# taz.de -- Geschlechtsänderung im Vogelreich: Tropenvögel noch bunter als gedacht
> Bei Vögeln gilt das biologische Geschlecht als weniger fließend als etwa
> bei Meerestieren. Bis jetzt.
(IMG) Bild: Trans as fuck- Kookaburras unter sich
Nicht nur Chromosomen bestimmen bei Reptilien, Fischen und Amphibien die
Geschlechtsorgane. Auch die Umwelt nimmt Einfluss auf deren Ausprägung. Je
nachdem, wie warm der Teich ist, trotzen etwa junge Frösche ihrem
genetischen Baukasten und bilden äußerlich konträre oder ambivalente
Geschlechtsmerkmale aus. Sie kehren ihr sex also um oder werden
intergeschlechtlich.
Meerestiere wie die eher einsam lebenden Korallengrundeln wechseln ihr
Geschlecht sogar ein Leben lang, je nachdem, welche interessierten Grundeln
ihnen in der [1][Koralle] begegnen. Bei Säugetieren und Vögeln gilt das
biologische Geschlecht als weniger fließend, Umkehrungen sind seltener
bekannt und unter Wildtieren wenig erforscht. Bis jetzt.
## Die Studie
Australische Forscher:innen von der Universität der Sunshine Coast haben
die Tierkliniken von Queensland abgeklappert und bei 480 Regenbogenloris,
Kookaburras (auch: Lachender Hans), Schopftauben und anderen wild lebenden
Vögeln, die in den Kliniken abgegeben wurden und dort verstarben, die
Geschlechtsorgane und die DNA untersucht. [2][Ihre Ergebnisse] sind im
Fachmagazin Biology Letters nachzulesen.
Fünf Prozent der untersuchten Tiere haben im Laufe ihres Lebens ihr sex
verändert. Bei einem genetisch männlichen Kookaburra wies ein geweitetes
Ovidukt darauf hin, dass noch kurz zuvor ein Ei den Weg durch diesen Kanal
angetreten hatte. Zwei genetisch weibliche Schopftauben hatten Ansätze
sowohl von Hoden ausgebildet als auch von Eierstöcken.
Anders als beim Menschen sind bei Vögeln die genetisch gleichpaarigen
ZZ-Chromosomen männlich, ihr Gegenstück sind die weiblichen ZW-Chromosomen.
In allen fünf untersuchten Vogelarten hatte sich bei einzelnen Tieren das
Geschlecht gewandelt, 92 Prozent der Fälle betrafen genetisch weibliche
Vögel.
Die Autor:innen glauben, dass sich die Ergebnisse auf andere Vogelarten
übertragen lassen. Warum die australischen Vögel ihr Geschlecht ändern,
wissen sie nicht. Die Autor:innen weisen aber auf Chemikalien hin, die
auch bei Reptilien und Fischen womöglich einen Einfluss auf die
Geschlechtsentwicklung haben. Sogenannte [3][Umwelthormone] sind etwa in
Pestiziden oder Plastikspielzeug enthalten. Dies sei eine mögliche
Erklärung, die vertieft erforscht werden müsse, sind sich Fachleute einig.
## Was bringt’s?
Wer sich zum Beweis, dass es nur zwei Geschlechter gebe, auf die
vermeintlich streng binäre [4][Biologie] berufen will, findet hier Stoff
zum Grübeln. Aber auch Vogelschützer könnten dazulernen. Die bestimmen das
tierische Geschlecht meist entweder per DNA oder indem sie die
Geschlechtsorgane untersuchen.
So übersehen sie aber die unfruchtbaren, intersexuellen und geschlechtlich
veränderten Vögel und stellen bedrohten Vogelpopulationen unpräzise
Prognosen. Da vor allem genetische Weibchen ihr Geschlecht ändern, könnten
die Ergebnisse verstehen helfen, warum Studien in der Vogelwelt einen
starken Männchen-Überschuss belegen.
17 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Forschende-sehen-drohendes-Sterben/!6119503
(DIR) [2] https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsbl.2025.0182
(DIR) [3] /Verbraucherschuetzer-warnen/!5165989
(DIR) [4] /Rechte-und-Teilhabe-von-trans-Menschen/!5865918
## AUTOREN
(DIR) Lino Wimmer
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