# taz.de -- Die Wahrheit: Es lebe das Wiefe
       
       > Vive la France mal wieder: Aus der Provinz wie aus Paris erreichen uns
       > seit Wochen Nachrichten noch und nöcher.
       
       Wo ist der kleine Nick? Ja, wo ist er bloß? Im mondän verwitterten Pariser
       Gefängnis, dessen kerngesunder Name an ein Hospital erinnert – La Santé –,
       sind die beiden festangestellten Wärter des noch nicht rechtskräftig
       verurteilten, doch nach französischem Recht trotzdem eingefahrenen
       Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy, ganz aus dem Zellenhäuschen.
       
       Wo bloß ist le petit Nicolas, der nachgemessenermaßen zusammen mit Napoleon
       Bonaparte genauso miniscule ehemalige Chef des Hexagons, beide nämlich Pi
       mal Scheitel nur rund 1 Meter 66 groß?
       
       Der kleine Nick lacht sich derweil ins noch von libyschen Finanziers
       vergoldete Fäustchen. Die Lektüre der von ihm mitgeführten Knastliteratur
       hat sich ausgezahlt. Ins karge Gepäck hatte ihm seine holde Carla nämlich
       nicht nur Ferrero Küsschen, sondern auch die romanesken Schriftrollen des
       Grafen von Monte Christo und die neueste kreuzheiße Biografie von Jesus
       geschmuggelt.
       
       Hot, hot, hot oder chaud, chaud, chaud, wie man in Frankreich auszurufen
       pflegt! Aufgrund der nicht versiegenden Nachrichtenlage bei unserem
       Nachbarn gen Westen (Stichwörter jenseits von Sarkozy: „Lustiger Louvre“,
       „Emmanuel und seine Brigitte“, „Regierung?!?“, sowie „Croissants – oui ou
       non?“) ein zutreffender Kommentar.
       
       Doch zurück zum Grafen von Monte Christo aka dem kleinen Nick aka Sarko,
       wie ihn besonders die Französinnen gern nennen. Nicht wie im Roman von
       Alexandre Dumas dem Älteren, wo Dantès neun lange Jahre seinen Rachefeldzug
       vorbereitete, sondern in nur einer Woche, ja schlappen sieben Tagen nach
       seinem Kittchenstart, hat Sarko sich eine neue Identität zusammengedichtet
       und gegraben.
       
       Im Pariser Karzer La Santé erkundete er im Rekordtempo die Lebensumstände
       der Verhassten bis ins kleinste Detail – und entdeckte dabei dank
       unglaublicher Zufälle weitere von ihnen begangene Schandtaten. Alles schien
       letzte Woche, wie sonst auch, mit allem schicksalhaft verwoben, sodass sich
       Sarko schließlich kaum noch als Rächer in eigener Sache sah, sondern eher
       als Werkzeug der Vorsehung oder personifizierte Strafe Gottes. Er erschuf
       sich schließlich binnen 96 Stunden eine neue Identität – eben die als
       kleiner Nick, einem grimmigen Aristokraten von unermesslichem Reichtum,
       vollendeten Manieren und rätselhafter Herkunft.
       
       ## La liberté encore et toujours!
       
       Als solcher grub er sich nun im Pariser Gefängnis gänzlich unbeobachtet von
       all seinen Schergen einen Internettunnel und wurde schließlich gestern von
       der französischen Telekom in einem Sack Technikkram über die steineren
       Festungsmauern geworfen. Uff: La liberté encore et toujours!
       
       Sarko aka der kleine Nick schnitt sich dann gegen 18.30 Uhr eigenhändig und
       selbsttätig aus dem Sack Technikkram – und wurde von einem Schmugglerboot
       auf der nicht weit davon entlangtreibenden Seine gerettet. Am 28. Oktober
       2025, genau eine Woche nach seiner Inhaftierung, ist Nicolas Sarkozy also
       schließlich, aber nicht endlich, wieder frei!
       
       Ja, es stimmt, liebe gebannt lesende Leserschaft, seit gestern nun ist der
       Napoleon für Arme bei der Schmugglerbande und dient ihr als zierlicher
       Seemann. Und wie die Nachrichtenagenturen soeben unisono vermeldet haben,
       hat der kleine Nick bei einem Zwischenstopp auf der mitten in der Seine
       gelegenen Insel der Schwäne, der Île aux Cygnes, heute früh noch mehr Geld
       gefunden und kehrt in diesen Minuten als noch steinreicherer Mann in seine
       stinkreiche Heimat, das noch stinkreichere 16. Arrondissement von Paris
       zurück. Vive la Wief!
       
       29 Oct 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Harriet Wolff
       
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