# taz.de -- Reaktion auf Kurswechsel des Bundes: Schleswig-Holstein will die Energiewende retten
       
       > Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche will Gaskraftwerke ausbauen
       > und die Strommenge aus Wind und Sonne reduzieren. Kiel kündigt Widerstand
       > an.
       
 (IMG) Bild: Sollen nicht von der Bundeswirtschaftsministerin ausgebremst werden: Windräder wie hier bei Leck in Schleswig-Holstein
       
       Rendsburg taz | Schleswig-Holstein setzt weiter auf Strom aus Wind und
       Sonne. Damit stellt sich die schwarz-grüne Landesregierung gegen den
       Zehn-Punkte-Plan von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU). In
       einer Aktuellen Stunde wird das Parlament am Donnerstag in Kiel über den
       Umgang mit der [1][Energiewende-Wende] reden.
       
       „Marktorientiert“, „kosteneffizienter“ und „technologieoffen“ sind
       Begriffe aus dem Zehn-Punkte-Plan, den Reiche Mitte September vorstellte.
       Unter anderem will die Bundeswirtschaftsministerin, die vor ihrer Berufung
       ins Kabinett von Kanzler Friedrich Merz (CDU) als Managerin der Eon-Tochter
       Westenergie tätig war, wieder Gaskraftwerke ausbauen. Sie beruft sich dabei
       auf einen [2][Monitoring-Bericht], den die Merz-Regierung in Auftrag
       gegeben hatte.
       
       Doch aus diesem Bericht ließen sich Reiches Vorschläge gar nicht ableiten,
       sagt Lasse Petersdotter, Fraktionschef der Grünen im Kieler Landtag. Auf
       rund 250 Seiten nennen die Fachleute zwar Probleme – grundsätzlich aber
       stellen sie die Energiewende nicht infrage. Reiche aber möchte die
       Gesamt-Strommenge, die im Jahr 2030 durch Wind oder Sonne erzeugt werden
       soll, verringern.
       
       „Damit kalkuliert die Wirtschaftsministerin offenbar ein, dass [3][die
       Wirtschaft kein bisschen wächst]“, sagt Petersdotter. Als Arbeitszeugnis
       wäre das „herausragend unambitioniert“. Petersdotter kündigt Widerstand an:
       „Schleswig-Holstein wird die Aufgabe haben, im Bundesrat den Rückbau der
       erneuerbaren Energien zu verhindern.“
       
       Das Land zwischen den Meeren hat früh auf Wind und Sonne gesetzt. Heute
       hängen rund 20.000 Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein direkt von
       erneuerbaren Energien ab, heißt es vom Landesverband Erneuerbare Energien
       (LEE). Auch der wirtschaftliche Beitrag der Branche ist groß: Im Jahr 2022
       beliefen sich die Gewerbesteuerzahlungen auf rund 140 Millionen Euro, 2023
       auf etwa 95 Millionen Euro. Petersdotter nennt angesichts dieser Zahlen die
       Pläne der Bundesministerin „ein Standortrisiko für Schleswig-Holstein“. Von
       der Koalitionspartnerin CDU erwarte er, „dass sie sich auf die Seite des
       Landes und damit der erneuerbaren Energie stellt“.
       
       Bei der Branchenmesse „Husum Wind“ meldete sich bereits Ministerpräsident
       und CDU-Landeschef Daniel Günther zu Wort: „Meine Erwartungshaltung ist,
       dass der erfolgreiche Weg der [4][Energiewende] fortgesetzt wird“, sagte er
       bei der Eröffnung der Fachmesse.
       
       Der CDU-Fraktionschef Tobias Koch sagte vor der anstehenden Landtagssitzung
       am Donnerstag: „Wir haben die klare Position, dass wir den Ausbau
       fortsetzen wollen.“ Die Landesregierung will auch an dem Ziel festhalten,
       bis 2040 klimaneutral zu werden – fünf Jahre früher als der Bund.
       „Gleichzeitig erkennen wir an, dass man sich auf Bundesebene Gedanken darum
       macht, wie Energie für alle Menschen bezahlbar bleibt“, so Koch weiter.
       Schleswig-Holstein gehöre zu den Profiteuren der Energiewende, doch es sei
       „verständlich, dass man auf Bundesebene mehr austarieren will. Für unser
       eigenes Tun ändert das nichts.“
       
       Dass der Landtag über Reiches Zehn-Punkte-Plan debattiert, geht auf einen
       Antrag der SPD zurück, die in Berlin mitregiert, in Kiel aber die
       Opposition führt. „Das Einhalten der Klimaziele hat oberste Priorität“,
       sagt die SPD-Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli. Auch die Wirtschaft des
       Landes könne erneut leiden: „Die Industrie für Photovoltaik war groß, heute
       müssen wir Anlagen aus China kaufen. Auch zahlreiche Arbeitsplätze in den
       Windbranchen sind flöten gegangen.“ Jeder Kurswechsel in Berlin habe
       negative Folgen für Schleswig-Holstein.
       
       Einen „klaren politischen Kurs“ wünscht sich auch Marcus Hrach vom
       Landesverband Erneuerbare Energien. „Schleswig-Holstein bietet als
       Modellregion die Chance, innovative, marktorientierte Lösungen für die
       Energiewende zu etablieren.“ Hrach wünscht sich, dass die Landesregierung
       ihr Bekenntnis zu Wind- und Sonnenstrom „nach Berlin trägt“.
       
       Widerspruch kündigt einzig der FDP-Fraktionsvorsitzende Christopher Vogt
       an, „auch wenn es für mich eine fatale Lage ist, die CDU-Bundesministerin
       verteidigen zu müssen“.
       
       25 Sep 2025
       
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