# taz.de -- Direktverbindung nach London: Die Bahn ist reif für die Insel
       
       > Deutschland und Großbritannien vereinbaren eine Zugverbindung nach
       > London. Das Experiment gab es schon einmal – und diesmal soll es klappen.
       
 (IMG) Bild: Immer eine Bahnreise wert und viel zentraler als die meisten Londoner Flughäfen: der Bahnhof Kings Cross
       
       Berlin taz | Der weite Blick über die Landungsbrücken und den Hamburger
       Hafen beeindruckten die britische Verkehrsministerin Heidi Alexander und
       ihren deutschen Amtskollegen Patrick Schnieder sichtlich. Aber auch die
       beiden Politiker selbst verbreiteten gute Aussichten: Ihre Länder sollen
       besser miteinander verbunden werden. In einer Absichtserklärung hielten
       Schnieder und Alexander fest, dass sie eine Bahn-Direktverbindung von
       Deutschland nach London einrichten wollen. „Eine durchgehende Verbindung
       würde das Reisen enorm erleichtern und die Attraktivität der Zugreise
       deutlich erhöhen“, sagte Schnieder. Alexander hofft dadurch auch auf eine
       engere wirtschaftliche Bindung beider Länder.
       
       Konkret haben die Regierungen bereits eine gemeinsame Taskforce ins Leben
       gerufen. Diese soll die mannigfaltigen regulatorischen Hindernisse aus dem
       Weg räumen, etwa bei Fragen der Sicherheit und [1][bei den
       Grenzkontrollen]. Bis der erste Linienzug in London einfährt, wird es
       jedoch noch dauern. Anfang der 30er Jahre soll es losgehen.
       
       Die Deutsche Bahn hat sich mit [2][dem zur französischen SNCF gehörenden
       Unternehmen Eurostar] zusammengetan. Bis zu 50 neue Züge will Eurostar nach
       eigenen Angaben bestellen und damit den internationalen Zugverkehr
       ausbauen. Für Reisende könnte eine Direktverbindung zur Alternative zum
       Flug auf die Insel werden: Die Fahrzeit zwischen Köln oder Frankfurt am
       Main in die britische Hauptstadt würde auf fünf Stunden sinken. Heute
       dauert sie im besten Fall anderthalb Stunden länger und ist mit einem
       Umstieg in Brüssel verbunden. Im schlechtesten Fall müssen Passagiere vier
       Mal umsteigen und mehr als acht Stunden im Zug sitzen. „Wir sind vom großen
       Potenzial einer Direktverbindung überzeugt“, sagte ein Bahn-Sprecher.
       
       Es ist schon der zweite Versuch, eine Verbindung einzurichten, mit der
       Reisende aus Deutschland ohne Umsteigen in der englischen Hauptstadt
       ankommen. 2010 fuhr der erste ICE am Londoner Bahnhof Kings Cross ein. Doch
       der damals angekündigte Linienverkehr wurde nie aufgenommen.
       
       ## Länderüberschreitende Angebote
       
       Tatsächlich nutzen immer mehr Reisende den Zug für Auslandsfahrten. Bestes
       Beispiel dafür ist die erst vor [3][einem halben Jahr aufgenommene
       Verbindung zwischen Berlin und Paris]. Der täglich verkehrende ICE ist
       immer nahezu ausgebucht. „Die durchschnittliche Auslastung liegt bei über
       90 Prozent“, so der Sprecher. Die meisten Fahrgäste fahren bis zur
       Endstation.
       
       Doch von einem paneuropäischen Bahnnetz kann längst nicht die Rede sein.
       Zwar hat die EU-Kommission [4][Korridore für den grenzüberschreitenden
       Verkehr definiert] und erwartet bis zum Ende des Jahrzehnts eine
       Verdoppelung der Reisendenzahlen. In der Praxis stoßen Bahnen und Kunden
       aber immer wieder auf Schwierigkeiten.
       
       Auch für die Linie von Deutschland nach London müssen noch Hürden
       überwunden werden. Beim ersten Versuch waren zum Beispiel die Auflagen für
       die Fahrt durch den Kanaltunnel noch beträchtlich. Die Züge mussten dafür
       wenigstens 400 Meter lang sein. Mit Komparsen musste die Bahn damals die
       Rettung von Fahrgästen bei einem Unfall im Tunnel simulieren.
       
       ## Genauere Grenzkontrollen
       
       Heute ist die Herausforderung eine andere: Da Großbritannien nicht mehr in
       der EU ist, werden die Passagiere bei der Einreise ganz anders gecheckt.
       Die Kontrolle der Pässe [5][und der kostenpflichtigen elektronischen
       Reisegenehmigungen] finden am Startbahnhof auf dem Kontinent statt. Dafür
       wird ein eigenes Terminal benötigt. An den favorisierten deutschen
       Bahnhöfen gibt es so eine Abfertigungshalle jedoch nicht.
       
       Auch für die Bahnkunden selbst sind Fahrten ins Ausland keineswegs
       problemlos. Das erfahren in diesen Tagen auch junge Leute mit einem
       Interrailpass. Zwar können sie damit durch ganz Europa reisen. Doch [6][für
       manche Züge ist eine Reservierung notwendig]. Der Sitzplatz lässt sich
       nicht überall problemlos online buchen. Überhaupt ist es bisher oft gar
       nicht möglich, ein durchgehendes Ticket für längere Fahrten ins Ausland zu
       erwerben. Mitunter ist nur der Kauf von Tickets bei verschiedenen
       Bahngesellschaften für einzelne Streckenabschnitte möglich.
       
       Doch hier ist die Deutsche Bahn zu einem Vorreiter geworden. „Bis Ende 2026
       werden wir Tickets aller großen Bahnen unserer Nachbarländer direkt über
       bahn.de und den DB Navigator verkaufen können“, kündigt der Sprecher an.
       Dafür wird ein neuer technischer Standard geschaffen, der sogenannte Open
       Sales and Distribution Mode. Dieser ermöglicht den Datenaustausch zwischen
       verschiedenen Betreibergesellschaften.
       
       Ein erster großer Fortschritt wird laut Bahn noch in diesem Jahr
       realisiert. [7][85 Prozent der internationalen Buchungen lassen sich
       bereits bei der DB buchen]. „Reisende erhalten in diesem Fall eine einzige
       Fahrkarte mit durchgängigen Fahrgastrechten, zum Beispiel von Kopenhagen
       nach Verona oder von Brüssel nach Wien“, erklärt der Sprecher. Bis zum
       Jahresende will die Deutsche Bahn die noch bestehende Lücke bei den
       Buchungsanfragen schließen. Ein durchgängiges Ticket hat neben der leichten
       Buchung vor allem den Vorteil, dass die Entschädigung von Kunden im Falle
       von Verspätungen oder Zugausfällen klar geregelt ist. Kauft ein Fahrgast
       mehrere Fahrscheine bei unterschiedlichen Bahnen, geht er womöglich leer
       aus.
       
       Die Bahn hat sich den weiteren Ausbau der internationalen Verkehre fest
       vorgenommen. Ende 2026 wird zwischen München und Rom ein Linienverkehr
       aufgenommen. Geplant ist auch eine Verbindung von Prag über Berlin nach
       Kopenhagen, die nach dem Ende der Sanierungsarbeiten zwischen Hamburg und
       Berlin im kommenden Mai eingerichtet wird.
       
       13 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Neu-ab-dem-2-April/!6079743
 (DIR) [2] /Deutsche-Bahn-spricht-mit-Eurostar/!6093451
 (DIR) [3] /Neue-ICE-Strecke-Berlin-Paris/!6054109
 (DIR) [4] https://www.bmv.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/transeuropaeische-verkehrsnetze-korridormanagement.html
 (DIR) [5] /Neu-ab-dem-2-April/!6079743
 (DIR) [6] /50-Jahre-Interrail/!5866170
 (DIR) [7] /Aenderung-bei-der-Deutschen-Bahn/!6090700
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolfgang Mulke
       
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