetzten Westjordanland: israelische Soldaten, am 27. September 2025
       
       Zwei neue Gebäude sollen auf dem ehemaligen Gemüsemarkt in der Stadt
       Hebron, im Arabischen Khalil genannt, im Westjordanland entstehen. Der
       liegt schon länger recht brach. Wer dort entlangläuft, befindet sich teils
       zwischen halbverfallenen Gebäuden, schweren Absperrungen aus Metall und
       herumliegendem Müll.
       
       Dem Ort wieder Leben einzuhauchen, könnte theoretisch etwas Gutes sein –
       doch [1][wie meist im Westjordanland ist die Lage komplex]: Hebron liegt im
       Süden des Gebiets, eine Stadt mit über 200.000 Einwohner*innen. Seit der
       Besatzung des Westjordanlands durch Israel im Jahr 1967 ist sie stark vom
       Nahostkonflikt geprägt.
       
       Anders als in anderen palästinensischen Städte im Westjordanland ist die
       Kontrolle über die Stadt geteilt: Ein Teil ihres Areals steht unter
       palästinensischer Hoheit, das sogenannte H1-Gebiet. Und ein kleinerer Teil
       steht unter israelischer Militärkontrolle, das Gebiet H2. Die große
       Mehrheit der Bewohner*innen von Hebron ist Palästinenser, die
       allermeisten leben im Gebiet H1. Zwischen den beiden Gebieten verläuft eine
       Sperranlage, es gibt nur wenige Übergänge.
       
       Doch auch im Gebiet H2 – das die ehemalige Altstadt und den alten Markt
       Hebrons umfasst – leben Palästinenser*innen. Und einige Hundert israelische
       Siedler*innen.
       
       ## Die Gebäude sind Teil des Siedlungsausbaus
       
       Die Gebäude, die nun auf dem ehemaligen Markt entstehen sollen, wurden von
       der israelischen Zivilverwaltung genehmigt. Sie sollen 63 neue
       Wohneinheiten beinhalten, ein dritter, dreistöckiger Bau daneben unter
       anderem eine Synagoge. 12.500 Quadratmeter groß soll das Areal werden – ein
       massiver Ausbau der israelischen Besiedelung in der Stadt.
       
       Auf ihrem Facebook-Profil beklagt die Verwaltung von Hebron, der Plan sei
       eine Verletzung ihrer Hoheit über das Gebiet sowie des humanitären
       Völkerrechts. Und kündigte juriistschen Widerstand an.
       
       [2][Die Koexistenz zwischen den beiden Bevölkerungen in Hebron ist enorm
       schwierig] und hat in den Jahren zu Gewalt auf beiden Seiten geführt. Erst
       am Montag hatte ein israelischer Siedler einen palästinensischen Mann am
       nördlichen Eingang der Stadt erschossen. Nach Angaben der israelischen
       Polizei soll der Palästinenser zuvor wohl versucht haben, das Auto des
       Israelis zu stehlen.
       
       Durch die Teilung der Stadt gibt es fast 100 physische Hindernisse, die H1
       von H2 trennen. Sie erschweren den Alltag der palästinensischen
       Bevölkerung: Kinder müssen auf dem Weg zur Schule teilweise täglich
       Checkpoints mit israelischen Soldat*innen passieren. Und immer mal
       wieder schließt das israelische Militär Straßen und Geschäfte, um
       Siedler*innen das Beten an heiligen Stätten oder Märsche durch die Stadt
       zu gestatten.
       
       In Hebron liegt das Grab des Patriarchen Abraham, der von Jüd*innen, aber
       auch von Christ*innen und als Ibrahim auch von Muslim*innen verehrt
       wird. Auf dem Gelände befinden sich die Ibrahimi-Moschee und eine Synagoge.
       
       ## Immer mehr Siedler*innen im Westjordanland
       
       Israelische Siedlungen im Westjordanland sind unter internationalem Recht
       illegal. Dennoch treibt die aktuelle israelische Regierung den Bau von
       Wohneinheiten für israelische Staatsbürger*innen dort mit voller Kraft
       voran. Allein zwischen Juni und September 2025 haben die israelischen
       Behörden nach Angaben der Vereinten Nationen fast 21.000 neue Wohneinheiten
       genehmigt oder vorangebracht. Diese Zahl schließt Ostjerusalem mit ein.
       Gleichzeitig sind 455 palästinensische Häuser abgerissen worden.
       
       Derzeit leben eine halbe Million Siedler*innen im Westjordanland.
       Finanzminister und Siedler Bezalel Smotrich hatte 2023 eine neue Behörde
       ins Leben gerufen, die Siedlungsverwaltung in Judäa und Samaria, die für
       zivile Angelegenheiten der Siedler*innen zuständig sein soll. Ein
       Schritt, den Nichtregierungsorganisationen als eine Art „stille Annexion“
       sehen.
       
       Im Juli hatten die israelischen Behörden laut Medienberichten der
       palästinensischen Verwaltung die Kontrolle über die Ibrahimi-Moschee in
       Hebron entzogen und einem israelischen religiösen Rat übertragen. [3][Nach
       israelischen Angaben ist der Zweck dafür benötigte Bauarbeiten an der
       Grabstätte.]
       
       Und im September hatte das israelische Militär den Bürgermeister von
       Hebron, [4][Taysir Abu Sneineh], wegen Verdachts der Unterstützung von
       Terrororganisationen verhaftet. Kritiker*innen sehen in beiden Aktionen
       den Versuch, die israelische Kontrolle über die Stadt zu verfestigen.
       
       Mitarbeit: Lisa Schneider
       
       5 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Sigmar-Gabriel-ueber-Hebron/!5098222
 (DIR) [2] /Juedisch-palaestinensischer-Protest/!6089834
 (DIR) [3] https://www.timesofisrael.com/israel-to-take-administrative-control-over-tomb-of-patriarchs-for-construction-work/
 (DIR) [4] https://www.spiegel.de/ausland/westjordanland-israelische-soldaten-nehmen-buergermeister-in-hebron-fest-a-47b92601-8079-49e5-86e3-df071a007e4c
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Serena Bilanceri
       
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