# taz.de -- „The Morning Show“ wird unpolitischer: Seifenoper statt Politik
       
       > Die vierte Staffel der Serie „The Morning Show“ verliert das Politische
       > aus den Augen. Damit verschenkt sie ihr größtes Kapital: den Mut zur
       > Reibung.
       
 (IMG) Bild: Oft einsam und gestresst: TV-Moderatorin Alex Levy (Jennifer Aniston)
       
       Wenn Jennifer Aniston und Reese Witherspoon wieder als Alex Levy und
       Bradley Jackson Nachrichten moderieren, dann wird’s hochaktuell: Die Serie
       [1][„The Morning Show“] hat uns in den letzten drei Staffeln nicht nur in
       Amerikas Hochglanznachrichtenwelt eintauchen lassen, sondern auch
       US-amerikanische wie weltpolitische Gegenwart skizziert. Die vierte Staffel
       verstummt im wirklich Politischen.
       
       Die erste Staffel der Serie schlug 2019 ein: Die Thematisierung von
       sexuellen Übergriffen in einem US-Fernsehsender traf einen Nerv und war so
       hervorragend besetzt wie intelligent konzipiert. Steve Carell als sexuell
       grenzüberschreitender Nachrichtensprecher konnte vom
       [2][US-Serienpublikum] als Anspielung auf den Fall Matt Lauer verstanden
       werden, der sich als Moderator des Senders NBC 2017 ebenfalls massiven
       Vorwürfen sexueller Übergriffigkeit ausgesetzt sah und entlassen wurde.
       
       Das Schwanken zwischen Loyalität mit Kolleginnen und Freundschaft mit dem
       langjährigen Co-Moderator rang Aniston ihre bislang einzig wirklich gute
       Perfomance der Serie ab. Die Gleichzeitigkeit von skrupellosem
       Machtmissbrauch, Charisma und echter Ahnungslosigkeit bleibt durch Carells
       Darstellung unvergessen.
       
       Wie diesen grandiosen Aufschlag fortsetzen, fragte sich das Publikum nach
       der ersten Staffel – und das Team um Regisseurin Mimi Leder und
       Drehbuchautor Jay Carson antworteten mit einem ausgesprochen intelligenten
       Twist: der Weiterführung der Serie als Dokumentation politischer und
       gesellschaftlicher Gegenwart.
       
       In den folgenden zwei Staffeln konnte das innovative Niveau der ersten
       Staffel nicht reproduziert werden, dennoch blieb die nachrichtliche
       Begleitung hochaktueller Geschehnisse sehenswert. Kämpft sich in der
       zweiten Staffel die Redaktion der „Morning Show“ samt Liveschaltungen aus
       der eigenen Wohnung und Quarantäne durch die erste Covidwelle, rücken in
       der dritten Staffel Fragen von rassistischen Machtdynamiken innerhalb der
       Nachrichtenredaktion, Russlands Krieg gegen die Ukraine und der versuchte
       Kauf des Nachrichtenunternehmens durch [3][einen Techmilliardär]in den
       Mittelpunkt.
       
       ## Bösewicht oder gutherziger Kerl?
       
       Dass besagter, an Weltraummissionen interessierter Techmilliardär Paul
       Marks (Jon Hamm, zuletzt als verarmter Reicher in „Your Friends &
       Neighbors“ gesehen – wohlbetuchte Männer darstellen kann er einfach
       besonders gut) über große Strecken der dritten Staffel hinweg Levy Rührei
       kocht und seine Wochenenden in ihrem Luxusbett verbringt, deutet den
       langsamen, aber sicheren Qualitätsverlust der Serie bereits an.
       
       Wie schön muss die Liebe zu einem skrupellosen, aber charmanten Milliardär
       doch sein. Ganz unironisch wird diese Liebesgeschichte ins Zentrum des
       Geschehens gerückt, endlich finden die beiden Overachiever eine Schulter
       zum Anlehnen, endlich kann Paul einer Frau von seinem ersten Hund erzählen.
       
       Die Beeinflussung der Medienbranche durch Techmilliardäre wird kritisch
       angemahnt, jaja, eigentlich aber wird Paul Marks zur Projektionsfläche
       aller angenommenen weiblichen romantischen Sehnsüchte – und entpuppt sich
       keineswegs als Bösewicht, sondern als hinter seinen Milliarden eigentlich
       gutherziger Kerl.
       
       Noch unpolitischer geht die vierte Staffel weiter. Zeitpunkt der Handlung
       ist nun Frühjahr 2024, Themen sind die Gefährdung verlässlicher Nachrichten
       durch KI, ein Umweltskandal, den es aufzudecken gilt, Olympia in Paris und
       ein trendender Alphamale-Podcaster (dass Levy mit ihm schläft, weil sie
       seine traurige Kindheit doch irgendwie rührend findet, gleicht einer
       Parodie).
       
       Der Wahlkampf Donald Trumps allerdings und seine eventuelle erneute
       Präsidentschaft bleiben nahezu vollständig unthematisiert. Ein wirklich
       schwaches Ende für eine Serie, die sich selbst als politische
       Diskursdokumentation versteht – und ein trauriges Beispiel für ein
       ängstliches Hollywood.
       
       17 Sep 2025
       
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