# taz.de -- Wieder im Kino: Bewusstes Lauschen
       
       > Das Sensory Ethnography Lab ist zu Gast im silent green, der talentierte
       > Mr. Ripley treibt Open Air sein Unwesen, anderswo beherrscht man das
       > Wetter.
       
 (IMG) Bild: Installation mit Filmausschnitten aus „De Humani Corporis Fabrica“ (2022) von Lucien Castaing-Taylor und Véréna Paravel
       
       Bekannt geworden sind Lucien Castaing-Taylor und Véréna Paravel mit ihrer
       experimentellen Dokumentation „Leviathan“ (2012), einem Film über das Meer
       und die industrielle Hochseefischerei, einem Nachspüren von den Elementen
       der Natur in Verbindung mit entsprechenden Arbeitsprozessen. Die beiden
       sind studierte Anthropologen, der Brite Castaing-Taylor leitet das
       [1][Sensory Ethnography Lab] an der Harvard-Universität, an der die
       Französin Paravel ihre Ausbildung erfuhr.
       
       Die Idee ihrer Filme liegt in der [2][Verbindung von anthropologischen und
       ethnografischen Inhalten mit audiovisuellen Medien]; neue Wege zu
       beschreiten, spielt dabei ebenso eine Rolle wie der „Respekt vor dem
       Publikum“, das sich in ihren kommentarlosen Filmen stets selbst orientieren
       muss. „Schlechte“ Anthropologen seien sie, kokettiert Castaing-Taylor und
       verweist darauf, dass Leute dieses Berufsstands normalerweise Bücher im
       Wissenschaftsjargon verfassen, „die niemand liest“.
       
       Das [3][silent green] präsentiert in seiner Betonhalle jetzt bis zum 24.
       August die Ausstellung „Breathing Matter(s)“ – Querschnitt, Retrospektive
       und Gegenwart des Schaffens von Castaing-Taylor und Paravel in Form von mit
       ihren Filmen assoziierten Installationen. Für die digitalen
       Transparenzdrucke „Spirit Stills“ (2013) haben die beiden Standbilder aus
       „Leviathan“ ausgewählt, in denen sie eine übernatürliche Präsenz zu
       erspüren meinten – man muss dieser Idee ja nicht unbedingt folgen, es wirkt
       trotzdem gut im ehemaligen Krematorium der Betonhalle.
       
       „Hell Roaring Creek“ (2010) verweist mit einer 20-minütigen Sequenz, in der
       eine Schafherde einen Bach überquert, auf „Sweetgrass“, einen Film über
       mittlerweile eingestellte Schaftrecks in Montana, den Castaing-Taylor 2009
       mit Ilisa Barbash realisierte. Der größte Raum der Ausstellung enthält
       sieben Leinwände, die Ausschnitte aus „De Humani Corporis Fabrica“ (2022)
       zeigen, auf je drei gegenüberliegenden sieht man – direkt, blutig und mit
       endoskopischen Kameras gefilmt entsprechend invasiv – Operationen an
       menschlichen Körpern, während die zentrale Leinwand das Geschehen mit
       Krankenhauspersonal bei einer Party kommentiert.
       
       Begleitet wird die Ausstellung mit einem umfangreichen Programm aus Filmen
       (aus dem Umfeld des Sensory Ethnography Lab) und Gesprächen; am Samstag ist
       Véréna Paravel mit einer [4][„Listening Session“] zu Gast in der
       Kuppelhalle, in der sie unter anderem Klangmaterialien ihrer aktuellen
       Arbeit vorstellt („Breathing Matter(s)“, Ausstellung bis 24.8. Betonhalle
       im silent green).
       
       Einen der besten französischen Krimis der 1950er Jahre schuf René Clément
       mit „Plein soleil“, seiner Verfilmung von Patricia Highsmiths Roman „The
       Talented Mr. Ripley“, in dem Alain Delon in der Hauptrolle des vollkommen
       amoralischen Tom Ripley eine tatsächlich sehr attraktive negative Energie
       auf der Leinwand bringt. Ripley ermordet einen reichen Bekannten, übernimmt
       seine Identität und sein Leben – und scheint mit seinen Schurkereien immer
       wieder durchzukommen. Im Roman klappt das übrigens, der Film wählt eine
       überraschende Schlusspointe. Zu sehen im [5][Filmrauschpalast] als
       Open-Air-Vorstellung im Hinterhof (26.7., 21.30 Uhr, Filmrauschpalast).
       
       Immer wieder sehenswert: Der Film „Weathering with You“ (2019) des
       japanischen Anime-Regisseurs Makoto Shinkai mit seiner kunstvollen
       Verknüpfung von realistischem Alltag und Fantasy-Elementen in einem
       komplexen Paralleluniversum. Zu sehen gibt es die Geschichte um ein
       „Sonnenschein-Mädchen“, das in der Lage ist, das Wetter zu beeinflussen, in
       der achten Ausgabe des [6][Festivals Anime Berlin] (26.7., 17.45 Uhr,
       Babylon Mitte).
       
       25 Jul 2025
       
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 (DIR) [3] https://www.silent-green.net/programm/detail/2025/7/18/breathing-matters
 (DIR) [4] https://www.silent-green.net/programm/detail/2025/7/26/breathing-matters-listening-sessions-mit-verena-paravel-ernst-karel
 (DIR) [5] https://www.filmrausch.de/
 (DIR) [6] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/anime-berlin
       
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 (DIR) Lars Penning
       
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