# taz.de -- Kapitalismus im Klimaschutz: Was nun, Ökos?
> Links/rechts hilft hier nicht weiter: Um erfolgreich Klimaschutz zu
> machen, müssten Aktivisten sich mit denen zusammentun, die sie als Feinde
> erklären.
(IMG) Bild: Das Ziel ist eine klimafreundliche Wirtschaft und eine politische Mehrheit dafür
Die Ökos sind nicht schuld daran, dass es keine angemessene Klimapolitik
gibt. Die Grünen und die Klimaaktivisten auch nicht. Sie haben vieles
versucht, einiges erreicht und dennoch: Der Planet geht auf 3 Grad
Erderhitzung zu. Das konnten auch sie nicht verhindern. Und das ist das
Problem.
Auf der Weltklimakonferenz in Brasilien begab man sich in den vergangenen
Tagen auf die Suche nach dem Warum. Dabei griff man gern zum klassischen
Analysetool: Die anderen sind schuld. [1][Die wollen nämlich nur Geld
verdienen und es für Wurst ausgeben], ihre Wähler streicheln und dabei
ihren Arsch plattsitzen. Keine Moral, kein Interesse an der Klassenfrage –
im Gegensatz zu „uns“. Die müssen umkehren oder weg! Und „wir“ müssen
moralisch weiter zulegen. Ein hilfreicher Ansatz – wenn man unseren
Planeten vollends erledigen will.
Will man aber mehr retten als die eigene Seele, muss man es jetzt anders
machen. [2][Bernd Ulrich hat in der <i>Zeit</i> einen großen Klimakongress
angeregt]. Eine gute Idee, wenn dort nicht wieder die gleichen Leute das
Übliche erzählen. Es braucht keine Moralpredigten an Abwesende, sondern das
Eingeständnis, was wir falsch gemacht haben. Es braucht einen Weg aus der
wechselseitigen Lähmung von Politik und Gesellschaft. Es braucht Macher.
Deshalb braucht es, ich sage das Schreckliche, mehr Kapitalisten!
Unternehmer, Ingenieure, Tüftler, Start-upper, Leute, die etwas erfinden,
marktreif machen, verkaufen. Festanstellungen bei einer NGO werden nicht
ausreichen.
Es braucht Vernetzung von Aktivismus und Unternehmertum – nennen wir es
unternehmerischen Aktivismus –, der nicht Demos veranstaltet oder Posts
produziert, sondern emissionsfreie Infrastruktur. Es braucht
volkswirtschaftliches Denken, nicht nur betriebswirtschaftliches.
Und: Es braucht mehr Konservative. Ich habe mich viele Jahre gesträubt
gegen den Spruch, dass die großen Dinge immer von denen gemacht werden
müssen, die sie nicht in ihrer Programmatik haben. Heute verstehe ich das
so, dass [3][große Vorhaben wie Atomausstieg, Arbeitsmarktreformen oder ein
AfD-Verbot] nur mit breiten Mehrheiten über Parteigrenzen hinweg gelingen
können. Das gilt besonders für Klima- und Ökopolitik, die offenbar keine
Partei wirklich angehen will.
Das alte Links-rechts-Schema hilft nicht weiter. Zum einen, weil die
sozial-emanzipatorische Spätmoderne auf fossiler Basis entstanden ist. Zum
anderen ist das Problem planetarisch. Deshalb muss die Bearbeitung global
sein, also viele antiemanzipatorische und autoritäre Gesellschaften und
Staatsformen beinhalten.
Die Frage ist nicht: Was muss man tun, damit Leute „sich ändern“ und
freiwillig „verzichten“? Dieses Ethiksalongesäusel ist angesichts der
dringlichen Lage ein Zeichen moralischer Wohlstandsverwahrlosung.
Die eigentliche Frage muss lauten: Wie schafft man Mehrheiten für
ernsthafte Reformpolitik? Und vor allem: Welchen kulturellen, politischen
und geopolitischen Rahmen braucht es, damit sich die entscheidenden Macher
wirtschafts- und klimapolitisch engagieren – und Europa davon profitiert?
Das Eis schmilzt, die großen Schritte müssen jetzt passieren. Konzentrieren
wir uns also auf das, was operativ möglich ist. Nicht auf
„Klimagerechtigkeit“, sondern auf einen global funktionierenden CO₂-Preis.
Das Ziel ist eine klimafreundliche Wirtschaft und eine politische Mehrheit
dafür. Wie das geht? Weiß ich auch noch nicht. Lasst uns dazu einen
Kongress machen.
16 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Essen-in-der-Politik/!6071116
(DIR) [2] https://www.zeit.de/2025/47/klimabewegung-fehler-gruende-aktivismus-klimakrise-gxe
(DIR) [3] /Stadtbilder-Migration-Renten/!6122339
## AUTOREN
(DIR) Peter Unfried
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