# taz.de -- Südkaukasus-Konflikt: Armenien strebt Frieden an
       
       > Trotz Gefängnis, Kriegsniederlagen und nationalistischer Angriffe hält
       > Armeniens Premier Paschinjan an seinem Ziel fest: Frieden mit
       > Aserbaidschan und Türkei.
       
 (IMG) Bild: Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan nimmt an einer trilateralen Unterzeichnungszeremonie mit Präsident Trump
       
       Der [1][armenische Premierminister Nikol Paschinjan] ist hart im Nehmen. Er
       saß im Knast, Anschläge auf ihn scheiterten, zuletzt hat auch noch die
       armenisch-orthodoxe Kirche zu seinem Sturz aufgerufen. Warum das alles?
       Paschinjan will Frieden mit Aserbaidschan und der Türkei. Nicht, weil er
       den beiden Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und Ilham Alijew besonders
       vertraut, sondern weil er zutiefst davon überzeugt ist, dass das Überleben
       der kleinen Republik Armenien davon abhängt, mit den beiden Nachbarländern
       Frieden zu schließen. Der erste Präsident Armeniens, Lewon Ter-Petrosjan,
       wollt schon zu Beginn der 90er Jahre einen pragmatischen Umgang mit der
       Türkei, obwohl diese nicht dazu bereit war, den Völkermord von 1915
       anzuerkennen.
       
       Eine massive Kampagne von Nationalisten, unterstützt von der armenischen
       Diaspora, verhinderte, dass Petrosjan seine Politik umsetzen konnte. 1998
       wurde er gestürzt. Schon damals unterstützte Nikol Paschinjan die Politik
       von Ter-Petrosjan. Doch nach Ter-Petrosjan kamen die Nationalisten von
       Bergkarabach mit ihren Anführern Robert Kotscharjan und Sersch Sargsjan an
       die Macht. Sie verhinderten sowohl einen Kompromiss mit Aserbaidschan wie
       auch eine Annäherung an die Türkei. Paschinjan kämpfte als Journalist und
       Oppositionspolitiker jahrelang gegen diese Politik.
       
       Er führte Protestkampagnen gegen Kotscharjan und Sargsjan an, ließ sich
       verprügeln, tauchte monatelang unter und stellte sich später freiwillig
       seinen Anklägern. Er wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt, kam aber
       frühzeitig im Zuge einer Generalamnestie wieder frei. Während die
       [2][Bergkarabach]-Fraktion auf Russland als Garantiemacht setzte, suchte
       Paschinjan frühzeitig Kontakte im Westen. Nach der sogenannten Samtenen
       Revolution im Mai 2018 wurde er zum Premierminister gewählt.
       
       ## Friedensvertrag mit Aserbaidschan und der Türkei
       
       Doch statt sein Reformprogramm umsetzen zu können, musste er sich schon
       bald mit den Problemen auseinandersetzen, die die Nationalisten verursacht
       hatten. 2020 kam es erneut zum Krieg mit Aserbaidschan, bei dem die Aseris
       sich als militärisch deutlich überlegen zeigten. Paschinjan musste einen
       Waffenstillstand unterschreiben, der den Rückzug der armenischen Armee aus
       Bergkarabach vorsah. Russische Friedenstruppen rückten stattdessen dort
       ein. Als Putin 2022 die Ukraine angriff, nutzte Aserbaidschan seine Chance
       und provozierte einen erneuten Waffengang, den die Russen nicht mehr
       verhinderten und der erneut zu massiven Gebietsverlusten Armeniens führte.
       Wieder musste Paschinjan die Schuld dafür auf sich nehmen.
       
       [3][Als dann 2023 die endgültige Niederlage in Bergkarabach kam], war es
       wiederum Paschinjan, der den Waffenstillstand unterschreiben musste. Statt
       für ihre verfehlte Politik einzustehen, entfachten die „Großarmenier“ ein
       Kesseltreiben auf Paschinjan, um ihn zu stürzen. Doch der gewann erneut
       vorgezogene Wahlen. Seitdem verhandelt Paschinjan einen Friedensvertrag mit
       Aserbaidschan und indirekt auch mit der Türkei. Es gelang ihm, statt der
       Russen, die jahrzehntelang den Konflikt für ihre Interessen
       instrumentalisiert hatten, die USA als Vermittler zu gewinnen.
       
       Er schmeichelte Trump, aber die Amerikaner waren auch hocherfreut, in
       Russlands Hinterhof die Oberhoheit zu gewinnen. Obwohl die Nationalisten
       ihn immer noch stürzen wollen, kann Paschinjan nach dem Erfolg in
       Washington am Wochenende erst mal seit 2023 wieder etwas aufatmen. Es ist
       zu hoffen, dass er trotz aller Widerstände den Friedensvertrag endgültig
       durchsetzen kann.
       
       10 Aug 2025
       
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