# taz.de -- Ibiza-Video: Detektiv oder Drogendealer? Julian Hessenthaler scheitert vor Gericht
       
       > Der Europäische Menschengerichtshof bestätigt die Urteile aus Österreich.
       > Dort war der Whistleblower Hessenthaler für Kokainhandel verurteilt
       > worden.
       
 (IMG) Bild: Er hat das Land verändert – und im Knast gesessen: Julian Hessenthaler
       
       Wien taz | Ohne ihn sähe Österreich heute anders aus: Sein „Ibiza“-Video
       hat das Land auf den Kopf gestellt, doch diesen Donnerstag musste Julian
       Hessenthaler eine Niederlage hinnehmen.
       
       Im Mai 2019 war der Schock groß, als die heimlichen Aufnahmen aus Ibiza
       herauskamen. Darauf zu sehen war Heinz-Christian Strache (FPÖ), damals
       Vizekanzler unter Sebastian Kurz. In dem Video zeigte Strache sich offen
       für allerlei fragwürdige bis korrupte Machenschaften. Unter anderem stand
       die Machtübernahme in der Kronen Zeitung mit russischem Geld inklusive
       Rausschmiss einiger unliebsamer Journalisten im Raum. Das war’s mit
       Straches Durchmarsch. Es folgten eine Regierungskrise, Neuwahlen und eine
       überfällige Debatte über politische Hygiene. Die Rechtsradikalen waren
       vorläufig gebremst.
       
       Angestoßen wurde all das durch das Video, produziert von Julian
       Hessenthaler (45), der auch als „Ibiza-Detektiv“ bezeichnet wird. Der
       gebürtige Wiener arbeitete damals als Sicherheitsberater. Aus Frustration,
       dass gegen Strache trotz Hinweisen auf Korruption keine Ermittlungen
       eingeleitet worden waren, kam ihm die Idee der Videofalle.
       
       Staatliche Stellen hätten „bewusst weggesehen“, wie er später sagte.
       Deshalb wollte Hessenthaler „für eine bildlich-objektive und
       unwiderlegliche Dokumentation“ sorgen. Zum Einsatz kamen dabei eine
       Prachtvilla, etliche Wodka-Energys, eine vermeintliche russische
       Oligarchennichte als Lockvogel. Gefilmt von etlichen versteckten Kameras.
       
       ## Über Bande gespielt
       
       Erst wollte Hessenthaler die Videos an die Konkurrenten der FPÖ
       weitergeben, damit diese sie öffentlich machen. Doch diesen waren die
       Aufnahmen und ihre Entstehung wohl zu heikel. Am Ende ging Hessenthaler zum
       Spiegel und zur Süddeutschen Zeitung – wohl wissend, dass dort mehr zu
       erreichen war als in der verhaberten Wiener Medienblase. Über Bande
       gespielt, also Deutschland, würde der Aufschrei sogar größer sein, so die
       Überlegung. Und so kam es auch.
       
       Im Dezember 2020 wurde Hessenthaler in Berlin verhaftet. Vier Monate später
       wurde er nach Österreich überstellt, wo ihm der Prozess gemacht wurde.
       Nicht aber wegen der heimlichen Videoaufnahmen in Spanien, was dort nicht
       strafbar ist, sondern weil ihm der Handel von über einem Kilo Kokain sowie
       Urkundenfälschung vorgeworfen wurde. Hessenthaler, der schon in U-Haft
       gesessen hatte, wurde 2022 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Dieses
       Urteil ist in seinen Augen politisch motiviert. Tatsächlich gab es im
       Prozess einige Ungereimtheiten und fragwürdige Zeugenaussagen, dennoch kam
       es zum Schuldspruch.
       
       Gegen das Urteil zog Hessenthaler erst zum Obersten Gerichtshof, dann zum
       Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Dort machte er sein
       Recht auf ein faires Verfahren geltend. Doch auch in Straßburg blitzte er
       diesen Donnerstag ab. Der EGMR befindet, es gebe „keine Hinweise einer
       politischen Motivation in der Strafverfolgung“. Seine Verurteilung beruhe
       auf Straftaten, die völlig unabhängig von der Ibiza-Affäre seien. Die
       österreichischen Gerichte hätten ihre Entscheidungen ausreichend begründet
       und seine Einwände angemessen behandelt, so der EGMR.
       
       Seine Strafe hat Hessenthaler bereits abgesessen, seit April 2023 ist er
       wieder frei. „Natürlich respektiere ich das Urteil, doch bleibt für mich
       ein bitterer Geschmack zurück. Wer in Europa auf Missstände hinweist,
       riskiert, dafür kriminalisiert zu werden“, sagte er dem Standard.
       Hessenthaler wolle weiterhin alles daransetzen, Missstände transparent zu
       machen und die Öffentlichkeit darüber zu informieren.
       
       18 Sep 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Bayer
       
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