# taz.de -- Vor Wahlen in Elfenbeinküste: Westafrikas neuer alter Krisenherd
       
       > Präsident Ouattara will sich in der Elfenbeinküste zu einer vierten
       > Amtszeit wiederwählen lassen. Seine wichtigsten Gegner dürfen nicht
       > antreten.
       
 (IMG) Bild: Auf der Großkundgebung der Opposition um Tidjan Thiam und Laurent Gbagbo gegen ihren Ausschluss aus den Wahlen, 9. August
       
       Berlin taz | In der Elfenbeinküste ist die politische Ruhe seit dem Ende
       des Bürgerkrieges 2011 endgültig vorbei. Im Vorlauf der Wahlen im kommenden
       Oktober tauchen neue politische Spannungen auf, die an die früheren
       Bürgerkriege erinnern.
       
       Seit der 85-jährige Präsident Alassane Ouattara, seit 2011 im Amt, am 29.
       Juli seine Kandidatur zur Wiederwahl am 25. Oktober verkündete, kommt die
       Elfenbeinküste nicht zur Ruhe. Denn alle Gegner von politischem Gewicht
       sind von den Wahlen ausgeschlossen.
       
       Der aussichtsreichste ist der ehemalige Bankier [1][Tidjane Thiam], der für
       die historische Staatspartei und jetzt größte Oppositionspartei [2][PDCI
       (Demokratische Partei der Elfenbeinküste)] ins Rennen gehen wollte, dem
       aber seine frühere französische Doppelstaatsbürgerschaft zum Verhängnis
       wurde.
       
       Der politisch wichtigste ist der ehemalige Präsident [3][Laurent Gbagbo],
       Ouattaras Amtsvorgänger von 2000 bis 2010, der 2010 seine Wahlniederlage
       gegen Ouattara nicht anerkannte und damit vier Monate Bürgerkrieg mit
       mehreren Tausend Toten provozierte, die erst mit seiner Festnahme durch von
       Frankreich unterstützte Rebellen und seine Auslieferung an den
       Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag endeten, wo er seinen Prozess
       allerdings [4][gewann]. Er ist mittlerweile [5][wieder in der Heimat] und
       hat eine neue Partei gegründet, die [6][PPA-CI (Partei der afrikanischen
       Völker – Elfenbeinküste)].
       
       ## Kandidatur „nach reiflicher Überlegung“
       
       Alle beide sowie mehrere andere Politiker wurden von der Justiz von den
       Wahlen ausgeschlossen. Sie hielten still, solange die Chance bestand, dass
       auch Ouattara auf eine erneute Kandidatur verzichten könnte. Aber vor gut
       zwei Wochen nahm der Präsident die im Juni erfolgte Nominierung durch seine
       Partei an. Er treffe diese Entscheidung „nach reiflicher Überlegung“, so
       der 85-Jährige und verkündete, seine vierte Amtszeit werde „diejenige des
       Übergangs an eine neue Generation“.
       
       Das hatte Ouattara allerdings schon 2020 vor seiner dritten Amtszeit
       gesagt, und [7][die nachfolgenden Wahlen] führten zu Unruhen mit 84 Toten.
       Aus dem einstigen Reformer, der todesmutig Gbagbos Gewaltherrschaft
       bekämpft hatte, ist nun in den Augen vieler Ivorer ein träger Altpolitiker
       geworden.
       
       Eigentlich gibt die ivorische Verfassung dem Präsidenten nur zwei gewählte
       Amtszeiten, aber weil 2016 eine neue Verfassung in Kraft trat, wurden ab
       der Wahl 2020 erneut zwei Amtszeiten für Ouattara möglich – findet
       jedenfalls die ivorische Justiz.
       
       Da Kritik an Gerichtsurteilen in der Elfenbeinküste strafbar ist – ein Erbe
       der Aufarbeitung des Bürgerkrieges – leben Kritiker von Ouattaras
       Amtsverbleib gefährlich. Mehrere hochrangige Aktivisten der PDCI und der
       PPA-CI wurden in den vergangenen Wochen festgenommen.
       
       ## Terroranklage gegen Exminister
       
       Am Montag wurde Gbagbos früherer Verteidigungsminister [8][Lida Kouassi,
       ein Scharfmacher aus Bürgerkriegszeiten], zusammen mit zehn weiteren
       Personen wegen terroristischer Handlungen, Verschwörung gegen die
       Staatsmacht sowie Teilnahme an einem Aufstand angeklagt.
       
       Sie werden für Unruhen verantwortlich gemacht, die in der Nacht zum 2.
       August in der größten ivorischen Stadt Abidjan das Stadtviertel Yopougon
       erschütterten, eine Gbagbo-Hochburg. Vermummte Jugendliche mit Macheten und
       Knüppeln hätten einen Bus angezündet und einen Polizeiwagen samt
       Fahrzeuginsassen angegriffen, so die Staatsanwaltschaft.
       
       Die Anklagen erfolgten zwei Tage nach einer Großdemonstration der
       Opposition in Abidjan am vergangenen Samstag gegen eine vierte Amtszeit
       Ouattaras. Die Organisatoren sprachen von zwei Millionen Teilnehmern, die
       Behörden von 50.000, was auch schon ein Rekord seit Ende des Bürgerkrieges
       wäre.
       
       Nach Hoffnung mancher Oppositioneller ist das erst der Anfang: Am kommenden
       Freitag will sich Gbagbo in einer Rede an die Nation wenden.
       
       13 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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