# taz.de -- Arbeitszeiten im Krankenhaus: Halb auf Autopilot
       
       > 24-Stunden-Dienste sind in vielen Branchen verboten – in Krankenhäusern
       > nicht. So behandeln oft müde Ärzt*innen Patient*innen. Warum ist das
       > erlaubt?
       
 (IMG) Bild: Die Notaufnahme im Krankenhaus ist für echte Notfälle gedacht
       
       Wenn Assistenzarzt Jan Schmitz im Krankenhaus einen 24-Stunden-Dienst
       macht, dann macht er einen normalen Tagdienst und kann sich danach in den
       Nachtstunden in ein kleines Zimmer zurückziehen. Zumindest dann, wenn in
       der Notfallambulanz keine Kinder mehr auf ihn warten. Das ist meist gegen
       ein oder zwei Uhr nachts der Fall.
       
       Doch wenn sein Telefon klingelt, springt er auf und läuft los. Wenn sich
       der Zustand eines Kindes auf der Station verschlechtert. Oder ein Baby mit
       Fieber, ein Kind mit Bauchschmerzen oder Jugendliche nach einem
       Suizidversuch in die Notfallambulanz gebracht werden. „Ich werde auch zu
       allen Kaiserschnitten und komplizierten Geburten in den Kreißsaal gerufen,
       um die Neugeborenen zu untersuchen“, sagt er in einem Videocall mit der taz
       nach einer 24-Stunden-Schicht. Dazu betreut er die Wochenbett- und
       Neugeborenenstation.
       
       Schmitz ist in der Nacht der einzige anwesende Arzt in seinem Fachbereich –
       deswegen ist das auch so eine Sache mit dem Schlaf. Passieren mehrere
       Notfälle gleichzeitig, muss er meist selbst entscheiden, ob er eine
       Oberärztin in Rufbereitschaft zu Hause aus dem Bett klingeln will. Die
       braucht dann aber noch 20 Minuten, um in die Klinik zu kommen.
       
       Schmitz arbeitet in einem privaten Klinikkonzern in einer Großstadt in
       Nordrhein-Westfalen und macht dort seine Facharztausbildung zum Kinder- und
       Jugendarzt. Er möchte anonym bleiben, denn er ist bereit, über ein heikles
       Thema im Gesundheitswesen zu reden: die verhassten 24-Stunden-Dienste.
       Deshalb haben wir ihm einen anderen Namen gegeben. In den meisten Berufen
       wären solche Dienste undenkbar, mehr noch, es ist verboten. Warum wird das
       Ärzt*innen, Pflegekräften – und vor allem Patient*innen zugemutet?
       Ausgerechnet im hochsensiblen Gesundheitsbereich?
       
       Ein 24-Stunden-Dienst ist eine Ausnahme in einer Arbeitswelt, in der der
       8-Stunden-Tag als Norm erkämpft wurde. Doch auch daran wird aktuell
       gerüttelt. Im [1][ZDF-Sommerinterview forderte Bundeskanzler Friedrich Merz
       (CDU)] mehr Arbeitseinsatz von der Bevölkerung. „Mit Vier-Tage-Woche und
       Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten
       können“, sagte er. Schwarz-Rot möchte laut Koalitionsvertrag „die
       Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit
       schaffen“.
       
       Es ist zwar nicht zu befürchten, dass künftig alle Menschen Tag und Nacht
       durcharbeiten sollen. Aber wer wissen will, wie lange Arbeitszeiten auf die
       Gesundheit wirken, sollte einen Blick ins Krankenhaus wagen. Denn dort,
       aber auch etwa bei der Feuerwehr oder Polizei ist es heute schon [2][laut
       Arbeitszeitgesetz] möglich, die täglichen Höchstarbeitszeiten zu
       überschreiten – wenn es entsprechende Regelungen im Tarifvertrag gibt.
       24-Stunden-Dienste sind generell dort möglich, wo regelmäßig
       Bereitschaftsdienste anfallen. Besonders heikel sind diese Dienste in
       Kombination [3][mit der sogenannten Opt-out-Vereinbarung], einem
       freiwilligen Ausstieg aus dem Arbeitsschutz. Unterschreiben
       Krankenhausmitarbeiter*innen eine solche Vereinbarung, darf die
       wöchentliche Höchstarbeitszeit überschritten werden. Oftmals wird diese
       Vereinbarung gleich mit dem Arbeitsvertrag vorgelegt.
       
       Aus Sicht von Klinikbetreibern ist die Ausweitung von Arbeitszeit
       praktisch. Bei knappem Personal verschafft das mehr Flexibilität, und es
       lässt sich Geld einsparen: Zwei Ärzt*innen können die Arbeit von drei
       machen – und die Klinik spart sich die Lohnnebenkosten. Den Preis dafür
       zahlen aber die Angestellten mit Überstunden, Überlastung und einer höheren
       Fehleranfälligkeit.
       
       Auf dem Papier sind 24-Stunden-Dienste streng reguliert. Sie sind nur
       zulässig in Häusern mit Tarifvertrag. Und in der Bereitschaftszeit muss die
       Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegen. Ab dem Zeitpunkt, ab dem sich
       Assistenzarzt Jan Schmitz in sein Zimmer zurückzieht, sollte seine
       Ruhephase länger andauern als die tatsächlichen Arbeitseinsätze.
       
       Nur: Wie sieht das in der Praxis aus? „War okay letzte Nacht“, sagt Jan
       Schmitz im Videocall. „Diese Nacht bin ich nicht so oft geweckt worden. Ich
       habe etwa vier Stunden geschlafen.“ Das sei nicht immer so. Oft schlafe er
       auch nur eine oder zwei Stunden.
       
       Schmitz versteht nicht, warum es diese Dienste überhaupt gibt. „Es würde
       sich doch niemand aussuchen, dass ein Kind nach der Geburt von jemandem
       betreut wird, der seit 22 Stunden arbeitet“, sagt er. Selbstverständlich
       mache sich der Schlafmangel auch in seiner Arbeit bemerkbar. „Man wird mit
       der Zeit etwas gleichgültiger, alles ist etwas gedämpft“, so beschreibt es
       Schmitz. „Man macht Sachen halb auf Autopilot und ist nicht mehr so
       leistungsfähig.“ Es sei doch klar: Wenn am Ende einer 24-Stunden-Schicht
       ein Notfall eintrete, „dann arbeitet man nicht so, wie man es eigentlich
       machen würde, wenn man fit und ausgeschlafen wäre“.
       
       Dabei ist im Krankenhaus oft schnelles Handeln gefragt. Es kann über Leben
       und Tod entscheiden. Ein 24-Stunden-Dienst kann herausfordernd sein,
       physisch und psychisch. Einmal, erzählt Schmitz, musste ein Kind intubiert
       werden, dafür wird ein Schlauch in die Luftröhre eingeführt, um eine
       künstliche Beatmung zu ermöglichen.
       
       ## „Überforderung ist Teil von diesem Beruf“
       
       Intubieren bei Säuglingen und kleinen Kindern ist selten und erfordert eine
       besondere Expertise, die Schmitz nicht hatte. Die Oberärztin in
       Rufbereitschaft hätte aber zu lange gebraucht, um ins Krankenhaus zu
       kommen. „Ich habe dann in der Anästhesie angerufen, die täglich intubieren,
       nur eben bei Erwachsenen und größeren Kindern.“ Es war nicht die perfekte
       Lösung. Aber mittlerweile habe er akzeptiert: „Überforderung ist Teil von
       diesem Beruf.“
       
       Frank Brenscheidt, der seit 30 Jahren bei der Bundesanstalt für
       Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zum Thema Arbeitszeit forscht, sagt
       der taz: „Aus arbeitswissenschaftlicher Sicht sehen wir die
       24-Stunden-Dienste und die Opt-out-Vereinbarungen kritisch.“ Die Forschung
       zeige deutlich, dass „insbesondere die Dauer der Arbeitszeit entscheidenden
       Einfluss auf erforderliche Erholungsphasen hat“. Brenscheidt verweist auf
       verschiedene Studien, in denen untersucht wurde, wie fehlende Erholung und
       Schlafmangel auf den Körper wirken. „Die Wirkung ist durchaus mit Alkohol
       vergleichbar“, sagt Brenscheidt. „Die Reaktions- und Wahrnehmungsfähigkeit
       ist irgendwann eingeschränkt.“
       
       Grundsätzlich sind Arbeitgeber verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung zu
       erstellen und dieses Risiko zu dokumentieren. Bei dieser Beurteilung ginge
       es „nicht nur um Gefahrenstoffe oder Hitze- oder Kälteeinwirkung, sondern
       auch um die physische und psychische Belastung, die an einem Arbeitsplatz
       entstehen kann“, erklärt Brenscheidt. Auch die Dauer der Arbeitszeit oder
       Nachtarbeit könnten ein Belastungsfaktor sein.
       
       Dass Ärzte den Großteil ihrer Bereitschaftszeit durcharbeiten oder gar
       nicht schlafen, ist nach deutschem Arbeitsrecht nicht zulässig. Und doch
       bestätigen mehrere Ärzt*innen der taz: Kaum Schlaf in 24-Stunden-Diensten
       ist keine Ausnahme. Auch Chirurg Andreas Kirschniak nennt die
       24-Stunden-Dienste ein „Hot Topic“. Zu Recht verunsichere es Menschen, wenn
       sie hören, dass Ärzt*innen die ganze Nacht durcharbeiten. Es hänge seiner
       Meinung nach „aber stark von der Struktur der Klinik und dem jeweiligen
       Fachbereich ab“.
       
       Kirschniak ist Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie der Kliniken
       Maria Hilf GmbH in Mönchengladbach. In seiner Abteilung werde nach 24 Uhr
       nur „sehr selten operiert“. Gerade in der Chirurgie seien die meisten
       Operationen geplant und die Operationszeiten einsehbar. Und wenn
       Notoperationen in der Nacht stattfänden, käme immer ein weiterer Rufdienst
       dazu, um dem Oberarzt zu assistieren – beide gingen dann am Morgen nach
       Hause. Aus seiner Sicht gibt es in der Ärzteschaft keine einheitliche
       Meinung zu den Diensten. Es gebe durchaus Assistenzärzte, die diese Dienste
       gern machten, weil sie damit mehr verdienen und viel lernten.
       
       Aber in puncto Arbeitsrecht sagt er: „Natürlich gibt es Kliniken, in denen
       nachts auch mehr als 50 Prozent gearbeitet wird.“ In großen Kliniken sei es
       häufig so, „dass Leute noch nach einem 24-Stunden-Dienst weiter arbeiten –
       und zum Teil noch operieren sollen“. Die Transplantationschirurgie sei zum
       Beispiel einer „der krassesten Bereiche in der Chirurgie, was die
       Arbeitsbelastung und Nachtarbeit betrifft“. Nach der Entnahme eines Organs
       gebe es nur ein ganz enges Zeitfenster, und davor müssten viele
       Vorbereitungen getroffen werden.
       
       Kirschniak, der auch beim Berufsverband der deutschen Chirurgen das Ressort
       „Nachwuchs“ leitet, höre oft von Assistenzärzten, dass sie nach den
       24-Stunden-Diensten „dazu angehalten werden, noch Stationsarbeit zu
       machen“. Viele könnten da schlecht Nein sagen. Denn: „Es ist schlicht und
       einfach kein anderer da.“ Es sei ja nicht so, „dass im Moment alle mit
       vollen Händen in die Personalstruktur investieren“.
       
       ## Ärzt*innen sind häufig überlastet
       
       Ein Alltag mit langen Arbeitszeiten, Überstunden und Nachtschichten bleibt
       nicht folgenlos. In einer [4][Mitgliederbefragung der Ärztegewerkschaft
       Marburger Bund] gab fast jeder vierte Krankenhausarzt oder jede Ärztin (24
       Prozent) an, 60 Stunden oder mehr in der Woche zu arbeiten. 49 Prozent
       gaben an, häufig überlastet zu sein, 11 Prozent, dass sie ständig über ihre
       eigenen Grenzen gehen. Alarmierend ist: Mehr als ein Viertel der Befragten
       konnte sich vorstellen, die ärztliche Tätigkeit ganz aufzugeben.
       
       24-Stunden-Dienste sind entstanden, weil es im Krankenhaus eine
       medizinische Betreuung rund um die Uhr braucht. „Es hatte sich einfach
       etabliert, dass ein paar Leute über Nacht dageblieben sind und sich um die
       Patienten gekümmert haben“, erklärt Andreas Botzlar, zweiter Vorsitzender
       des Marburger Bundes. Am nächsten Tag sei einfach weiter gearbeitet worden,
       denn die Nachtdienste hätten anfangs gar nicht als richtige Arbeitszeit
       gezählt. „Vergütet wurde das schlimmstenfalls gar nicht und bestenfalls als
       Bereitschaftsdienst“, sagt er.
       
       Erst 2003 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass die Bereitschaftszeit
       von Klinikärzt*innen künftig als Arbeitszeit anerkannt werden muss.
       „Heute ist nach einem 24-Stunden-Dienst eine Ruhezeit von 11 Stunden
       vorgeschrieben“, sagt Botzlar, der selbst als Chirurg und Oberarzt an der
       Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau arbeitet. Für Botzlar waren
       die 24-Stunden-Dienste nie ein Idealmodell gewesen. Kliniken hätten dadurch
       einfach nur „weniger personellen und finanziellen Aufwand“. Doch nun spitze
       sich die Lage weiter zu – wegen der kontinuierlich zunehmenden
       Arbeitszeitverdichtung.
       
       „Früher war die Belastung außerhalb der Kernarbeitszeiten viel niedriger“,
       erklärt Botzlar. In den vergangenen 30 Jahren habe sich aber die
       durchschnittliche Liegedauer von Patient*innen nahezu halbiert. „Das
       ist nicht möglich, ohne dass sie die Schlagzahl dessen, was gemacht werden
       muss, verdoppelt haben“, sagt er. Das diene „nicht der Gesundheit der
       Kollegenschaft und nicht der Gesundheit der behandelten Patienten“.
       
       Die Verkürzung der Liegezeiten ist nicht nur auf eine verbesserte ambulante
       Versorgung, sondern auch auf die Einführung der diagnosebezogenen
       Fallpauschalen (DRG) im Jahr 2004 zurückzuführen – was starke Anreize
       setzte, möglichst viele und lukrative Fälle zu bearbeiten. Mit der
       beschlossenen Krankenhausreform sollen Krankenhäuser zwar neben den
       Fallpauschalen künftig auch Pauschalen dafür bekommen, dass sie Kapazitäten
       für Behandlungen vorhalten. Das soll ökonomischen Druck aus dem System
       nehmen, aber die grundsätzliche Logik ist nicht gebrochen.
       
       Eigentlich sind die Abend- und Nachtstunden oder Wochenenden im Krankenhaus
       nur für Notfallmedizin gedacht. Mit Sorge beobachtet Botzlar nun, dass „aus
       rein wirtschaftlichen Gründen geplante Interventionen zunehmend dahin
       verschoben werden“. Im Sinne von: „Das kann dann die Dienstmannschaft
       machen, die sowieso da ist“, sagt Botzlar. Die gesetzlich zulässige
       Höchstarbeitszeit werde dadurch „zum Teil krass überschritten“.
       
       ## Arbeitsbedingungen oft nicht mit Arbeitsrecht vereinbar
       
       Doch wenn sich so viele einig sind, dass vielerorts die Arbeitsbedingungen
       nicht mit dem Arbeitsrecht vereinbar sind: Warum wird das vonseiten der
       Ärzteschaft so stillschweigend hingenommen? Eine mögliche Begründung liegt
       in der Beschwerdestruktur selbst. Viele Gewerbeaufsichten fühlten sich
       nicht zuständig dafür, zu kontrollieren, ob die zulässige Zeit eingehalten
       werde, sagt Botzlar. Faktisch sei es deshalb so, dass nur das betroffene
       Individuum zum Arbeitsgericht gehen könne. „Aber wer verklagt schon gerne
       seinen Arbeitgeber?“, fragt er.
       
       Gerade die jüngere Kollegenschaft befinde sich „in einem starken
       Abhängigkeitsverhältnis“. Innerhalb der Fachgesellschaften seien „die
       Obernasen deutschlandweit sehr gut vernetzt. Wenn da einer als Querulant
       gilt, dann bringt diese Person in 500 Kilometern Umkreis keinen Fuß mehr
       auf den Boden.“ Botzlar plädiert deshalb für ein Verbandsklagerecht für
       Gewerkschaften, um staatliche Stellen über systematische Verstöße gegen das
       Arbeitszeitrecht informieren zu können. Doch selbst wenn es ein solches
       Verbandsklagerecht gäbe, wäre unklar, ob sich mehr Menschen gegen solche
       Dienste aussprächen. Das Problem ist: Die Alternativen zum
       24-Stunden-Dienst sind aus Sicht vieler Ärzt*innen auch nicht besser.
       
       Wer den 24-Stunden-Dienst abschaffen will, müsste ihn durch ein
       Mehrschichtsystem ersetzen – Patient*innen müssen ja über Nacht
       versorgt werden. Gibt es aber nicht mehr Personal, bedeutet das für
       Ärzt*innen, dass sie dann mehr Schichten übernehmen müssen. „Sie arbeiteten
       dann keine 24 Stunden mehr am Stück, dafür aber häufiger am Wochenende,
       nachts oder später am Abend“, erklärt Botzler. Das wollten viele nicht. Für
       eine sinnvolle Umstellung bräuchte es also eigentlich „zusätzliche
       Kollegen, die es auf dem Arbeitsmarkt gar nicht gibt“.
       
       ## „Mitarbeitersicherheit und Patientensicherheit hängen eng miteinander
       zusammen.“
       
       Die von dem früheren Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestoßene
       Krankenhausreform hat das erklärte Ziel, die Behandlungsqualität in den
       Krankenhäusern zu verbessern – und den ökonomischen Druck der Krankenhäuser
       abzumildern. Bundesweit wird ein Konzentrationsprozess eingeleitet. Künftig
       soll es neben der Notfallversorgung weniger, dafür aber stärker
       spezialisierte Häuser geben. Botzlar befürchtet, dass sich damit aber die
       negative Tendenz der 24-Stunden-Dienste verschärfen könnte. „In der Folge
       müssen ja mehr Häuser im relativ hohen Betriebszustand rund um die Uhr
       laufen“, sagt er. Denn wenn es weniger Krankenhäuser gibt, wird das
       Patientenaufkommen in den verbliebenen steigen.
       
       Mit Überarbeitung des Klinikpersonals gerät das eigentliche Ziel
       medizinischer Versorgung immer stärker aus dem Fokus: das Wohl von
       Patient*innen. „Niemand will einen Piloten oder einen Lokführer, der 24
       Stunden arbeitet. Warum sollte das bei Ärzten und Pflegerinnen anders
       sein?“, fragt Christian Deindl, stellvertretender Vorsitzender des
       Aktionsbündnisses Patientensicherheit. Deindl ist selbst Kinderchirurg,
       heute im Ruhestand. Er sagt: „Mitarbeitersicherheit und Patientensicherheit
       hängen eng miteinander zusammen.“
       
       Schon heute führe die hohe Arbeitsbelastung zu vielen Problemen: „Es gäbe
       mit Sicherheit weniger multiresistente Krankenhausinfektionen, wenn das
       Klinikpersonal genügend Zeit hätte, den Hygieneschutz in der Praxis auch
       umzusetzen“, sagt er. Auch ließen sich durch bessere Arbeitsbedingungen
       Behandlungsfehler reduzieren. Deindl verweist auch [5][auf die höhere
       Suizidrate unter Ärzt*innen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung.]
       
       Was Deindl als strukturelles Problem beschreibt, erlebt Schmitz jeden Tag
       auf der Station. Er findet es grundsätzlich falsch, dass im
       Gesundheitswesen überhaupt Profit zulässig ist. Aber er glaubt „nicht
       daran, dass sich etwas ändert“. In kritischen Momenten frage er sich nur
       noch: „Wie kann ich diese Situation lösen unter den gegebenen Bedingungen
       und dem Personal, das da ist?“ Die Angst, etwas falsch oder nicht schnell
       genug zu machen, die bleibt.
       
       30 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.zdfheute.de/politik/merz-kanzler-cdu-zdf-sommerinterview-100.html
 (DIR) [2] https://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/BJNR117100994.html
 (DIR) [3] https://www.aerzteblatt.de/archiv/opt-out-erklaerung-was-aerzte-beachten-sollten-78366adb-60c5-4f77-b03c-2b05ee8698b7
 (DIR) [4] https://www.marburger-bund.de/sites/default/files/files/2025-02/MB-Monitor%202024_Zusammenfassung_Ergebnisse_0.pdf
 (DIR) [5] https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/warum-mediziner-haeufiger-suizidgefaehrdet-sind-und-wer-unterstuetzen-kann
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jasmin Kalarickal
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
 (DIR) Krankenhäuser
 (DIR) Krankenhausreform
 (DIR) Ärzte
 (DIR) Gesundheitswesen
 (DIR) Arbeitszeit
 (DIR) Arbeitsschutz
 (DIR) Patientensicherheit
 (DIR) GNS
 (DIR) Medizin
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Arbeitskampf
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Arbeiter:innen-Arzt Alexander Fürst: „Ein Volksarzt im besten Sinne“
       
       Der „Gewerksarzt“ behandelte Ende des 19. Jahrhunderts Arbeiter, Arme und
       Bedürftige, oft ohne Gegenleistung. In Berlin ist er fast vergessen.
       
 (DIR) Schlechte Jobs: Wehrt euch!
       
       Manchmal reicht es, nach einer Lohnbescheinigung zu fragen. Und in die
       Gewerkschaft einzutreten schadet auch nicht.
       
 (DIR) Arbeitskampf in der Games-Branche: Welcome to the Bossfight
       
       Die Bedingungen in der Gaming-Branche sind unterirdisch, lange gab es kaum
       Widerstand. Nun vernetzt sich eine neue Generation von
       Spieleentwickler:innen.