# taz.de -- Bremen feiert Marokko-Tage: Unterdrückung kommt nicht vor
       
       > Bei den „Marokko-Tagen“ fällt unter den Tisch, dass das Land die
       > Westsahara völkerrechtswidrig besetzt hat. Die Jahre davor agierte Bremen
       > solidarisch.
       
 (IMG) Bild: „Freie Sahara – Frieden und Gerechtigkeit“ steht auf den Fahnen: Demonstration im Jahr 2022 in Sevilla
       
       Samstagmittag auf dem Bremer Marktplatz: bestes Spätsommerwetter, eine
       üppige Bühne in sattem Rot-Schwarz, davor einige weiße Baldachin-Zelte. Ein
       DJ legt auf, Bands spielen, in den Zelten werden Essen und Tee, Gewänder
       und Gewürze verkauft. Es sind Marokko-Tage in Bremen.
       
       Ausgerechnet in Bremen, muss man wohl sagen – in einer Stadt mit einer
       langen Tradition der Unterstützung des Kampfes der sahrauischen
       Urbevölkerung der Westsahara für ihr Recht auf Selbstbestimmung.
       
       Seit 50 Jahren hält Marokko weite Teile der am Atlantik gelegenen
       Westsahara [1][völkerrechtswidrig besetzt] und [2][beutet deren Ressourcen
       wie Phosphat und Fisch aus.] Ein großer Teil der Sahrauis lebt in
       Flüchtlingslagern in Algerien.
       
       „Bremen ist der Heimathafen der deutschen Solidarität mit der Westsahara“,
       sagt eine Sprecherin der sahrauischen Diaspora in Deutschland, die
       namentlich nicht genannt werden möchte.
       
       In der Tat, die Liste der symbolischen oder praktischen Zeichen der
       Unterstützung aus der Hansestadt ist lang. 2013 bekam die ehemalige
       Trägerin des Alternativen Nobelpreises, die sahrauische Aktivistin Aminatou
       Haidar, den Bremer Solidaritätspreis verliehen.
       
       2016 hatte die Bremer Politik beschlossen, zum Jahrestag der Gründung des
       sahrauischen Exil-Staates Demokratische Arabische Republik Sahara (DARS)
       die Staatsflagge in den panarabischen Farben über der Bremischen
       Bürgerschaft wehen zu lassen. In einem fraktionsübergreifenden Beschluss
       hatte sich das Parlament damals für die Durchführung des UN-Referendums zum
       Selbstbestimmungsrecht der Sahrauis ausgesprochen.
       
       Erst im Juni dieses Jahres hat sich die Bremer SPD bei ihrem
       Landesparteitag in einer Resolution zur Unabhängigkeit der Westsahara
       bekannt.
       
       Einer, der diese Art der Unterstützung immer für schwierig gehalten hat,
       ist Alexander Rosenboom, seit zwei Jahren amtierender Honorarkonsul für
       Marokko in Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Dass sich
       Bremen als Stadt immer wieder solidarisch mit der Sache der Sahrauis
       gezeigt habe, mache die Zusammenarbeit mit der marokkanischen Seite nicht
       einfacher, erklärte der Diplomat am Rande der Eröffnungsveranstaltung zu
       den Marokko-Tagen im Bremer Rathaus.
       
       Zu weiteren Aussagen zum Westsahara-Konflikt, der seit Ende 2020 auch
       wieder in bewaffneten Kämpfen zwischen der marokkanischen Armee und der
       sahrauischen Befreiungsbewegung Frente Polisario ausgetragen wird, war
       Rosenboom nicht bereit. „Dazu werden Sie von mir nichts hören“, erklärte
       der Konsul. „Das ist Außenpolitik. Ich kümmere mich um die Leute hier.“
       
       ## Zeichen gegen das schlechte Image
       
       Im Rathaus erfährt man auch, was die ursprüngliche Idee hinter den Bremer
       Marokko-Tagen war: Die örtliche Gemeinde in Form von zwei Vereinen,
       Restaurants und dem Honorarkonsulat wollte ein Zeichen setzen gegen das
       schlechte Image wegen der kriminellen Jugendlichen aus der Maghreb-Region.
       Zwei Lehrer stellen die Arbeit der deutsch-marokkanischen Bildungsbrücke
       vor, die Bürgermeisterin von Syke in Niedersachsen die Partnerschaft mit
       einer Stadt in Marokko.
       
       Am Rande gibt es aber auch Stimmen, die von einer durch das nationale
       marokkanische Tourismusbüro gekaperten Veranstaltung sprechen. Es gehe um
       Image-Politik. Ein Sprecher des veranstaltenden Vereins Mosaik wirkt
       überrascht, als man ihn auf das Thema Westsahara anspricht, redet dann aber
       ganz offen von den „südlichen Gebieten Marokkos“.
       
       Auch die Sprecherin der sahrauischen Diaspora in Deutschland befürchtet
       ein Weißwaschen durch die dreitägige Veranstaltung: „Mit Kultur und
       Tourismus versucht Marokko die Besetzung der Westsahara zu legitimieren.“
       Sie glaube nicht, dass Marokko ein echtes Interesse an den Problemen der
       Menschen in der Diaspora habe.
       
       ## Leinwände mit Image-Videos
       
       Carmen Emigholz, Staatsrätin für Kultur in Bremen, sagt: „Es ist
       unbestritten, dass der Umgang mit dem Konflikt um die Westsahara ein
       sensibler Punkt ist.“ Bei aller Freude über die Marokko-Tage dürfe man
       diesen Konflikt nicht vergessen. „Ganz besonders in Bremen als einer
       traditionell offenen und aufgeschlossenen Stadt“, sagt die Staatsrätin.
       
       Zurück auf dem Bremer Marktplatz: Auf Leinwänden an der üppigen Bühne des
       marokkanischen Tourismusbüros laufen Image-Videos, die Marokko, das
       „Kingdom of Light“, als [3][Reiseziel] anpreisen. Man verkauft das clever;
       sogar zwei Bands mit sahrauischen Wurzeln aus dem Süden Marokkos und aus
       den besetzten Gebieten dürfen auftreten. An der Seite hängt ein Porträt von
       König Mohammed VI.
       
       Natürlich gibt es Sahrauis in den besetzten Gebieten, die sich mit der
       Herrschaft Marokkos über das Gebiet der [4][Westsahara] arrangiert haben,
       die mit einem Autonomiestatus für ihr Volk zufrieden wären. Die Sprecherin
       der sahrauischen Diaspora in Deutschland rückt das allerdings in einen
       sozialen Zusammenhang: „Zugang zu Arbeit hat man dort oft nur, wenn man
       seinen politischen Kampf aufgibt.“
       
       23 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
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