# taz.de -- Die geklauten Huarache-Sandalen: Adidas betreibt kulturelle Aneignung
       
       > Der Sportartikelkonzern Adidas hat sich in Mexiko mit der Sandale „Oaxaca
       > Slip On“ unbeliebt gemacht. Die sei „intellektuelles kollektives
       > Eigentum“.
       
 (IMG) Bild: Schuhleisten und Materialien für traditionelle indigene Sandalen in einer Werkstatt in Villa Hidalgo Yalalag, Oaxaca, Mexiko
       
       Also ehrlich, man hätte das auch versteckter handhaben können. Doch Adidas
       musste seine neue Sandale ausgerechnet „Oaxaca Slip On“ nennen. Damit alle,
       die sich ein wenig in der Region auskennen, verstehen, dass der Schuh etwas
       mit dem gleichnamigen mexikanischen Bundesstaat zu tun haben könnte.
       
       Aber vielleicht wollte der US-Designer Willy Chavarría, der die Sandale für
       den deutschen Sportartikelkonzern entworfen hat, ja genau das. Schließlich
       ist er Sohn eines mexikanischen Migranten und hat so eine besondere
       Beziehung zum Nachbarland. Seine Absicht sei gewesen, „den kräftigen
       kulturellen und künstlerischen Spirit von Oaxaca sowie dessen kreative
       Gemeinden zu ehren – ein Ort, dessen Schönheit und Widerständigkeit mich
       inspiriert haben“. Sagt er. Und: „Der Name Oaxaca ist nicht nur ein Wort,
       es ist lebendige Kultur, seine Bevölkerung und seine Geschichte.“
       
       Klingt fetzig. Seltsam nur, dass ihm das erst einfiel, nachdem die so
       kämpferische Bevölkerung der indigen geprägten Region tatsächlich auf die
       Barrikaden gegangen ist. Nachdem Adidas den Schuh Anfang August in Puerto
       Rico präsentierte, beschuldigte die Kommunale Versammlung der zapotekischen
       Gemeinde Villa Hidalgo Yalálag das Unternehmen, sich ihr Kulturgut
       unerlaubt angeeignet zu haben.
       
       Das Design sei die Raubkopie der „Huarache“-Sandalen, die in der Gemeinde
       traditionell hergestellt werden. Die Versammlung – die höchste Autorität
       des Dorfes – forderte Adidas auf, die Produktion einzustellen und mit ihnen
       sowie den zuständigen Regierungsinstanzen über das weitere Vorgehen zu
       sprechen.
       
       ## Adidas entschuldigt sich
       
       Designer Chavarría und der Konzern sind seither sehr betroffen. „Wir bitten
       um Entschuldigung“, antwortete Adidas und bestätigte seine Bereitschaft,
       „mit Yalálag in einen respektvollen Dialog zu treten, der das kulturelle
       Erbe ehrt“. Hört sich so an, als ob den Schuhproduzenten einfach mal
       durchgerutscht wäre, dass sie das Plagiat einer Sandale hergestellt haben,
       die bislang in der abgelegenen Sierra Norte, 100 Kilometer von Oaxacas
       Landeshauptstadt entfernt, produziert wird. So als ob so was noch nie
       vorgekommen wäre.
       
       Dabei gab es in den letzten Jahren in Mexiko zahlreiche Skandale um
       Raubkopien indigener Muster, und einige davon spielten ausgerechnet in der
       Region. So hat die französische [1][Designerin Isabel Marant] Blusen aus
       der Gemeinde Tlahuitoltepec kopiert, und das spanische Modeunternehmen Zara
       klaute Motive des Dorfes San Juan Colorado.
       
       ## Inszenierte Verbundenheit mit indigenen Communities
       
       Wie damals gaben sich auch jetzt führende Politiker*innen der linken
       Morena-Partei empört. [2][Präsidentin Claudia Sheinbaum] kritisierte die
       Aneignung „intellektuellen kollektiven Eigentums“ und will prüfen, ob
       Adidas eine Entschädigung zahlen muss, Oaxacas Landeschef Salomon Jara
       sprach von einer Verletzung gemeinschaftlichen Eigentums und einem
       Rechtsbruch.
       
       Damit haben sie sicher nicht unrecht, zugleich erscheint die Empörung nicht
       besonders aufrichtig. Schließlich wissen diese Politiker*innen
       bestens, wie sich aus der inszenierten Verbundenheit mit indigenen
       Communities politisches Kapital gewinnen lässt. Wohl deshalb hat die
       Kommunale Versammlung von Yalálag den beiden zwar für ihren Einsatz
       gedankt, zugleich aber jeden Versuch kategorisch zurückgewiesen, ihre
       kollektiven Entscheidungen zu politisieren und zu verdrehen.
       
       Aber immerhin wurde in den letzten Jahren auf Morena-Initiative hin ein
       Gesetz zum Schutz des kulturellen Eigentums geschaffen, unter anderem geht
       es um Patentierungen. Angesichts des komplexen Themas „kulturelle
       Aneignung“ werden die Vorgaben nicht allen indigenen Produzent*innen
       gerecht. Manche kritisieren, dass ihre Identität verkauft werde und das
       Gesetz zur Merkantilisierung ihres traditionellen Lebensstils beitrage.
       
       Andere freuen sich, dass so ihr Kunsthandwerk international anerkannt
       werde, und fordern eine Beteiligung an der Vermarktung. Wie auch immer:
       Sollte das Gesetz dafür sorgen, dass ein Weltkonzern
       Entschädigungszahlungen an eine arme Gemeinde im mexikanischen Südosten
       leisten muss, wäre schon etwas gewonnen.
       
       19 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Wolf-Dieter Vogel
       
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