# taz.de -- Dschihadistische Terrorgruppe JNIM: Treibstoffblockade legt weiter Malis Hauptstadt lahm
       
       > JNIM setzt gegen die Militärjunta in Mali auf ökonomische Kriegsführung.
       > Die putschte sich einst mit dem Versprechen der Sicherheit an die Macht.
       
 (IMG) Bild: Warten auf Benzin: Seit einer Blockade der Tankwagenrouten leidet Bamako unter Treibstoffknappheit, 31. Oktober 2025
       
       Kilometerlange Schlangen vor Tankstellen, geschlossene Schulen und
       Universitäten und ein öffentlicher Transport, der fast vollständig zum
       Erliegen gekommen ist: Seit Anfang September leidet Mali unter einer
       Treibstoffblockade der [1][dschihadistischen Terrorgruppe JNIM (Jama'at
       Nusrat al-Islam wa-l-Muslimin)].
       
       Durch Angriffe auf Konvois von Tanklastwagen, die das Land aus Senegal,
       Guinea, der Elfenbeinküste und Mauretanien heraus versorgen, hat die mit
       Al-Qaida verbundene Terrorgruppe Malis Hauptstadt Bamako mittlerweile fast
       vollständig lahmgelegt. Als es vergangenen Mittwoch mehrere Dutzend
       Tanklastwagen durch die Blockade schafften und mit Boden- und Lufteskorte
       in der Hauptstadt eintrafen, wurde das sogar im nationalen Fernsehen
       berichtet.
       
       Doch die Erleichterung währte nur kurz. Vor den Tankstellen blieben die
       Schlangen weiterhin kilometerlang. Und es gab Gerüchte, dass einige der
       Lastwagen leer angekommen waren.
       
       Der Hintergrund der Blockade: Im Morgengrauen des 1. Julis hatte die
       Terrorgruppe JNIM einen koordinierten Angriff auf sieben Ortschaften und
       Städte entlang der Grenze zu Senegal verübt. Das erregte über Mali hinaus
       Aufmerksamkeit, denn die Region war zuvor nicht im Zentrum
       dschihadistischer Gewalt gewesen.
       
       ## Gegenangriffe und Lynchmorde
       
       In den darauffolgenden Tagen kam es einerseits zu Gegenangriffen durch das
       malische Militär – aber auch zu Lynchmorden an mutmaßlichen Kämpfern, die
       von aufgebrachten Anwohnern getötet wurden. „Ob es sich bei den Opfern um
       Zivilisten handelte, die zufällig in der Nähe waren, oder um versprengte
       Mitglieder von JNIM, ist unklar. Fest steht, dass mehrere Personen
       verfolgt, verhaftet, misshandelt und teils zu Tode gelyncht wurden“, sagt
       [2][Heni Nsaibia vom Armed Conflict Location and Event Data Project
       (ACLED)]. Die Organisation wertet weltweit Daten zu politischer Gewalt,
       bewaffneten Konflikten und Protesten aus.
       
       Als Reaktion darauf verhängte JNIM am 3. September eine Blockade über die
       Städte Kayes und Nioro du Sahel, in denen sich die Vorfälle ereignet
       hatten. „Die Blockade erwies sich als so effektiv, dass JNIM sie auf ganz
       Süd- und Westmali ausgeweitet hat“, erklärt Sahel-Experte Nsaibia. Außerdem
       führte die Gruppe koordinierte Angriffe in mehreren Regionen Malis durch –
       einige davon nur rund 50 bis 60 Kilometer von der Hauptstadt Bamako
       entfernt.
       
       Seither liefere sich die Terrorgruppe ein Katz-und-Maus-Spiel mit [3][der
       Militärjunta], sagt Nsaibia. Wochenlang behauptete das Regime, alles sei in
       Ordnung. Und beschuldigte lieber Händler einer künstlichen Verknappung von
       Reserven, kritisierte die Bevölkerung für Disziplinlosigkeit und
       Aggressivität in den langen Schlangen vor den Tankstellen und appellierte
       an die Solidarität.
       
       Spätestens aber mit der Ankündigung von Bildungsminister Amadou Sy Savane
       am vergangenen Montag, dass der Unterricht an allen Schulen und Hochschulen
       für zwei Wochen ausgesetzt sei, da der Transport des Schulpersonals
       beeinträchtigt sei, wurde deutlich: Die Regierung hat die Lage längst nicht
       mehr unter Kontrolle. Inzwischen haben neben Deutschland und den USA mehr
       als ein Dutzend weitere Botschaften ihren Staatsangehörigen geraten, das
       Land zu verlassen.
       
       ## Dialog oder Krieg?
       
       Bislang hatte sich die Regierung unter [4][Assimi Goita] geweigert, mit
       Terroristen zu verhandeln. Angesichts der sich zuspitzenden Lage werden die
       Forderungen nach Dialog jedoch immer lauter – vor allem von
       Kommunalpolitikerinnen und -politikern in den besonders betroffenen
       Regionen.
       
       JNIM verfolge das Ziel, die Regierung zu destabilisieren, sagt Nsaibia. Die
       Blockade sei Teil einer ökonomischen Kriegsführung, die bewusst das
       Verhältnis zwischen Staat und Bevölkerung untergraben solle. Einen direkten
       Großangriff auf Bamako hält er aber für unwahrscheinlich. Die Strategie der
       Gruppe bestehe vielmehr darin, das Land langsam „ausbluten“ zu lassen – um
       so die Militärjunta in Bamako von innen heraus zu schwächen.
       
       Die Junta wiederum reagiert regelmäßig mit Meldungen, Putschversuche
       vereitelt zu haben. Und sie geht hart gegen jegliche Form der Kritik vor.
       Auf sozialen Medien prahlt JNIM derweil offen mit prall gefüllten
       Treibstoffreserven – ein gezielter Affront angesichts der akuten Knappheit
       in der Hauptstadt.
       
       ## Unsicherheit dominiert zunehmend den Alltag
       
       Die Bevölkerung dagegen treibt die Situation zunehmend zur Verzweiflung.
       Kein Benzin, steigende Preise, wachsende Armut, anhaltende Stromausfälle
       und zunehmende Unsicherheit dominieren den Alltag. Das Regime in Bamako
       hatte sich [5][im August 2020 mit dem Versprechen an die Macht geputscht],
       die Sicherheitslage verbessern und das Land von der Einflussnahme des
       Westens befreien zu wollen. [6][Der Rausschmiss der französischen Truppen],
       Symbol der jahrzehntelangen internationalen Präsenz, galt als Triumph
       dieser neuen Souveränität.
       
       Der Krieg gegen dschihadistische Gruppen, die Aufrüstung der Armee, aber
       auch die kostspielige Allianz mit der russischen Söldnergruppe Afrikakorps,
       und zuvor Wagner, gepaart mit einer schlechten Verwaltung, haben die
       Staatskassen geleert. Die Strategie der Dschihadisten, mit einer
       Treibstoffblockade die eh schon angeschlagene Wirtschaft zu attackieren,
       ist daher umso effektiver.
       
       3 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Konflikt-zwischen-Regierung-und-Rebellen/!6094984
 (DIR) [2] https://acleddata.com/staff/heni-nsaibia
 (DIR) [3] /Verbot-politischer-Betaetigung-in-Mali/!6086742
 (DIR) [4] /Anfuehrer-der-Militaerjunta-in-Mali/!5708407
 (DIR) [5] /Verhaftungswelle-in-Mali/!6102934
 (DIR) [6] /Frankreichs-Militaereinsatz-in-Mali/!5847671
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Helena Kreiensiek
       
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