# taz.de -- Angriff auf die Hamas in Katar: Welt ohne Regeln
       
       > Netanjahu ignoriert konsequent weiter das Völkerrecht. Gerade Israels
       > engste Verbündete sollten den Regierungschef in Jerusalem davon
       > abbringen.
       
 (IMG) Bild: Noch mal davongekommen ist Ex-Politbürochef Chaled Meschal beim israelischen Luftangriff auf führende Hamas-Aktivisten in Doha
       
       Welches Land im Nahen Osten hat Israel noch nicht attackiert? Die Liste ist
       bald kürzer als die Liste der Länder, die es in jüngster Zeit angegriffen
       hat. Keine zwei Wochen ist es her, dass es bei einem [1][Luftangriff auf
       die Huthi-Miliz im Jemen] den Ministerpräsident al-Rahaui und sein halbes
       Kabinett tötete. Nun hat es mitten im Golf-Emirat Katar Vertreter der Hamas
       bombardiert und damit eine weitere Grenze überschritten.
       
       Es wird sicher wieder Menschen geben, die diesen erneuten [2][Verstoß gegen
       alle diplomatischen Regeln und Grundsätze des Völkerrechts] verteidigen und
       relativieren werden. Aber es ist ein Rückfall in die Barbarei. Er zeigt,
       dass Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu davon ausgeht, dass für ihn
       keine Regeln mehr gelten. Und so lange US-Präsident Donald Trump ihn nicht
       stoppt, stimmt das ja auch. Wladimir Putin und Xi Jinping werden das mit
       Interesse verfolgen.
       
       In einer Welt, in der keine Regeln mehr gelten und niemand mehr sicher ist,
       haben sie als Atommächte gute Karten: Niemand wird es wagen, sie
       anzugreifen. Wer soll sie also stoppen, wenn sie sich ähnlich verhalten?
       Auch Russland hat schon mehrfach das Völkerrecht gebrochen und politische
       Gegner, die es als Staatsfeinde ansah, auf fremdem Territorium getötet.
       Dass gerade jetzt russische Drohnen über Polen auftauchen, ist womöglich
       ein Zufall: Aber auch Putin testet gern, wie weit er gehen kann.
       
       Katar hat in den letzten Jahren versucht, sich als eine Art Schweiz am
       Persischen Golf zu etablieren, als Ort des Austausches und der
       Verhandlungen. Mit Vertretern der USA und Israels hatte es sich um eine
       Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln im Gazastreifen bemüht, und ein
       Abkommen war zum Greifen nahe: Die Hamas hatte den Vorschlag der USA
       akzeptiert. Dieser Deal liegt nun in Trümmern, und das war die Absicht.
       
       ## Weltweite Kritik
       
       [3][Netanjahu hat ihn einmal mehr erfolgreich torpediert], denn er will
       keinen Waffenstillstand: Er will weiter Krieg führen. Für seine
       „Großisrael“-Vision ist er auch bereit, die Geiseln in Gaza zu opfern. Dass
       der Korruptionsprozess gegen ihn, der just in dieser Woche wieder
       aufgenommen wurde, durch den Angriff auf Katar überschattet wird, das ist,
       wie beim letzten Mal durch Israels Angriff auf den Iran, sicher nur ein
       glücklicher Zufall.
       
       Der anfänglich gegen die Hamas im Gazastreifen gerichtete Krieg sprengt
       längst alle Grenzen. Dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
       nun fordert, die Zahlungen der EU an Israel auszusetzen, ist ein richtiger
       Schritt. Sonst macht Netanjahu weiter wie gehabt. Israels Regierung
       begründet ihre Politik der martialischen Stärke gern damit, dass ihr Land
       eben „von Feinden umgeben“ sei und daher gar nicht anders handeln könne.
       
       Möglicherweise ist es genau andersherum: Weil sich Israel nicht an Regeln
       hält und sogar enge Verbündete regelmäßig vor den Kopf stößt, hat es
       weltweit wenig Freunde. Mit Antisemitismus, wie die gleiche Regierung so
       gern und lautstark klagt, hat das eher wenig zu tun.
       
       10 Sep 2025
       
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