# taz.de -- Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy in Haft: Mit Eskorte ins Gefängnis
> Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy wurde zu fünf Jahren Haft
> verurteilt. Trotz seiner Berufung gegen das Urteil sitzt er nun hinter
> Gittern.
(IMG) Bild: Nicolas Sarkozy auf dem Weg ins Gefängnis: Im Frühling wird voraussichtlich ein zweiter Prozess stattfinden
taz | Mit großer Polizeieskorte und Blaulicht, begleitet von Dutzenden
Reportern auf Motorrädern, ist Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy am
Dienstagmorgen durch das Zentrum von Paris zum Gefängnis La Santé gefahren
worden. Dort musste er seine Haftstrafe antreten. Er war wie irgendein
anderer Verurteilter von der Justiz dazu vorgeladen worden. Da es sich aber
um den Ex-Staatschef handelt und seine Inhaftierung ein Präzedenzfall ist,
war es Medienereignis größter Ordnung. Die eindrückliche Szene geht prägend
in die Geschichte ein.
Der Weg von der Wohnung im 16. Stadtbezirk bis zur Haftanstalt im 14. wurde
auf allen Kanälen live übertragen, kommentiert und diskutiert.
Absurderweise erinnerte diese fast pompös wirkende Inszenierung die
Fernsehzuschauer an den 6. Mai 2007. Damals hatte Sarkozy in der Stichwahl
gegen die Sozialistin Ségolène Royal gewonnen und dies mit seinen Fans vor
den Kameras auf dem Weg zum Concorde-Platz und danach im Restaurant
Fouquet’s ausgiebig gefeiert.
Ein paar hundert seiner Anhänger waren auch jetzt zugegen, als Sarkozy nach
9 Uhr an der Seite von seiner Ehefrau Carla Bruni das Haus verließ.
„Nicolas, Nicolas“, riefen die Fans, die felsenfest an seine Unschuld
glauben und es ungeheuerlich finden, dass er eingesperrt wird.
Einer seiner drei Söhne, Louis Sarkozy, der auch eine politische Karriere
einschlagen möchte, hatte zur Kundgebung ausgerufen. Er weiß, dass es viele
seiner Landsleute, unter ihnen auch politische Gegner seines Vaters, nicht
normal finden, dass der Ex-Präsident verurteilt wurde und vor allem, dass
er nun tatsächlich im Gefängnis eine Strafe absitzen soll.
## „Ein Unschuldiger wird eingesperrt“
Natürlich gibt es auch die Gegenseite in der öffentlichen Meinung. Die hält
es für völlig normal, dass auch ein Prominenter wie Sarkozy, der wegen
Bildung einer kriminellen Vereinigung zwecks Beschaffung von
Wahlkampfgeldern von Diktator Muammar al-Gaddafi in den Jahren 2005 bis
2007 [1][zu 5 Jahren Haft ohne Bewährung und den Verlust der bürgerlichen
Ehren verurteilt] worden ist, ins Gefängnis kommt. Und dabei keine
Vorzugsbehandlung erhält.
In der Sonntagszeitung Tribune du Dimanche und nochmals am Dienstag in
einem Tweet auf X protestierte Sarkozy gegen diese Behandlung. Er sagt von
sich selber in dramatischem Ton: „Ein Unschuldiger wird eingesperrt.“ Damit
sei er Opfer eines „enormen Justizirrtums“. Er werde sich bis zum Schluss
wehren, um seine Unschuld zu beweisen, versprach Sarkozy, bevor er seine
Strafe antrat.
Da er gegen das Urteil vom 25. September Berufung eingelegt hat, wird
voraussichtlich im Frühling ein zweiter Prozess stattfinden. Dabei geht es
erneut um den Verdacht, dass Sarkozy vom libyschen Machthaber und dessen
Geheimdienstchef, dem wegen Terrorismus verurteilten Abdallah Senussi, Geld
zur Finanzierung seiner Wahlkampagne von 2007 erhalten habe.
Das Online-Magazin Mediapart hatte dies ab 2011 mit Enthüllungen
dokumentiert. Mangels Beweisen hat die erste Instanz Sarkozy und seine
engsten Mitarbeiter nicht für Korruption und Unterschlagung, sondern
lediglich wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung zu diesem Zweck
verurteilt.
Am 26. November wird das Kassationsgericht entscheiden, ob die (in
Frankreichs Strafvollzugspraxis durchaus übliche) gerichtliche Anordnung
des „Mandat de Dépot provisoire“, der zufolge er jetzt bereits – noch vor
dem Berufungsverfahren – seine Strafe verbüßen muss, rechtens ist.
## Macron traf sich am Freitag mit Sarkozy
In Fernsehsendungen streiten sich Anwälte und andere Rechtsexperten
diesbezüglich. Doch oft scheinen dabei politische Sympathien für oder gegen
den Betroffenen durch.
Während dem Ex-Präsidenten nahestehende Juristen die gerichtliche Strenge
als politischen Racheakt verurteilen, halten es andere im Gegenteil für
einen Beweis, dass die Justiz eines Rechtsstaates völlig unabhängig von
politischen Einflüssen und im Namen der Gleichbehandlung aller Bürger
entschieden habe.
Helle Empörung und hämische Schadenfreude halten sich in den Medien die
Waage. Fragwürdig ist es hingegen, dass der amtierende Präsident Emmanuel
Macron am letzten Freitag Sarkozy zu einem diskreten Besuch empfing. Und
Justizminister Gérald Darmanin versprach Sarkozy, er werde ihn im Gefängnis
„zur Überprüfung seiner Haftbedingungen und Sicherheit“ besuchen, wie ihm
sein Amt es erlaube.
## „Der Graf von Monte Christo“ als passende Knastlektüre
Der frühere Untersuchungsrichter Marc Trévidic sieht in der Inhaftierung
des Ex-Präsidenten ein Risiko für die Justiz: „Falls ihn das
Berufungsgericht freispricht, verstehen die Franzosen gar nichts mehr. Alle
werden dann sagen, die Justiz sei voreingenommen gewesen. Umgekehrt hieß es
immer, die Justiz sei nicht dieselbe für alle. Was wahrscheinlich zutraf,
aber heute besteht vielleicht die Tendenz, dies in umgekehrter Weise
auszugleichen.“ Das heißt, bisher Privilegierte nun in demonstrativer
Strenge zu bestrafen?
Einschüchtern lassen will sich Sarkozy nicht. „Ich habe keine Angst vor dem
Gefängnis. Ich gehe erhobenen Hauptes zum Eingang der Haftanstalt) La
Santé“, erklärte er der Sonntagszeitung. Er nehme zwei Bände des Romans
„Der Graf von Monte Christo“ von Alexandre Dumas als Lektüre mit. Dieser
handelt just um einen verleumdeten Unschuldigen, seine Flucht und Rache.
Im Pariser Gefängnis wurde in einer Abteilung für besonders gefährdete
Häftlinge eine Einzelzelle ohne „Blingbling“ für ihn bereitgestellt. Sie
ist wie alle anderen 9 Quadratmeter groß, aber mit Fernseher, Dusche und
Festnetztelefon doch etwas komfortabler. Er darf sich seine Mahlzeiten
kommen lassen und dreimal in der Woche Familienbesuche für jeweils 30
Minuten empfangen.
So schnell wie möglich wollen aber seine Anwälte mit ihrem sofortigen
Antrag auf vorzeitige Haftentlassung bewirken, dass sein
Gefängnisaufenthalt so kurz wie möglich dauert.
21 Oct 2025
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(DIR) Rudolf Balmer
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