# taz.de -- Kommission zu sexualisierter Gewalt: Katholische Kirche mauert bei der Aufarbeitung
       
       > Die Bistümer Hildesheim, Osnabrück und Hamburg geben Daten zu sexuellen
       > Übergriffen nicht heraus. Das ist das zentrale Problem für die Aufklärer.
       
 (IMG) Bild: Katholischen Bistümer wollen Akten nicht rausgeben: erschwert die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle
       
       Wer sich die Audioaufnahmen anhört, die der [1][Betroffenenrat Nord]
       exemplarisch auf seine Website stellt, braucht starke Nerven. Leidtragende
       sexualisierter Gewalt, verübt in den katholischen Bistümern Hildesheim und
       Osnabrück und im Erzbistum Hamburg, sprechen über die „Macht, die Täter
       schützte“, von einem „Abgrund der Zerstörung, der Willkür, der Angst und
       der Einsamkeit, aus der es kein Entrinnen gab“.
       
       Mitglieder des Rats arbeiten auch in der Unabhängigen
       Aufarbeitungskommission Nord (UAK Nord) mit, die seit 2022 die
       sexualisierten Gewalttaten durch Kleriker und andere Bistumsangehörige
       erhellen hilft. Die Kommission ist interdisziplinär besetzt mit
       VertreterInnen der norddeutschen Bundesländer, der Betroffenen, der
       Bistümer.
       
       Am Montag hat die [2][UAK Nord ihren zweiten Zwischenbericht] vorgestellt.
       Das Zeugnis, das sie den Bistümern ausstellt, ist hart, voll mahnender
       Vorhaltungen. Kommissionsmitglied Ingo Frommeyer, Vorsitzender Richter am
       Landgericht Osnabrück, sprach von „unterschiedlichen Geschwindigkeiten der
       Aufarbeitungstätigkeiten“ der Bistümer, „wesentliche Akteneinsichten und
       Auskünfte“ seien „verwehrt“ worden.
       
       ## Erzbistum Hamburg gibt Akten nicht raus
       
       Besonders im Visier der Aufklärer: Das Erzbistum Hamburg, gegen das vor dem
       [3][Interdiözesanen Datenschutzgericht] eine Klage der UAK läuft. Die
       Kommission fordert die Herausgabe aller Daten zu sexuellen Übergriffen,
       Sexualstraftaten, Beschuldigten und Verdächtigen, Betroffenen. Dem sei das
       Erzbistum nicht nachgekommen, so steht es im Zwischenbericht. Das erschwere
       die Aufarbeitung „erheblich“.
       
       Das Erzbistum Hamburg beruft sich auf restriktiven Datenschutz. Diese
       Auslegung schütze „nicht die Betroffenen“, so der Zwischenbericht, „sondern
       trägt dazu bei, ein System fortzuschreiben, das über Jahrzehnte Täter
       begünstigt und Transparenz verhindert hat“. Man habe das Gericht gebeten,
       „dringend zu entscheiden“, sagt Frommeyer.
       
       Die Bistümer Hildesheim und Osnabrück sehen keine Datenschutzprobleme. Eine
       „geordnete Akteneinsicht und Auskunftserteilung“ hält die Kommission für
       möglich. Aber: „Erfolgt ist diese bisher jedoch auch hier noch nicht“.
       
       „Die Bistümer müssen ihre Hausaufgaben machen“, sagt Frommeyer. Auch
       Kommissionsmitglied Nicole Sacha findet als Betroffenenvertreterin während
       der Vorstellung des Zwischenberichts klare Worte: „Es geht darum, ob da die
       richtigen Tiefenbohrungen geleistet worden sind. Dazu können wir nichts
       sagen, wenn wir nichts wissen.“
       
       Auch die Gedenk- und Erinnerungskultur ist ausbaufähig, so der
       Zwischenbericht. In Hamburg sei sie „noch ein Desiderat“. Auch für ihre
       Geschäftsstelle wünscht sich die ehrenamtlich arbeitende
       Aufarbeitungskommission mehr Engagement: Sie werde „nach wie vor
       unzureichend von den Bistümern unterstützt“.
       
       ## Studien legen alle drei Bistümer vor
       
       Wissenschaftliche Studien gibt es mittlerweile in allen drei Bistümern.
       Osnabrück ist [4][mit dem 2024 beendeten dreijährigen Forschungsprojekt]
       „Betroffene – Beschuldigte – Kirchenleitung. Sexualisierte Gewalt an
       Minderjährigen sowie schutz- und hilfebedürftigen Erwachsenen durch
       Kleriker im Bistum Osnabrück seit 1945“ am weitesten. Hildesheim hat 2025
       großangelegt begonnen, in Hamburg seien erste, partielle Ergebnisse noch
       nicht in ein „umfassendes Forschungsdesign“ überführt, rügt die Kommission.
       
       Das dem Zwischenbericht angefügte Statement des Betroffenenrats fasst den
       Istzustand griffig zusammen: „Osnabrück vorn – Hildesheim aufholend –
       Hamburg nicht mehr im Rückwärtsgang, aber lahmend“.
       
       Osnabrück sei ein „Leuchtturm“, müsse aber „aus der Studie heraus
       konsequent handeln“. Hildesheim müsse seine „widersprüchlichen Signale“
       beheben: Die Entscheidung der Bistumsleitung, den [5][„Täter-Bischof“
       Heinrich Maria Janssen] in seiner Ehrengruft im Dom zu belassen, nicht
       umzubetten, wertet der Rat als „hochgradig unsensibel“.
       
       In Hamburg gebe es „Blockaden“, aber „erste Hoffnungsschimmer“. Die
       Kontakte des Betroffenenrats mit dem Generalvikar seien „eher konfrontativ
       und wenig wertschätzend“ gewesen. Es gebe bis heute weder eine Lotsen- oder
       Ombudsstelle noch einen unabhängigen Schutzprozess.
       
       15 Jahre nach Bekanntwerden der [6][sexuellen Gewalt am Berliner
       Canisius-Kolleg], durch den der Missbrauchshorror bundesweit in den Fokus
       trat, hat die katholische Kirche noch immer viel Lernbedarf, so das Fazit
       des Zwischenberichts.
       
       28 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.betroffenenrat-nord.de/das-schweigen-brechen/
 (DIR) [2] https://uak-nord.de/images/content/Zwischenbericht_UAK_Nord_2024-2025.pdf
 (DIR) [3] https://www.dbk.de/themen/kirche-staat-und-recht/kirchliche-gerichte-in-datenschutzangelegenheiten/interdioezesanes-datenschutzgericht-1-instanz
 (DIR) [4] https://www.s-gewalt.uni-osnabrueck.de/ergebnisse.html
 (DIR) [5] http://wp.wissenteilen-hildesheim.de/wp-content/uploads/2021/11/Hildesheim_Band_II-final.pdf
 (DIR) [6] /Missbrauch-in-der-katholischen-Kirche/!5664785
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Harff-Peter Schönherr
       
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       missachtet.