# taz.de -- Afghanistan: Hunderte Tote nach Erdbeben
       
       > Ein Erdbeben mit bislang über 800 Toten erschüttert Afghanistan. Bei der
       > medizinischen Versorgung könnte sich das Arbeitsverbot für Frauen rächen.
       
 (IMG) Bild: Aufnahme des schweren Erdbebens im Osten Afghanistans
       
       Berlin taz | Eine Serie schwerer Erdstöße hat im Osten Afghanistans in der
       Nacht zu Montag ganze Dörfer zerstört. Nach Angaben des
       Taliban-Innenministeriums starben 812 Menschen, 2.800 wurden verletzt, die
       meisten in der Provinz Kunar.
       
       Besonders betroffen ist der Distrikt Nurgal, wo mindestens vier Dörfer
       vollständig und weitere teilweise zerstört wurden. In der Provinz
       Nangarhar gab es zwölf Tote, in Laghman und Nuristan Verletzte. Auch in
       Pandschir wurden Häuser zerstört.
       
       Videos in afghanischen Medien zeigen Männer, die in den Trümmern nach
       Verschütteten suchen und Leichen auf Holzbahren über verschüttete Bergpfade
       ins Tal tragen. Auch massive, mehrstöckige Gebäude aus Ziegeln stürzten
       ein. Viele Dörfer in der unwegsamen, dünn besiedelten Bergregion sind noch
       unerreichbar, bestenfalls per Hubschrauber.
       
       Das Ausmaß des Bebens wird erst allmählich sichtbar. Der stärkste Erdstoß
       erreichte eine Stärke von 6,0. Der Leiter des Provinzkrankenhauses von
       Kunars Hauptstadt Asadabad sagte der BBC, dass man dort „alle fünf Minuten“
       Patient*innen aufnehme und das gesamte Krankenhaus voller Verletzter
       sei. Ein Kontakt der taz in Kabul erklärte, dass Häuser in der Region oft
       terrassenförmig übereinander gebaut sind, was bei Erdbeben zu höheren
       Opferzahlen führt.
       
       ## Taliban setzt Hubschrauber ein
       
       Das Epizentrum lag etwa 50 Kilometer nordöstlich der 300.000-Einwohnerstadt
       Dschalalabad, nahe der Grenze zu Pakistan. Im am stärksten betroffenen
       Gebiet, einem Umkreis von 15 Kilometern, leben laut UNO 92.000 Menschen, in
       einem Radius von 50 Kilometern fast 1,5 Millionen. In Dschalalabad sowie in
       Afghanistans Hauptstadt Kabul und im pakistanischen Islamabad war das Beben
       spürbar.
       
       Die Hauptstraße von [1][Kabul] über Dschalalabad nach Pakistan wurde nach
       Erdrutschen wieder freigegeben, doch kleinere Straßen in die Epizentren
       blieben bis Montag blockiert. Die Taliban setzten Hubschrauber ein, um
       Verletzte auszufliegen und Ärzte in die betroffenen Gebiete zu bringen.
       Videos zeigen, wie Männer, Frauen und Kinder an Bord genommen werden.
       
       Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid erklärte, das Regime habe 100
       Millionen Afghani (1,25 Millionen Euro) für die Opfer bereitgestellt, mit
       der Möglichkeit, die Summe zu erhöhen. Ein Sonderkomitee unter Leitung des
       Ministers für ländliche Entwicklung, Mullah Muhammad Junus, koordiniert die
       Hilfsmaßnahmen.
       
       Der Afghanische Rote Halbmond, die UNO, lokale Hilfsorganisationen und
       Privatpersonen entsandten medizinische Teams und Nothilfe. Unter anderem
       Iran, Pakistan, Indien, China boten Unterstützung an. Die EU sprach den
       Opfern ihr Beileid aus und verwies auf die Hilfe ihrer humanitären Partner
       vor Ort. Von zusätzlichen Mitteln war nicht die Rede.
       
       ## Viele Opfer könnten Frauen und Kinder sein
       
       Laut afghanischen Exilmedien fehlen in den Gesundheitszentren der
       betroffenen Distrikte Ärztinnen. Einheimische forderten die Taliban auf,
       Frauen den Zugang zu den Gebieten zu erlauben. Dawood Safi von der
       [2][Afghanistan Bridging Initiative] postete immerhin ein Foto von vier
       Ärztinnen, die im Regionalkrankenhaus in Dschalalabad Verletzte versorgen.
       Doch auch dieses Krankenhaus dürfte bald überlastet sein. Eine
       BBC-Reporterin beschrieb es im vergangenen Jahr als „selbst ohne
       Katastrophenfall völlig überfordert“.
       
       Shoaib Sharifi, früher Aktivist und nun Redakteur beim Afghanistan-Dienst
       der BBC, befürchtet, dass weibliche Opfer wegen [3][der Arbeitsverbote für
       Frauen] verspätet behandelt werden. Nach dem Erdbeben in der Provinz
       Paktika im Juni 2022 stieg die Zahl verletzter Frauen in Krankenhäusern
       erst zwei Tage später. Auch bei einem Erdbeben in der Provinz Herat, bei
       dem über 1.400 Menschen starben, waren laut Unicef über 90 Prozent der
       Opfer Frauen und Kinder.
       
       1 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kabul/!t5009331
 (DIR) [2] https://afgbridging.org/services/
 (DIR) [3] /Frauen-in-Afghanistan/!5904609
       
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 (DIR) Thomas Ruttig
       
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