# taz.de -- Zukunft der Bildung: Keine toxischen Hierarchien im System
> Ein Blick in die Zukunft: Warum man im Jahr 2125 an Schulen
> Improvisationstheater spielt – und damit auch noch jede Menge fürs Leben
> lernt.
(IMG) Bild: Mehr Improtheater statt Frontalunterricht
So sehr ich die Ferien herbeigesehnt habe, so erleichtert bin ich, dass die
Schule endlich wieder anfängt! Auch die Kinder freuen sich.
Aber schon nach einer Woche ist die Ernüchterung groß: Beim einen Kind sind
so viele Störenfriede in der Klasse, dass der Lehrer kaum unterrichten
kann. Schüler*innen spielen am Handy; es wird gespuckt, gepöbelt und der
ein oder andere Nackenklatscher ist auch schnell verteilt. Beim anderen
Kind türmen sich die Hausaufgaben, unangekündigte Tests lauern in jeder
Stunde, uralte Arbeitsblätter verstopfen den Ranzen und bald schon flattert
die erste 5 ins Haus. Was für ein Desaster!
Mein zeitreisender Freund Felix wartet taktvoll, bis die Kinder aus dem
Haus sind, bevor er mir erzählt, dass „σχολή“ (scholḗ) im antiken
Griechenland Freizeit und „ludus“ im antiken Rom sowohl Schule als auch
Spiel bedeutet hat. „Klugscheißer!“, rufe ich wütend. „Wir sind also hinter
die Antike zurückgefallen. Da bin ich ja mal gespannt, wie ihr das bis in
100 Jahren besser machen wollt bei einer alternden Gesellschaft,
Fachkräftemangel und Pisa-Ergebnissen, die [1][jedes Jahr schlimmer
werden].“
„Herausforderung angenommen“, sagt er lachend. „Der erste Schritt ist
[2][die Abschaffung der toxischen Hierarchie von Hauptschule, Realschule
und Gymnasium]. Und der Vorstellung, dass Bildung etwas ist, das von oben
über Kinder ausgeschüttet wird und sie selbst zusehen müssen, wie viel sie
davon auffangen; oder wie viel überarbeitete Eltern nach Feierabend noch
übernehmen können.Diese Zeiten sind vorbei! Bei uns ist die Schule
zuallererst ein sicherer Ort, wo Kinder gerne hingehen, weil sie dort ernst
genommen werden und unabhängig vom Elternhaus individuelle Förderung
bekommen. Kommunikation schreiben wir deshalb ganz groß und stellen als
Einwanderungsland sicher, dass alle, die hier leben, gut Deutsch sprechen
können. Und durch theaterpädagogische Kurse werden Kinder in Improvisation,
Wahrnehmung und Empathie geschult.“
## Ruhe vor den Enkelkindern
„Improtheater an der Schule?“
„Ja! So lernen sie, kreative Lösungswege zu nutzen, Fehler nicht als
Schande, sondern als Chance zu begreifen und wie es ist, gemeinsame Erfolge
zu feiern. Das stärkt Selbstbewusstsein, Selbstwirksamkeit und motiviert
sie, als Teil der Gemeinschaft andere zu unterstützen.“
„Eine schöne Idee. Aber lernen sie auch was dabei?“
„Natürlich!“, sagt mein zeitreisender Besucher. „Es gibt ja nach wie vor
Pflichtfächer wie Deutsch, Naturwissenschaften, Geschichte und Politik,
Kunst und Musik, Medienkompetenz und Alltagswissen. Außerdem werden die
Kinder in der Schulgemeinschaft [3][in Entscheidungsprozesse miteinbezogen]
und können sich ihren Interessen und Fähigkeiten entsprechend
Vertiefungsfächer aussuchen, die auf das Studium vorbereiten oder eine
praktische Ausbildung begleiten. Der Unterricht selbst ist eine Mischung
aus Frontalunterricht – ja, da staunst du, so was gibt’s immer noch! –
Gruppenarbeit, Einzelstudium und Bewegungslernen.“
„Klingt toll, aber wie überzeugen wir die Politik, das umzusetzen?“
„Du weißt ja, dass sich die Alten seit je her über die lauten und
respektlosen Jugendlichen beklagen.“
„Ja, schon seit Sokrates’ Zeiten!“
„Genau! Seit den 2030er Jahren stellen die über 60-Jährigen mehr als die
Hälfte der Wahlberechtigen. Und um endlich Ruhe vor den nervigen Enkeln zu
haben, tut die Großelterngeneration ausnahmsweise das Richtige: Sie
investiert in ein Bildungssystem, das funktioniert, damit die Eltern Zeit
haben, die Renten zu erwirtschaften.“
14 Sep 2025
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## AUTOREN
(DIR) Theresa Hannig
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