# taz.de -- Eine Oase mitten im Kapitalismus: Das Mosaik leuchtet wieder
       
       > Nach 25 Jahren Verfall ist ein denkmalgeschützter Brunnen hinter dem
       > ehemaligen DDR-Staatsratsgebäude restauriert. Der Park dort ist ein
       > Geheimtipp.
       
 (IMG) Bild: Der denkmalgeschützte Glasmosaik-Brunnen liegt im Hinterhof einer privaten Uni, ist aber öffentlich zugänglich
       
       BERLIN taz | Sprudelt ja gar nicht“, sagt eine Passantin am Montagmittag.
       Sie ist gerade herangetreten an den neu restaurierten Mosaikbrunnen im
       Hinterhof der European School of Management and Technology (ESMT). Unter
       der glatten Wasseroberfläche fügen sich Glasmosaiksteine zu tropfenförmigen
       Gebilden, sie leuchten in kräftigem Blau, mit Punkten in dunklem, sattem
       Rot. Die Formen gliedern sich ein in einen Hintergrund aus türkisen,
       cremefarbenen und hellblauen Steinchen. In [1][einem Fernsehbeitrag von
       Sonntagabend] waren aus dem Brunnen noch zwei Fontänen aufgestiegen. Doch
       die sind am Montag wieder ausgeschaltet.
       
       Die Passantin ist trotzdem zufrieden. „Ich freue mich, dass manches wieder
       aus der Mottenkiste geholt wird“, sagt sie und fotografiert den Brunnen aus
       verschiedenen Perspektiven. „Es sind Erinnerungen. Und es gehört zur Kultur
       und zur Geschichte der Stadt“, findet sie. Seit 1980 lebt sie in Berlin, in
       der Nähe der Volksbühne in Mitte. [2][Mosaike dieser Art habe es in der DDR
       ja viele gegeben], sagt sie. „Es ist so schade, wenn man es vermodern
       lässt.“
       
       Sie ist nicht die einzige, die extra nach Mitte aufgebrochen ist, um den
       wiedererweckten Brunnen zu besichtigen. „Ich wusste bisher gar nicht, dass
       der Brunnen hier ist uns dass er auch öffentlich zugänglich ist“, freut
       sich ein Mann aus Lichtenberg. Er interessiere sich generell für Gebäude
       und Skulpturen, sagt er. Ein Berliner kommt mit seinem Besuch aus Bonn
       vorbei, sie wollen sich danach noch den neu gestalteten Gendarmenmarkt
       ansehen, das Mosaik besichtigen sie wie einen Geheimtipp auf dem Weg.
       
       Der Brunnen, 1964 gebaut, stammt von der Mosaikkünstlerin Ortraud Lerch
       (1939–2013). Von den 1960er Jahren bis zum Ende der DDR arbeitete sie für
       den Volkseigenen Betrieb Stuck und Naturstein in Berlin. In dessen Auftrag
       entwarf sie großformatige Mosaike für öffentliche Bauten. So hatte sie
       [3][1979 den Kugelbrunnen mitgestaltet, der am Eingang des Freizeit- und
       Erholungszentrums in der Wuhlheide] steht. 1989 arrangierte sie ein
       [4][Wandmosaik zur Entwicklungsgeschichte von Rüsseltieren für das
       Dickhäuterhaus] im Tierpark.
       
       ## In Honeckers Garten
       
       Ursprünglich sprudelte der Brunnen im Garten von [5][Erich Honeckers
       Staatsratsgebäude], heute sitzt dort die [6][ESMT. Das 10 mal 16 Meter
       große Mosaik bildet das Zentrum des kleinen Parks] hinter Hauptgebäude und
       Seitenflügel der privaten Wirtschaftshochschule. Auf der Wiese um den
       Brunnen herum stehen Plastiksessel, dahinter ist eine Terrasse mit Tischen,
       Stühlen und Sonnenschirmen. Ein grüner, frischer Rückzugsort gleich neben
       dem von Beton und Granit dominierten Humboldt Forum.
       
       25 Jahre hatte der denkmalgeschützte Brunnen brach gelegen und war
       verfallen. So weit, dass die Steinchen lose und verschoben im trockenen
       Becken herumlagen und Kraut aus den Ritzen spross. Zum Tag des offenen
       Denkmals am Wochenende war der Brunnen nach knapp zwei Jahren Restauration
       und Sanierung wieder eingeweiht worden und ist nun zu den Öffnungszeiten
       der Hochschule werktags von 6–22 Uhr und an Wochenende von 10–22 Uhr frei
       zugänglich. Die EMTS bietet auch [7][Führungen durch das Haus] an.
       
       Im Unicafé können Besucher*innen sich außerdem bis nachmittags zu
       vergleichsweise günstigen Preisen mit Kaffee und anderen Erfrischungen
       versorgen. Und auf dem Weg zum Brunnen ist außerdem ein sich über mehrere
       Etagen erstreckendes Glasbild von Walter Womacka von 1964 zu besichtigen.
       Womacka hat auch mehrere [8][Kunst-am-Bau-Wandbilder etwa am
       Alexanderplatz] gestaltet. Das Glasbild in der EMTS zeigt Arbeiter*innen,
       Weizenähren, Friedenstauben und Aufbruch-Parolen. Allerdings nur von innen.
       Eine zweite Verglasung versperrt von außen den Blick auf die sozialistische
       Bildsprache.
       
       15 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.rbb24.de/kultur/beitrag/2025/09/berlin-glas-mosaik-brunnen-ortraud-lerch-ddr-staatsrat-gebaeude.html
 (DIR) [2] /Kunst-am-Bau-in-der-DDR/!5659330
 (DIR) [3] https://bildhauerei-in-berlin.de/bildwerk/kugelbrunnen-6783/
 (DIR) [4] https://bildhauerei-in-berlin.de/bildwerk/die-entwicklungsgeschichte-der-ruesseltiere-8557/
 (DIR) [5] /Staatsratsgebaeude-wird-Leerstelle/!1202135/
 (DIR) [6] https://www.tagesspiegel.de/wissen/erhalten-kritisieren-oder-abreissen-der-umgang-mit-ddr-staatskunst-an-unibauten-11832608.html
 (DIR) [7] https://esmt.berlin/de/veranstaltungen/historische-fuehrungen
 (DIR) [8] https://bildhauerei-in-berlin.de/?s=womacka
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uta Schleiermacher
       
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