# taz.de -- Die Wahrheit: Die Monarchie der Manns
> Ein erzbürgerliches Publikum kann nicht genug bekommen vom schrulligen
> Dichterfürsten. Ebenso feiert es schrullige Mischpoke.
Ich weiß, dass gerade alle von Prinz Andrew und den britischen Royals
reden, zumindest jene, die nichts Wichtigeres zu besprechen haben und
Vergnügen finden am moralischen Niedergang der Windsors. Wer mir aber noch
wesentlich mehr auf den Zeiger geht, das sind „die Manns“ – in Ermangelung
monarchischer Versippung hierzulande sind „die Manns“, zumindest fürs
Feuilleton, eine Ersatzkönigsfamilie.
Na ja, auf die Nerven gehen mir vielleicht nicht direkt „die Manns“. Eher
nervt das erzbürgerliche Publikum einer Gegenwart, das in eitler
Anverwandlung nicht genug bekommen kann vom schrulligen Dichterfürsten und
seinen mindestens ebenso schrulligen Sprösslingen. Obwohl, doch, das nehme
ich wieder zurück. „Die Manns“ nerven schon auch selbst.
Vielleicht liegt’s daran, dass Thomas Mann, das „Zentralgestirn“ (Florian
Illies) der weitverzweigten Familie, vor 150 Jahren geboren wurde und also
2025 sozusagen im Wendekreis des Mann stand. Aus irgendeinem Tagebuch
purzelte mir sogar ein neues Wort in den Schoß, die Mann’sche Umschreibung
für Frust: „Behagensminderung“.
Der allgemeine Großtrubel und das flankierende Gequatsche aber verleidet
mir fast schon den „Zauberberg“ (Thomas), den „Mephisto“ (Klaus), den
„Untertan“ (Heinrich) und die kundigen Aufsätze von Golo (mein geheimer
Lieblingsmann) zur Geschichte des Ku-Klux-Klan in den „Propyläen der
Weltgeschichte“.
Apropos „Lieblingsmann“. Alle Männer waren heillos homosexuell. Die Frauen
auch. Wo sie aus zeitgenössischen Gründen nicht ausgelebt wurde, müssen
Hinweise darauf wie schwarze Rosenblätter der Tragik über Mensch und Werk
ausgeschüttet werden, immer im tolerant aufgebockten Trauerton, weil wir
heute glücklicherweise weiter sind: „Bekanntlich litt er ja zeitlebens
unter juckendem Hautreiz!“ Ein Wunder, dass eine dermaßen
gleichgeschlechtliche Familie sich so fleißig hat fortpflanzen können.
Schmunzelnd sollen wir zur Kenntnis nehmen, dass „die Manns“ selbst im
südfranzösischen Exil sich mit abgespreiztem Finger noch einen „humorvollen
Blick“ auf die Barbarei in Deutschland bewahrt haben. Chapeau! Großäugig
wundern soll man sich darüber, welche magnetische Anziehungskraft wohl die
beiden Kinder, Klaus und Erika, im fortgeschrittenen Alter dazu bewogen
hat, noch ihre Füße unter den Mann’schen Tisch zu stellen. Zauberei!
Da kann es natürlich nicht sein, weil’s in diesem bürgerlichen
Boulevardtheater nicht sein darf, dass es schlicht die Tantiemen und
Schecks des Nobelpreisträgers waren, die den beiden „spoiled brats“ ihr
ausschweifendes Leben als vielreisende Edeljunkies finanziert hat.
Offensichtlich gibt es auch für Ruhm keine Erbschaftssteuer, er möge
überfließen auf Kinder, Kindeskinder und sonstige Nepo-Babys. Außerdem war
Heimito von Doderer sowie-so der bessere Thomas Mann.
31 Oct 2025
## AUTOREN
(DIR) Arno Frank
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